Anita Klahn zu TOP 27 „Entgeltgleichheit wirksam regeln“

Abgeordnete Anita Klahn

In ihrer Rede zu TOP 27 (Entgeltgleichheit wirksam regeln) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und gleichstellungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

„Die Geschichte der Gleichstellung zwischen Mann, Frau und Divers ist lang und steinig und wird auch ein andauernder Prozess bleiben – weil sich Gesellschaft und Lebensmodelle ändern und damit auch die Gleichstellung immer wieder neu justiert werden muss. Die markig wirkende Überschrift des SPD-Antrages weckt nun Erwartungen. Welche beim genauen Lesen dann doch schnell wieder vergehen. Teilweise sind es Phrasen, die Sachlagen suggerieren sollen, die es de facto so nicht gibt. Das schadet einer ernsthaften Gleichstellungspolitik mehr als das es ihr nützt.

Als 1949 die Mütter und Väter unserer Verfassung das Ziel der Gleichstellung in Artikel 3 unseres Grundgesetzes festschrieben, entschied noch der Mann über den Arbeitsvertrag seiner Ehefrau. Ziel der politischen Diskussion in den Folgejahren war, die formal-rechtliche Gleichstellung hin zu einer tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen. So wurde 1994 das Grundgesetz durch die Einführung des Artikels 3 Absatz 2 Satz 2 ergänzt. Hier heißt es seitdem: ‚Der Staat fördert die tatsächliche Durch-setzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.‘ Dieses Ziel teile ich uneingeschränkt als Freie Demokratin und Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtages.

Wie uns jüngst der fünfte Bericht zur Durchführung des Gesetzes zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst aufgezeigt hat, haben wir in Schleswig-Holstein unsere Hausaufgaben gemacht. Wenngleich noch viel Arbeit vor uns liegt, um die Gleichstellung der Geschlechter in wirklich allen Bereichen zu verwirklichen, so sind wir doch auf einem guten Weg. Tatsächlich könnten wir in einigen wenigen öffentlichen Bereichen sogar schon über eine stärkere Anwerbung von Männern nachdenken. Beispiels-weise im Bereich des Justizvollzugs, der einen Frauenanteil von 83,3 Pro-zent hat. Auch sind vier von fünf Behördenleitungen innerhalb der oberen Landesgerichte Frauen. Ich habe dem Bericht nicht entnehmen können, dass im öffentlichen Dienst dahingehend ein Problem besteht, dass gleiche und gleichwertige Arbeit ungleich entlohnt wird. Vielleicht zeigt die SPD uns die Stelle im TV-L oder TVöD, wonach ein Gehalt nach Geschlecht differenziert werden soll. Aber vielleicht ist der Punkt zwei des SPD-Antrages ja auch nur unglücklich formuliert.

Mit Jamaika wollen wir die Gleichstellung in allen Lebensbereichen voran-bringen und nicht nur über die Entgeltgleichheit diskutieren. Ein Grundproblem dabei ist immer noch die Berufswahl. Diese wird bereits in der Schule vorbereitet. Unsere Aufgabe ist es, tradierte Rollenbilder in Unterrichtsmaterialien durch moderne Vielfalt abzulösen. Auch Vorbilder prägen einen beruflichen Karriereweg. Das findet im familiären Umfeld der Kindheit statt und geht über in alle Facetten der Lebenswelt eines Erwachsenen. Es ist also auch die Aufgabe von uns allen, im Sinne der Gleichberechtigung, ein Vorbild zu sein. Ich nehme viele junge und gut ausgebildete Frauen wahr, die mit voller Überzeugung darauf vertrauen, ausschließlich über ihre Leistung und Qualifikation ihr Berufsleben gestalten zu können. Diese jungen Frauen fordern auch die partnerschaftliche Familien- und Erziehungsarbeit ein. Und für die jungen Männer ist das selbstverständlich. Eigentlich ist das doch der Erfolg für die Gleichberechtigung. Die Forderung der SPD ist damit obsolet.

Die vielfach bestehende uneinheitliche Entlohnung einzelner Berufsgruppen zeigt jedoch nicht zuletzt die gesellschaftliche Wertschätzung dieser Tätigkeiten. Hier müssen wir gesellschaftlich ansetzen und diskutieren, wie Beruf, Arbeitszeitmodelle und natürlich Entlohnung zusammenpassen. Die von uns erbetene Gleichstellungsstrategie soll dazu Ideen skizzieren und Akteure zusammenbringen und auch konkrete Handlungsempfehlungen darstellen. Wichtig ist uns, dass wir uns mit den guten Beispielen aus der Wirtschaft auseinandersetzen. Wir wollen Erfahrungen aus anderen Ländern bewerten, europäische Ansätze evaluieren, nicht nur die aus Island. Dies ist in Zeiten der Globalisierung notwendig.

Wir freuen uns jedenfalls, dass Frau Ministerin Sütterlin-Waack den Bereich der Gleichstellung weiterhin verantwortet und unterstützen sie gerne dabei. Ich bitte um Zustimmung zum Koalitionsantrag.“