„CDU und SPD – die Prämienkönige der Familienpolitik erklären gegenseitig, dass die Prämie des jeweils anderen unsinnig sei und jeder für sich reklamiert, der Erfinder der Erkenntnis zu sein, dass man viel mehr in die Qualität der Kindertagesbetreuung investieren müsste.
Das ist schon sehr unterhaltsam.
Erst wettert die SPD wie nichts Gutes gegen das Betreuungsgeld und fordert die sofortige Abschaffung, obwohl es die SPD selbst war, die im Februar 2008 das Betreuungsgeld gesetzlich mit dem Koalitionspartner CDU/CSU verankert hat. Die Umsetzung wurde zum Jahr 2013 vereinbart.
2015 kippte das Bundesverfassungsgericht dann das Betreuungsgeld und die Länder forderten nun das Geld ein. 900 Millionen Euro waren für 2015 veranschlagt.
Die Familien, die sich auf eine monatliche finanzielle Entlastung von 150 Euro eingestellt hatten, waren verprellt.
Also ersinnt die schleswig-holsteinische SPD die Krippenprämie. Dreist wird behauptet, erst durch diese Prämie würde die frühkindliche Bildung gestärkt. Falsch, ab 2017 werden Familien einkommensunabhängig um bis zu 100 Euro monatlich entlastet, wenn ihr Kind eine Krippe besucht. In der Summe sind das 23 Millionen Euro für 20.366 Kinder unter drei Jahren.
Dass dafür der Verwaltungsapparat beim Landesamt für Soziale Dienste um zehn Mitarbeiter aufgestockt werden muss, geschätzte Kosten 300.000 Euro, erwähne ich nur mal nebenbei. Ob das der kommende Wahlkampfschlager wird, warten wir ab.
Interessanterweise wettert jetzt aber die CDU, dass die sozialdemokratische Krippenprämie nicht akzeptabel sei.
Krippenfernhalteprämie von 150 Euro ist okay, Krippenbesuchsprämie von 100 Euro aber nicht?
Die FDP lehnt sowohl die christdemokratische als auch die sozialdemokratische Wählerprämie ab. Denn über nichts anderes reden wir hier.
Genau wie die SPD in 2008 fordert heute die CDU, dass die Mittel nicht den Familien zukommen sollen, sondern stattdessen in die Qualität von Kindertageseinrichtungen fließen sollen.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem Erkenntnisgewinn.
Hätten sie beide schon mal früher auf uns Freie Demokraten gehört. Dann wären die Gelder tatsächlich längst sinnvoll in die Qualitätsverbesserung der frühkindlichen Bildung geflossen. Dann wären längst zwei Fachkräfte in einer Gruppe.
Aber werfen wir doch mal einen Blick auf die Zahlen. Folgt man dem CDU-Antrag, so sollen die 23 Millionen Euro auf alle Kindertagesstätten, also auch Ü3, verteilt werden. Ein Blick in die letzte Jugendhilfestatistik zeigt, dass wir 104.777 Betreuungsplätze in öffentlich geförderten Kindertageseinrichtungen haben. Das bedeutet, dass bei 23 Millionen Euro auf jedes Kind pro Jahr ungefähr 220 Euro entfallen. Bei einer Kita-Gruppe mit 20 Kindern bedeutet das einen jährlichen Zuwachs von 4.400 Euro.
Eine Erzieherin in der Einstiegsgehaltstufe S 8a verdient im Jahr ungefähr 29.000 Euro. Man könnte diese also zu 15 Prozent finanzieren. Das entspräche einer Personalaufstockung pro Gruppe von 0,15 Fachkraftstellen. 1,65 statt 1,5!
Da kann man wohl kaum von einer merklichen Qualitätssteigerung sprechen. Keine erweiterten Öffnungszeiten, keine zusätzlichen Vor- und Nachbereitungszeiten.
Nebenbei sollen auch die Kommunen entlastet werden. Da frage ich doch, was denn nun? Sollen die 23 Millionen Euro ‚on top‘ kommen und die Qualität verbessern oder sollen die Kommunen entlastet werden. Beides gleichzeitig geht nicht.
Funktionieren könnte es, wenn man sich allein auf den U3-Bereich konzentriert. Nach unseren Berechnungen könnte man mit 23 Millionen Euro dort die Fachkraftquote pro Gruppe um 0,5 Stellen verbessern.
Was ich wirklich enttäuschend finde, ist, dass die Landesregierung nicht den Willen und die Kraft aufbringt, endlich die komplizierten Finanzströme im Kita-Bereich zu entflechten, obwohl allen klar ist, dass dies schon lange überfällig ist. Stattdessen wird das System noch weiter verkompliziert.
Ich schreibe CDU und SPD eines ins Stammbuch: Mit Prämien steigert man keine Qualität, und die Wähler sind nicht so dumm, dass sie das nicht durchschauen.“