Finanzen/Haushaltsberatungen 2019

Annabell Krämer zu TOP 10 u.a. „Fortsetzung der Haushaltsberatungen 2019“

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 10+11+32+37 (Fortsetzung der Haushaltsberatungen 2019) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

„Der Haushalt 2019 ist strukturell ausgeglichen. Wir haben aber auch Kreditaufnahmen zu schultern, für die ab diesem Jahr sukzessive zu übernehmenden Verbindlichkeiten in Zusammenhang mit der HSH Nordbank. Verbindlichkeiten, die bereits bestehen, nun aber aus einem sogenannten Extrahaushalt, der HSH Finanzfonds AöR, in den Landeshaushalt übergehen. Allein in 2019 erfolgt eine Kreditaufnahme zur Anschlussfinanzierung der geleisteten Bürgschaftszahlungen für die HSH Nordbank in Höhe von 450 Millionen Euro. Dies hat zur Folge, dass der Haushalt 2019 voraussichtlich mit einer Nettokreditaufnahme von 298 Millionen Euro abschließen wird. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Die Altlasten der HSH Nordbank schmerzen und resultieren aus Fehlentscheidungen der Vergangenheit. Nichtsdestotrotz müssen wir und vermutlich noch unsere Kindeskinder für diese Altlasten aufkommen.

Wie reagiert jetzt die Opposition auf diese Situation? Es vergeht kaum eine Pressemitteilung zu haushaltswirksamen Themen, in der die finanzpolitische Sprecherin der SPD nicht behauptet, die Landesregierung schwimme förmlich im Geld. Es fehle nur an politischem Gestaltungswillen. Sofortige Anhebung nahezu sämtlicher Besoldungsgruppen, vollumfängliche Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes, vollständige Beitragsfreiheit für Kitas von jetzt auf heute – was kostet die Welt, man gönnt sich ja sonst nichts! Hier lohnt sich ein Blick auf die weitreichenden Konsequenzen dieser Forderungen: Die vollständige Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes schlägt jährlich mit über 140 Millionen Euro zu Buche und die sofortige Beitragsfreiheit für Kitas würde den Landeshaushalt mit einem vermutlich mittleren dreistelligen Millionenbetrag belasten – Jahr für Jahr! Und das sind noch lange nicht alle von den Sozialdemokraten gewünschten strukturellen Zusatzbelastungen, die die finanziellen Gestaltungmöglichkeiten für viele Jahre nicht nur weiter einschränken, sondern zu einer Utopie verkommen lassen würden.

Schon Benjamin Franklin konstatierte seinerzeit: ‚Gläubiger haben ein besseres Gedächtnis als Schuldner‘. Wie sonst ließe sich erklären, dass der in den letzten Jahren und Jahrzehnten angehäufte Schuldenberg hier anscheinend nicht mehr gegenwärtig ist. Wir sollten uns immer wieder vor Augen führen, dass die entscheidenden Fehler in guten und nicht in schlechten Zeiten gemacht werden. Was helfen uns florierende Steuereinnahmen, wenn die Ausgaben davongaloppieren. Eine seriöse Haushaltspolitik muss sich zum Ziel setzen, auch dauerhaft handlungsfähig zu bleiben, anstatt im Lichte der aktuellen Haushaltslage nur kurzfristig Gestaltungswillen zu demonstrieren. Wir wollen mehr Nachhaltigkeit in den Finanzen und nicht nur an das Heute denken.

Es ist im Übrigen nicht so, wie häufig behauptet, dass man mit Geld heute jeden weich bekommt. So schlicht denken unsere Bürger nicht! Unsere Beamten würden die Rückkehr zur alten Weihnachtsgeldregelung selbstverständlich begrüßen. An erster Stelle wünschen sie sich jedoch eine moderne Verwaltung mit einem attraktiven Arbeitsplatz, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weniger Überstunden, ein Besoldungssystem mit positiven Anreizen und auch eine Entlastung von Aufgaben, die ebenso gut privatwirtschaftlich zu erbringen sind. Das haben wir verstanden. Wo es brennt, schaffen wir sofortige Abhilfe. Wir haben die Erschwerniszulage erhöht, stocken massiv bei den Lehrer- und Polizeistellen auf, passen Einstiegsgehälter an und erhöhen zum Beispiel sukzessive die Besoldungsstufe für Grundschullehrer auf A13.

