Anita Klahn zu TOP 32 „Inklusion im schulischen Bereich“

Abgeordnete Anita Klahn

In ihrer Rede zu TOP 32 (Bericht zum Stand der Inklusion im schulischen Bereich) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

„Wir haben hier bereits einiges an Zahlen und Fakten zu dem Bericht gehört. Und wir haben auch gehört, dass Schleswig-Holstein im Vergleich zu den anderen Bundesländern sehr gut dasteht. Dem positiven Tenor des Berichts will ich auch gar nicht widersprechen, ich wünsche mir aber, dass wir uns der Sache ein wenig differenzierter nähern. Denn während wir mit technischen Zahlen, Inklusions- und Förderquoten hantieren, bedeutet Inklusion für die Betroffenen weit mehr als das. Bevor wir dazu kommen, möchte ich mich an dieser Stelle bei all jenen bedanken, die sich engagiert und unter Aufbietung aller Kräfte dafür einsetzen, dass die Inklusion trotz manch mangelnder Rahmenbedingungen überhaupt erst möglich gemacht wird. Ihnen allen gilt mein Dank.

Kommen wir zurück zu dem Bericht. Dazu zunächst etwas Allgemeines vor-weg: Ich störe mich ein wenig an den Begrifflichkeiten der Inklusion und der Inklusionsquote, denn sie implizieren automatisch, dass es eine Exklusionsquote geben muss. Exkludiert, also sozusagen ‚ausgeschlossen‘ wären dann alle Kinder, die nicht in Regelklassen unterrichtet werden würden. Diese Sichtweise halte ich für unglücklich. Denn damit wird den Förderschulen pauschal unterstellt, dass dort Kinder lediglich ‚geparkt‘ werden und keinen adäquaten Unterricht erhalten. Das Gegenteil ist aber der Fall! Die Wirklichkeit ist so, dass die Förderschule der bessere Lernort für manche Kinder ist. Dort gibt es den bestmöglichen Förderunterricht, weil es dort Möglichkeiten gibt, die wir an den Regelschulen nicht haben und auch nicht herstellen können. Ich plädiere dafür, die Förderschulen zu erhalten, da sie erstens von betroffenen Eltern gewünscht werden und zweitens für viele Eltern und Kinder eine absolut sinnvolle Alternative zu den Regelschulen sind. Auch das gehört für mich zu einer echten Schulwahlfreiheit dazu. In diesem Zusammenhang können wir auch gerne diskutieren, inwiefern eine hundertprozentige Inklusion ein erreichbares und erstrebenswertes Ziel ist. Dann müssen wir aber auch ehrlich darüber sprechen, welche Konsequenzen dies nicht nur für die Regelschulen hat, sondern auch insgesamt für die Bildungspolitik und auch die Finanzpolitik, die nur begrenzte Haushaltsmittel zur Verfügung hat.

Ich sagte ja bereits, dass sich das Thema Inklusion für die Betroffenen durchaus anders anlässt, als für uns, die wir mit etwas mehr Distanz über das Thema diskutieren. Ich habe daher erst kürzlich aus einer Veranstaltung und Diskussionen mit Betroffenen zu dem Thema wertvolle Erkenntnisse ziehen können. Es gibt eine allgemein große Unzufriedenheit und Frustration, wie die Inklusion bisher umgesetzt worden ist. In den Kollegien ist eine zu hohe Arbeitsbelastung Alltag, welche sich wiederum stark auf die Lehrergesundheit niederschlägt. Hauptgründe sind fehlendes Personal, fehlende Zeit und fehlende Räumlichkeiten. Natürlich waren diese Nennungen nicht allzu überraschend und auch nicht neu, aber wir müssen sie uns dennoch immer wieder vor Augen führen. Leider ist ebenso klar, dass es keine einfachen Lösungen gibt.

Wir blicken in Schleswig-Holstein stolz auf eine Inklusionsquote von fast 70 Prozent. Allerdings ist diese Zahl kein Grund, sich zurückzulehnen. Denn über eines sagt diese Zahl gar nichts aus: Die Qualität der Inklusion. Und daher ist es mir wichtig, dass wir den Fokus etwas von dieser Zahl nehmen und der Qualität der Inklusion eine viel größere Beachtung schenken. Insgesamt möchte ich feststellen, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben und die Thematik rund um die Inklusion den Betroffenen stark auf den Nägeln brennt. Daher kann es für uns alle fraktionsübergreifend nur Ansporn sein, uns weiter intensiv mit dem Thema im Bildungs- und Sozialausschuss auseinanderzusetzen. Alle Beteiligten haben es verdient, dass wir sie in ihrer Arbeit unterstützen!“