In seiner Rede zu TOP 32 (Ein baulastträgerübergreifendes Radwegeprogramm auf Basis des landesweiten Radverkehrsnetz entwickeln) erklärt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Wir müssen ein bisschen über das parlamentarische Verfahren reden. Ehrlich gesagt, am 9. Februar kommt dieser Antrag von CDU und Grünen und man reibt sich die Augen, denn wie soll auf der Basis des landesweiten Radverkehrsnetzes etwas erarbeitet werden, das noch gar nicht vorliegt. Und deshalb guckt man auf den Antrag und sagt, wie wollen wir denn beschließen, dass auf der Basis von etwas, was gar nicht vorliegt, etwas stattfinden soll. Das ändert sich kurz während der Plenardebatte am Mittwoch, als das Parlament darüber unterrichtet wird, dass das Kabinett am Dienstag ein Konzept zur Fortschreibung des landesweiten Radverkehrsnetzes beschlossen hat. Darin heißt es, unter Ziffer 6.3 in dem Konzept: ‚Das Ergebnis der Netzentwicklung ist das landesweite Radverkehrsnetz, wie es im anhängenden Kartenwerk dargestellt ist. Dieses Netz wird auch in digitaler Form als Geodaten übergeben.‘ Leider liegt es der Parlamentsunterlage aber nicht bei. Das heißt, das Parlament wird darüber nicht unterrichtet.
Dann entnehmen wir heute Morgen um 8 Uhr dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag, dass es nicht nur einen Beschluss des Kabinetts gegeben hat am Dienstag zu diesem Konzept und zu dem landesweiten Radverkehrsplan, sondern dass es auch ein Radwege-Maßnahmen-Konzept mit 86 Projekten gibt. Und dazu haben sich auch die Kollegen Waldeck und Jebsen aus den Koalitionsfraktionen bereits geäußert, obwohl dieses Konzept dem Parlament gar nicht vorliegt. Ehrlicherweise haut es dem Fass den Boden aus, wenn dann um 10.28 Uhr ein Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums verkündet, dass das, was Sie beantragt haben, und am Dienstag bereits vom Kabinett beschlossen worden ist, wir herzlich dazu eingeladen sind, jetzt die Geodaten einzusehen, die zum landesweiten Radverkehrsnetz gehören.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie wollten das Parlament bewusst düpieren, dann ist es eine Sache für den Ältestenrat oder aber zweite Möglichkeit: Der Fachkräftemangel ist im Landeskabinett ausgebrochen. Ich befürchte an dieser Stelle, aber das führe ich besser nicht weiter aus.
Lassen Sie mich deshalb in der Sache nur zwei Anmerkungen dazu machen. Die Fortschreibung des landesweiten Radverkehrsnetzes ist wichtig, aber sie ist vor allem deshalb wichtig, weil es nicht nur darum geht, Radwege entlang der Landesstraßen und den Bundesstraßen, die wir haben, zu dokumentieren und einzutragen. Sondern es muss ja darum gehen zu wissen, in welchem Zustand befinden sich diese Radwege eigentlich. Ich dachte, die Grundlage für das landesweite Radverkehrsnetz wäre vor allem eine Zustandserfassung gewesen. Denn eins ist doch auch richtig: Im Konzeptbericht heißt es auf Seite 14: An den Bundesstraßen der Netzkategorie 1 befinden sich Radverkehrsanlagen an 95 Prozent aller Straßen, bei der Netzebene 2 sind es 90 Prozent aller Straßen. Bei den Landesstraßen sind es 83 Prozent und 71 Prozent.
Unser Problem besteht also gar nicht an den Landesstraßen. Aber an den Gemeindestraßen und Wirtschaftswegen der Netzebenen 1 und 2, ein Netz, das insgesamt 1497 Kilometer lang ist, gibt es Radverkehrsanlagen genau an 22 Kilometern. Das sind ein Prozent der entsprechenden Straßen. Ein Prozent!
Das ist unser Problem. Wenn wir die kurzen Wege im Lande tatsächlich hinbekommen wollen, dass da aufs Rad umgestiegen wird, wenn die Schulwege gemacht werden müssen, dann müssen wir doch auf diese Straßen genau gucken, die diese kurzen Wege ausmachen. Deshalb wäre es im Kern wichtig gewesen, bei den Landes- und Bundesstraßen, da wo wir die gut erhaltenen Radverkehrsnetze haben, zu sagen, in welchem Zustand sind die eigentlich, wo müssen wir hier noch was machen. Wenn wir wirklich einen Modal Split von 30 Prozent aufs Rad erreichen würden, dann sind es die Wege zur Schule, die Wege zum Arbeitsplatz und die sind in der Regel an Gemeinde- und Kreisstraßen unterwegs. Und deshalb hätte hier zu diesem landesweiten Radverkehrsnetz gehört, dass man sagt, wie man denn die Kommunen da befähigen will, diese Straßen tatsächlich auszubauen. Dazu steht in dem ganzen Bericht kein Wort. Und deshalb werden wir da auch nicht richtig vorankommen im Modal Split, wenn das so bleibt.
Ich glaube, wir sollten das Ganze in den Ausschuss überweisen. In der Sache gibt es viel zu sagen. In der Form, das will ich noch mal zum Abschluss sagen, finde ich das Verfahren absolut unmöglich. Aber es ist nicht das erste Mal. Und deshalb ist meine freitagnachmittagliche Aufregung auch einigermaßen gering. Es gibt im landesweiten Radverkehrsthema viel zu tun. Und ich sage mal eins. Wenn Sie, was die Landesstraßen angeht, auch nur annähernd dasselbe Engagement zu Tage fördern würden wie hier, dann hätten wir noch viel mehr Infrastrukturausbau in Schleswig-Holstein.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.