„Wenn man die bildungspolitische Denke der Regierungskoalition verstehen will, dann muss man sich nur den ersten Satz des sogenannten Berichts zur schulischen Qualitätsentwicklung in Schleswig-Holstein zu Gemüte führen.
Dort heißt es: ‚Nach dem Beschluss des Schulgesetzes 2014 mit der Verankerung von zwei weiterführenden Schularten in Schleswig-Holstein werden die bildungspolitischen […] Fachdiskussionen stärker von Fragen der Qualität des Bildungssystems […] bestimmt‘.
Das heißt also, jetzt wo SPD und Grüne den Weg für das Einheitsschulsystem nach ihren ideologischen Vorstellungen bereitet haben, kümmern wir uns auch einmal um die Qualität im Schulsystem.
Über Jahrzehnte hat Rot-Grün-Blau ein erfolgreiches und qualitativ hochwertiges differenziertes Bildungssystem bekämpft. Haupt- und Realschulen wurden zerschlagen. Mit der Abschaffung der Schulübergangsempfehlung und weiteren Maßnahmen werden die Gymnasien von innen ausgehöhlt. Die Lehrerbildung wurde auf Einheitslehrer getrimmt. Die Qualität der Bildung war bei all dem egal, Hauptsache die Systemumstellung erfolgt.
Der ganze Bericht ist eine Aufzählung quer durch den schulpolitischen Garten. Aber welche qualitativen Ziele die Landesregierung definiert und mit welchen Maßnahmen sie deren Umsetzung plant, ist nicht erkennbar. Auch stellt sich schon die Frage, was Ministerin Ernst überhaupt unter Qualität versteht?
Heißt Qualität für Sie, Bildungsstandards bei Abschlussprüfungen abzusenken, wie Sie es zuletzt im Bereich der Rechtschreibung beim Abitur getan haben?
Oder versteht die Ministerin unter Qualität, den Schulen immer neue Aufgaben im Bereich Inklusion sowie Integration von Flüchtlingen aufzulasten, ohne ihnen entsprechende Mittel bereitzustellen?
Glaubt die Ministerin, dass die Qualität steigt, wenn sie den Leistungsgedanken immer weiter aus den Schulen verbannt, wie sie es mit der Abschaffung von Noten bewiesen hat?
Oder hält die Ministerin es für einen qualitativen Fortschritt, wenn bei der Neufassung der Lehrpläne, die jetzt Fachanforderungen heißen, der Wissensaspekt immer weiter hinter einer Kompetenzorientierung zurückfällt? Am Beispiel ‚Geschichte‘ zeigte sich, dass die Fachanforderungen für Geschichte so katastrophal waren, dass sie auf Druck der Fachkollegien erst einmal zurückgezogen wurden.
Vor allem muss die Unterrichtsversorgung verbessert werden und wir müssen etwas gegen den Fachlehrermangel, speziell im MINT-Bereich unternehmen.
Wenn man den Schulen nicht die Mittel bereitstellt, um etwaige Probleme zu beheben, dann hilft auch die schönste Evaluation nichts – zumal die zahlreichen Probleme bekannt sind.
Entsprechend ist auch der Schul-TÜV bei den Schulen ein kompletter Rohrkrepierer. Nur knapp ein Prozent aller Schulen in Schleswig-Holstein, sieben von 793, beteiligt sich an diesem Verfahren.
Wenn die Landesregierung mehr mit den Lehrern reden würde, dann wüsste sie vielleicht besser, wo der Schuh drückt. So ist die Empfehlung der Lehrerverbände, den kostspieligen, arbeitsintensiven und völlig bürokratischen Schul-TÜV auf Eis zu legen. Zumal die Schulen mit VERA und anderen externen Erhebungen sowie einer gut genutzten internen Evaluation gut versorgt sind.
Zahlen scheinen auch nur zu verwirren, deswegen verzichtet der Bericht auch weitgehend darauf. Wenn es um Qualitätsentwicklung geht, wäre es hilfreich, einige Vergleichszahlen zu präsentieren.
Zum Beispiel wäre es interessant, die Entwicklung bei den unterschiedlichen bestehenden Lernstandserhebungen vorzustellen. Nichts davon liefert dieser sogenannte Qualitätsbericht.
Auch weitere Probleme werden nicht angesprochen. Wie ist zum Beispiel die Lage im offenen und gebundenen Ganztagsbereich. Wie sieht es mit der Betreuungssituation aus? Brauchen wir qualitative Verbesserungen bei den Schulmensen? Ich bin sicher, dass da Bedarf besteht, aber nichts von dem wird aufgegriffen, geschweige denn problematisiert.
Und was ist mit dem Unterrichtsausfall? Nur ein neues Erhebungssystem einzuführen, reicht da nicht. Die Landesregierung scheint kein Konzept zu haben, wie sie dem Unterrichtsausfall begegnen will.
So wird die Qualität in unserem Bildungssystem nicht gehoben. Der vorliegende Bericht gibt keine Antworten, sondern lässt viele Fragen offen.“