Kommen wir nun zu den Kitas. Und das gehört jetzt einmal deutlich ausgesprochen: Die Vorgängerregierung hat uns die höchsten Elternbeiträge aller Bundesländer hinterlassen. Nachdem unser Sozialminister Dr. Heiner Garg die längst überfällige große Kita-Reform auf den Weg gebracht hat, fällt der Opposition nichts anderes ein, als vollständige Beitragsfreiheit jetzt und sofort zu fordern. Glauben Sie allen Ernstes, dass Ihnen der Bürger abnimmt, dass Sie, wären Sie noch in Regierungsverantwortung, alles auf Reset gestellt und die beitragsfreie Kita aus dem Hut gezaubert hätten? Wenn man dem Bürger solch eine Naivität unterstellt, fördert man Politikverdrossenheit!

Dass Ihre Versprechungen schlicht unseriös sind, lässt sich auch an den Finanzierungsvorschlägen ablesen. Frau Midyatli verweist in ihrer Pressemeldung vom vergangenen Donnerstag doch tatsächlich auf ‚nie da gewesene Haushaltüberschüsse‘, wegen derer ‚gar keine Entscheidung zwischen einer guten oder einer billigen Kita getroffen werden‘ müsse. Das ist wirklich ein haushaltspolitischer Offenbarungseid der SPD! Als ob wir dauerhafte Verpflichtungen eingehen könnten auf Basis von zufälligen Haushaltsüberschüssen am Jahresende. Von Haushaltsüberschüssen, die wir nach dem Haushaltsgesetz aus guten Gründen auch überhaupt nicht für konsumtive Ausgaben verwenden dürften. Von Haushaltsüberschüssen, mit denen wir in den nächsten Jahren schon gar nicht rechnen können, weil wir die HSH-Altschulden sukzessive in den Landeshaushalt übernehmen müssen. Allein das zeigt doch schon, was von Ihren vollmundigen Versprechungen zu halten ist. Und dann weiter: Welche Haushaltsüberschüsse meinen Sie eigentlich für 2019 konkret? Meinen Sie den voraussichtlichen strukturellen Überschuss in Höhe von zwölf Millionen Euro? Oder meinen Sie das tatsächliche Finanzierungsdefizit in Höhe rund 300 Millionen Euro aufgrund der HSH-Altlasten? Selbst mit größtem Wohlwollen verstehe ich Ihre Pressemitteilung nicht! Kommen wir nun zu Ihrer Forderung zurück: Beitragsfreiheit um jeden Preis, aber eine seriöse Gegenfinanzierung? Unwichtig! Mehr Qualität? Unwichtig! Hinreichend Plätze und damit Versorgungssicherheit? Unwichtig! Nicht mit uns! Wie wir es nicht machen sollten, sehen wir am Beispiel des SPD-geführten Niedersachsen. Schon kurz nach der überstürzten Abschaffung der Kitabeiträge droht vielen freien Kita-Trägern die Insolvenz. Mit der Konsequenz, dass die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Der Grund? Ganz einfach, die Abschlagszahlungen des Landes reichen nicht zur Finanzierung eines qualitativ hochwertigen Kitabetriebs aus. Ich sage Ihnen, was unsere Eltern wollen: Sie wollen ihre Kinder verlässlich, mit hohen Qualitätsstandards und zu bezahlbaren Beiträgen versorgt wissen, ohne dass dabei die Kommunen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht werden. Das alles unter einen Hut zu bringen gleicht einer Quadratur des Kreises. Aber wir nehmen uns dieser Aufgabe an. Ich bin zuversichtlich, dass wir unsere Kita-Reform zu einem erfolgreichen Ende führen werden, auch deshalb, weil wir alle Beteiligten frühzeitig und umfassend in den Reformprozess eingebunden haben. Wir schaffen 2020 landesweit gedeckelte Beiträge und beseitigen die großen Unterschiede im Land. Wir steigern die Qualität, indem wir angemessene Standards setzen und wir schaffen für die Kommunen transparente Kostenbeteiligungen. Und dieses System trägt auch in späteren Jahren. Denn es ermöglicht uns, sukzessive den Beitragsdeckel weiter zu senken, sofern sich weitere finanzielle Spielräume ergeben. Ich danke unserem Sozialministerium ausdrücklich für die in den letzten Monaten geleistete Arbeit.

