Soziales/Heimerziehung

Anita Klahn: Auch die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses müssen einbezogen werden

„Auch ich spreche im Namen meiner Fraktion den grundsätzlichen Dank an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches zur Heimerziehung aus. Ich hoffe, dass die Ergebnisse nicht nur im Sozialausschuss beraten werden, sondern vor allem im Ministerium, dem Landesjugendamt und der Heimaufsicht als Grundlage für die weitere Arbeit dienen – wobei die Ergebnisse des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zwingend einzubeziehen sind.

 

Ich finde es bedrückend, dass wir als politisch Verantwortliche erst durch die mediale Berichterstattung und somit nicht mehr verschweigbaren Vorkommnissen erfahren haben,  welche  Probleme in einzelnen Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe bestehen und einer hilflosen, nicht handelnden Ministerialverwaltung.

 

Noch erschreckender ist für mich, dass es dem Ministerium seit der Novellierung des Bundeskinderschutzgesetzes in 2012 nicht möglich war, die Landesverordnung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (KJVO) fertigzustellen.

 

Ein im Mai 2014 vorgelegter Entwurf wurde von den Trägern der Heimerziehung heftig kritisiert, im Oktober 2015 gab es einen zweiten Entwurf. In den Sitzungen des Landesjugendhilfeausschusses wird immer wieder nach dem Stand der  Novellierung der KJVO gefragt und  vor allem wird immer wieder die Einbindung der Fachleute angemahnt. Es passierte nichts.

 

Im Ergebnis wurden immer wieder neue Termine genannt. Und erst durch den Druck des LJHA wurde in 2016 der dritte Entwurf  der KJVO den Trägern zur Kenntnis gegeben. Zu Recht wurde dieses von den Teilnehmern des Runden Tisches erneut kritisiert und eingefordert.

 

Sie rühmen sich bei  jeder Gelegenheit, dass sie die Einzigen seien, die den Dialog mit den Betroffenen führen. Wo war denn hier ihre Dialogbereitschaft? Wäre es nicht sogar die Aufgabe des Ministeriums gewesen, den Runden Tisch zur Heimerziehung selbst einzuberufen, spätestens im Jahre 2015, als deutlich wurde, dass die Experten aus der Kinder- und Jugendhilfe eine gänzlich andere Auffassung als das Ministerium vertraten? Wäre es nicht aus Verantwortung gegenüber den Heimkindern angebracht gewesen?

 

Die Ministerin erklärt, dass ihr das Wohl der Heimkinder eine Herzensangelegenheit sei. Nur zur Erinnerung: Sie ist seit 2012 im Amt, und erst im Jahre 2016 beginnt sie unter dem Druck der Öffentlichkeit  und eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sich um die Situation der Heimkinder zu kümmern. Sie dürfen selbst entscheiden, für wie glaubhaft Sie das halten.

 

Der von den Koalitionären vorgelegte Antrag ist für mich ein missglückter  Versuch zur Schadensbegrenzung. Wir sind uns ja einig in dem Ziel, dass die Kinder und Jugendlichen ‚Sicherheit, angemessene Hilfen und Unterstützung für ein körperlich und psychisch unversehrtes Aufwachsen‘ benötigen.

 

Aber wenn sie dazu ‚alle Systeme überprüfen und weiterentwickeln‘ wollen, dann misstrauen sie in Wahrheit auch ihrer Ministerin. Für wie beratungsresistent oder vielleicht auch desinteressiert müssen die regierungstragenden Fraktionen die verantwortliche Ministerin halten, wenn sie ihr per Beschluss auftragen wollen, ‚Qualitätsdialoge mit allen Verantwortungsträgern‘ zu führen. Wenn wir das als Opposition gefordert hätten, bekämen sie doch vor Entrüstung kollektive Ohnmachtsanfälle.

 

Auch die von den regierungstragenden Fraktionen weiteren geforderten Handlungsfelder desavouieren ihre Ministerin mehr, als dass sie sie unterstützen.

 

Die Idee zur übergreifenden Zusammenarbeit in der Jugendhilfe wurde bereits im Kinderschutzgesetz 2008 formuliert. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat mehr als deutlich den Handlungsbedarf, der sich aus der Schnittstellenproblematik ergibt, zutage gebracht. Beteiligungsrechte sind seit 2012 sicherzustellen.

 

Jugendliche mit besonderem Hilfebedarf haben einen Anspruch auch auf psychiatrische Begleitung. Dazu hätten Vereinbarungen getroffen werden können. Unverständlich ist auch, dass der Antrag bei den Reformvorschlägen zu den Paragraphen 45ff. SGB VIII hinter dem zurück bleibt, was die Jugend- und Familienministerkonferenz schon lange konkret vorgelegt hat.

 

Der Antrag sollte in den Sozialausschuss verwiesen werden. Denn der Antrag muss dringend nachgebessert werden und sollte vor allem auch die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses mit einbeziehen, alles andere wäre Quatsch.“