Soziales/Betreuungsgeld

Anita Klahn: Die Mittel sollten in die Verbesserung der Qualität der Betreuung investiert werden

„Es ist nicht die erste Debatte zum Betreuungsgeld und möglicherweise auch nicht die letzte. Dabei wird vieles vermengt. Deswegen lassen sie mich am Beginn noch einmal die Fakten klarstellen.

 

Ich zitiere deshalb aus dem Gesetzentwurf von CDU und SPD aus dem Jahr 2008, Bundestagsdrucksache 16/9299. Dort heißt es in Artikel 1 Nummer 2: ‚Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden.‘

 

Also,  SPD und CDU haben das Betreuungsgeld eingeführt, allerdings ohne diese verfehlte Leistung finanziell zu unterfüttern. Diese undankbare, aber leider gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe wurde der nächsten Regierung überlassen. Aber schwierige Entscheidungen einfach der nächsten Regierung aufzubürden, ist ja auch der übliche Politikstil dieser Landesregierung.

 

Wir sind der Freien und Hansestadt Hamburg jedenfalls dankbar, dass sie erfolgreich Klage gegen das Betreuungsgeld geführt hat. Bedauerlich ist eigentlich nur, dass wieder ein Gericht, der Politik diese Vorgabe machen musste.

 

Die ablehnende Position der FDP zum Betreuungsgeld ist hinlänglich bekannt. Anstatt eine Milliarde oder nur 900 Mio. Euro, ohne Wirkung einfach verpuffen zu lassen, sollten diese Mittel lieber in die Verbesserung der Qualität der Kinderbetreuung investiert werden.

 

Dazu gehört der Ausbau des flexiblen Bereichs der Tagesmütter und Tagesväter, die Qualifizierung von Tagespflegepersonen sowie Kindertagesstättenpersonal; und vor allem die Verbesserung des Personalschlüssels in Krippe und Kita.

 

Mit einer gewissen Verwunderung habe ich den jetzt vorliegenden Antrag der Koalition aufgenommen. Nicht weil wir ihn für inhaltlich falsch halten, die Länderhoheit über die Verwendung der Mittel zu schaffen, ist ja richtig, sondern weil wir im Januar letzten Jahres einen Antrag mit genau dieser Zielsetzung gestellt hatten und der Antrag damals von der Koalition abgelehnt wurde.

 

Ich zitiere die Abg. Trauernicht vom 19. Februar 2014 : ‚Wir werden diesem Antrag‘ – also dem damaligen FDP-Antrag – ‚jedenfalls nicht zustimmen, weil wir nicht die Länderhoheit schaffen wollen, sondern nach wie vor das Betreuungsgeld abschaffen.‘

 

Ich verbuche es jetzt mal als Lernfortschritt, dass die gesamte Regierungskoalition – die Grünen, das will ich durchaus hervorheben, teilten diese Einschätzung ja schon vorher – es nun endlich eingesehen haben.

 

Noch kurioser wird es, wenn man dem Antrag von Union und Piraten dazu nimmt. Wir haben also einen SPD- und einen CDU-Antrag. Beide wollen den Ländern die Mittel des Betreuungsgeldes zur Verfügung stellen.

 

Wer regiert eigentlich in Berlin? Das ist doch die Große Koalition! Wenn diese beiden Anträge eine Sache dokumentieren, dann doch die völlige Einflusslosigkeit der CDU Schleswig-Holstein mir ihrem neuen Spitzenkandidaten und der SPD Schleswig-Holstein mit ihrem sechsten stellvertretenden Bundesvorsitzenden in Berlin.

 

Und welche Position hat eigentlich Bundesfamilienministerin Schwesig? Vollmundige Ankündigungen und dann kommt nichts. Auf jeden Fall scheint sie so schwach zu sein, dass sie nichts für Kinder in der Großen Koalition durchsetzen kann.

 

Auch muss man sich die Frage stellen, was aus dem Landtagsbeschluss von Anfang letzten Jahres geworden ist, den die Koalitionsfraktionen mit ihrer Mehrheit beschlossen haben. Welche erfolgreichen Initiativen hat Ministerin Alheit auf Bundesebene vorzuweisen, um die Qualität der Infrastruktur frühkindlicher Bildung zu verbessern? Und was macht das stimmige familienpolitische Gesamtkonzept, welches entwickelt werden sollte? Auch alles nur heiße Luft.

 

Junge Familien brauchen die Sicherheit für ein qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot, welches flexibel nach den persönlichen Bedarfen der Eltern ausgestaltet ist. Dazu gehört auch die Tagespflege, die in der Debatte immer etwas herunterfällt oder zumindest stiefmütterlich behandelt wird, obwohl sie gerade für viele Eltern für die notwendige Flexibilität sorgt und somit die Wahlfreiheit überhaupt erst ermöglicht. Wir haben deswegen einen entsprechenden Schwerpunkt in unserem Antrag gelegt und bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Ich sage, zeigen sie Mut und bekennen sich zu ihren eigenen Ansprüchen – im Sinne der Kinder und Eltern.“