Während Sie, liebe Opposition, fast ausschließlich auf Konsum setzen, fokussieren wir uns auf die dringend notwendigen Investitionen. So stellen wir jährlich 90 Millionen Euro für die Sanierung unserer Landesstraßen zur Verfügung. Um all unsere Vorhaben frühzeitig umsetzen zu können, benötigen wir auch ausreichend Planungskapazitäten, insbesondere im Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr. Mit der Einführung des Studiengangs Bauingenieurwesen an der FH Kiel, der bereits dieses Semester starten wird, haben wir ein wichtiges FDP-Wahlversprechen eingelöst und einen ersten Schritt zur Beseitigung des Planermangels am Markt gemacht. Mit rund 1,3 Milliarden Euro verzeichnet das Land 2019 eine Investitionsquote von über 10 Prozent. Diese von uns Freien Demokraten immer geforderte und nun erreichte Zielmarke wurde in der Vergangenheit als utopisch belächelt. Um es noch einmal herauszustellen: Das ist gegenüber den letzten Jahren der Küstenkoalition nahezu eine Verdopplung des Investitionsvolumens. Und nicht nur das. Wir haben in der bis ins Jahr 2028 reichenden Finanzplanung beständig mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr für Investitionen eingeplant. Wir wollen unseren Kindern keine verkommene Infrastruktur hinterlassen. Wir wollen nicht länger von der Hand in den Mund leben, sondern die Substanz des Landes erhalten und stärken. Unsere Bürger und unsere Unternehmen sind auf eine leistungsfähige öffentliche Infrastruktur angewiesen. Deshalb bin ich froh, dass wir die guten Steuereinnahmen gezielt für unsere Infrastruktur und nicht nur gießkannenartig für den Konsum einsetzen. Wenn wir finanziellen Spielraum haben, werden wir diesen sinnvoll nutzen. Aus diesem Grund freue ich mich, dass wir uns innerhalb der Koalitionsfraktionen darauf verständigen konnten, aus IMPULS-Mitteln das Förderprogramm zur Kita-Sanierung um weitere 5,45 Millionen Euro aufzustocken, die Modernisierung von drei Jugendherbergen im Land zu unterstützen und endlich in die Altenpflegeschulen zu investieren.

Ich würde mir auch für die Zukunft wünschen, dass wir das Sondervermögen IMPULS im Kern für den Abbau des Sanierungsstaus im Land nutzen und nicht als Schatztruhe ansehen, in die man beliebig reingreifen kann, um anderweitig nicht finanzierbare Leuchtturmprojekte zu fördern. Ja, wir wollen den Mittelabfluss verbessern und auf die Bedarfe im Land flexibel reagieren. Dabei sollten wir aber unseren Fokus auf die Betonschulden behalten. Diese Betonschulden bezifferten sich Ende 2016 auf knapp fünf Milliarden Euro und machen sich, anders als die Geldmarktschulden, für die Bürger auch direkt bemerkbar. Deshalb blicke ich gespannt auf den neuen Infrastrukturbericht, der uns am Jahresende aufzeigen wird, was wir bislang erreicht haben und welche Herausforderungen noch vor uns liegen, um die gesamte Landesinfrastruktur bis 2030 wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Jamaika steht für beste Bildung von Anfang an, eine umfassende Sanierung unserer Infrastruktur und den Erhalt von finanziellen Spielräumen für zukünftige Generationen. Ich stelle fest: Der vorliegende Landeshaushalt trägt zu diesen Zielen ein gutes Stück bei. Deshalb freue ich mich auf die anstehenden Beratungen!“

Es gilt das gesprochene Wort!