Tourismus/ Binnenlandtourismus

Annabell Krämer zu TOP 10+24 „Binnenlandtourismus stärken“

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 10+24 (Binnenlandtourismus stärken, Pandemiefolgen abmildern, besonnen wieder starten) erklärt die tourismuspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

„Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass wir heute über den lang ersehnten Restart des immens wichtigen Tourismus in unserem Lande sprechen können. Ob der Beschlüsse der MPK vom letzten Montag fehlen mir jedoch die Worte. Ich wage es nicht zu hoffen, dass die MPK in der heutigen Sondersitzung noch das irrsinnige Verbot des kontaktarmen Tourismus kippen wird. Dass Müdigkeit nicht gerade zur Erhöhung der Schwarmintelligenz führt, hat uns die MPK vom Montag deutlich vor Augen geführt. Angela Merkel wünschte sich auf ihrer nächtlichen Pressekonferenz sogar, dass man überhaupt nicht reisen sollte in diesem Jahr. Diesen Abgesang auf den Tourismus gehen wir Freie Demokraten nicht mit!

Das Verbot des kontaktarmen Tourismus über Ostern lediglich damit zu begründen, dass jetzt nicht die Zeit zum Reisen wäre, ist unverhältnismäßig, eine Frechheit und ein Schlag ins Gesicht der vielen Menschen in unserem Land, die vom Tourismus leben. Kontaktarmer Tourismus ist kein Pandemietreiber, sondern geeignet, die Inzidenzen zu reduzieren. Schleswig-Holstein hat drei Millionen Einwohner – das werden nicht mehr, wenn sich diese auf zusätzliche Standorte verteilen, nämlich auf unsere Ferienwohnungen und unsere Campingplätze! Es würde Kontakte vielmehr entzerren, statt vermehren. Wir Freie Demokraten sind weiterhin für den sofortigen Start eines umsichtigen Tourismus in Schleswig-Holstein. Vielleicht sind die Teilnehmer der MPK ja heute ein wenig ausgeschlafener!

Die aktuelle Situation im Tourismus macht es umso unverständlicher, dass die SPD ihren Antrag weiterhin auf der Tagesordnung gelassen hat. Die Tourismusbranche steckt in höchster Not und braucht eine verlässliche Perspektive. Die SPD aber fordert ein Programm zur energetischen Sanierung und geht ernsthaft davon aus, dass dies eine zielgerichtete Hilfe für unsere Tourismusbranche sein könnte. Im Gegenteil: Ihr angedachtes Förderprogramm für Modernisierungen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht nur unangebracht, sondern ein Schlag ins Gesicht eines jeden Unternehmers, der ums blanke Überleben kämpft. Wer kauft sich eine neue Küche oder denkt über energetische Sanierung nach, wenn er nicht einmal weiß, ob der Inhalt des Kühlschrankes reicht, um die Familie zu ernähren? Vor fast genau einem Jahr hat Robert Habeck Ähnliches gefordert und schon damals hat diese Aussage landauf landab die Menschen die Hände über den Kopf zusammenschlagen lassen. Ein Jahr ist das her – was für ein Déjà-vu!

Kommen wir zum zweiten Teil Ihres Antrages. Sie wollen prüfen lassen, inwieweit die Ergebnisse der Studie zur Entwicklung des Binnenlandtourismus unter den aktuellen Pandemiebedingungen noch gültig sind. Jetzt bin ich es, die die Hände über dem Kopf zusammenschlägt! Eine Entwicklungsstrategie richtet man nicht nach einer aktuellen kritischen Situation. Eine Strategie ist langfristig ausgerichtet. Auf eine manifeste Krise – diese stellt die Pandemie zweifelsohne dar – reagiert man mit kurzfristig wirksamen operativen Maßnahmen. Dass, was wir als strategisch richtig erachten, ist immer noch angezeigt. Tourismusminister Bernd Buchholz hat den Binnentourismus zu einem Kernthema der Tourismusstrategie gemacht. Breitbandausbau bis zur letzten Milchkanne stärkt zum Beispiel den ländlichen Raum und die Attraktivität von Landgasthöfen als Urlaubs- und Seminarort. Die Radstrategie des Landes hebt die Stellung unserer Landgasthöfe für Tagesausflüge.

Wir Freie Demokraten sind der Meinung, dass die Attraktivität unseres Urlaubslandes Schleswig-Holstein stark erhöht werden kann, wenn die Vernetzung der lokalen Tourismusorganisationen gestärkt wird. Und auch die Kommunen, gerade im Binnenland, können etwas beitragen: Zum Beispiel durch lokales Marketing und die Bereitstellung notwendiger Flächen für Tourismusangebote. Dann verbringe ich den einen Tag als Urlauber an der wunderschönen Treene, den nächsten Tag radle ich zu einem Landgasthof in Mittelholstein. Mehrwert durch ein kreisübergreifendes Angebot an unsere Urlauber – damit der Schleswig-Holstein-Urlaub auch noch unentdeckte Ecken fürs nächste Jahr bietet! Dabei hilft auch der stark gestiegene E-Bike–Absatz während der Corona-Pandemie. Nutzen wir diesen und andere Trends – Camping und Radfahren haben immenses Wachstumspotential im Bereich des Tourismus. Wir wappnen uns! Strategisch ist das Land also gut aufgestellt, aber unser Binnenland, und hier besonders unsere Landgasthöfe, benötigen auch kurzfristige, operative Lösungen. Da hilft zum Beispiel die Verlängerung der Umsatzsteuersenkung für Speisen in der Gastronomie bis Ende 2022. Wir Freie Demokraten wünschen uns zudem, dass die Steuersenkung auch auf Getränke ausgeweitet wird. Leider gehen bisher nicht alle Koalitionspartner diesen Weg mit. Wir werben weiter dafür!

Was aber wirklich zählt, habe ich bereits zu Beginn meiner Rede erwähnt: Die Gastronomie und die Beherbergungsunternehmen brauchen in erster Linie eines: Die Möglichkeit zu öffnen! Denn wem nützt eine Umsatzsteuersenkung, wenn er keine Umsätze erwirtschaften darf? Kontaktarmer Urlaub ist und bleibt der erste notwendige Schritt. Weitergehende Öffnungen sollten wir zügig mit Modellregionen erproben, damit im Sommer hoffentlich jeder, der möchte, wieder die touristischen Highlights unseres schönen Bundeslandes genießen kann.“

Es gilt das gesprochene Wort!