Annabell Krämer zu TOP 9 u.a. „Fortsetzung der Haushaltsberatungen 2020“

Abgeordnete Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 9 u.a. (Fortsetzung der Haushaltsberatungen 2020) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

„Der Haushaltsentwurf 2020 ist erneut strukturell ausgeglichen. Per Saldo tilgen wir im kommenden Jahr 36 Millionen Euro unserer Altschulden. Dies ist auf den ersten Blick nicht viel. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass wir 89 Millionen Euro weniger Steuermehreinnahmen haben als in den Eckwerten der Finanzplanung berücksichtigt war. Ferner bekommen wir in 2020 letztmalig Konsolidierungshilfe vom Bund. Diese fällt mit 27 Millionen Euro um 53 Millionen Euro niedriger aus als in den Vorjahren. Auf der einen Seite fehlen uns diese Mittel, auf der anderen Seite sind wir stolz darauf, dass Schleswig-Holstein nicht mehr am Tropf des Bundes hängt.

Bedauerlich ist natürlich, dass der Bund die Kommunen bei der Integration der Flüchtlinge im Regen stehen lässt. Jedem ist bewusst, dass die Integration nach den ersten Behördengängen nicht aufhört, sondern erst richtig anfängt. Insofern ist es unbegreiflich, dass die Bundesregierung die Integrationsmittel allein für Schleswig-Holstein um 44 Millionen Euro kürzt. Die GroKo lässt unsere Kommunen und somit die vielen Ehrenamtler im Stich! Trotz dieses harten Einschnittes ist das Jahr 2020 bei der Mittelverteilung aus Sicht der Kommunen ein gutes Jahr. Der Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlage von knapp 140 Millionen Euro pro Jahr bedeutet eine erhebliche Verschiebung der Finanzmasse zu ihren Gunsten. Unsere Investitionen halten wir wie geplant auf Rekordniveau; die Tariferhöhungen und unsere Besoldungsstrukturreform sind im Zahlenwerk berücksichtigt. Zudem schaffen wir neue Stellen für Lehrer, Polizisten und Richter und stärken damit die Kernaufgaben des Landes. Auch die Kita-Reform wird ab 1. August 2020 umgesetzt und somit im Haushalt deutlich sichtbar. Unter diesen Gesichtspunkten und den gegenüber den Eckwerten bereits nach unten korrigierten Steuereinnahmen ist ein Haushalt, der einen Überschuss von 36 Millionen Euro aufweist, ein außerordentlich guter Haushalt. Jamaika kann Haushalt!

Und ewig grüßt das Murmeltier – der Sozialdemokratie fällt nichts anderes ein, als mit utopischen Anträgen um die Ecke zu kommen: Beitragsfreie Kitas jetzt und sofort für zusätzliche 250 Millionen Euro im Jahr. Knappe 200 Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Kommunen, rund 150 Millionen Euro für die Rückkehr zur alten Weihnachtsgeldregelung und – weil Verteilen ja so viel Spaß macht – fordert die SPD auch noch, den Bund von seinen Zusagen für den freiwilligen Lärmschutz bei der festen Fehmarnbeltquerung zu entbinden und stattdessen landesseitig 300 Millionen Euro zu übernehmen. Sehen Sie es mir nach, dass ich hier in Anbetracht der knapp werdenden Redezeit nur SPD-Forderungen mit einem Preisschild in dreistelliger Millionenhöhe erwähne. Ich freue mich jetzt schon auf Ihre Deckungsvorschläge!

Es ist eine Frage der Generationengerechtigkeit, dass wir bei all unserem Handeln und unseren Entscheidungen die Auswirkungen für zukünftige Generationen im Auge behalten. Mit einer erneuten Investitionsquote von über zehn Prozent – ich erwähne es immer wieder gerne, da das von der Vorgängerregierung als Utopie belächelt wurde – gehen wir einen weiteren Schritt in die richtige Richtung. Wir bauen Betonschulden ab und sorgen für eine intakte Infrastruktur, damit auch zukünftige Generationen noch eine Gestaltungsgrundlage haben, anstatt sich ausschließlich mit den Folgen einer verschlissenen Infrastruktur herumschlagen zu müssen. Ein kritischer Blick muss jedoch auf die Personalkosten erlaubt sein. Bereits heute geben wir über 35 Prozent unserer Finanzmittel für Personal aus. Dies ist auch richtig und wichtig! Damit finanzieren wir zu einem übergroßen Teil Lehrer und daneben Polizisten, Richter, Staatsanwälte oder Finanzbeamte. Sorge macht mir jedoch, dass bereits heute mehr als jeder dritte Euro an Personalausgaben für Versorgungsempfänger aufgewendet wird. Die Versorgungsausgaben sind in den letzten zehn Jahren um rund 50 Prozent gestiegen und werden auch in den nächsten Jahren weiter massiv in die Höhe gehen.

Verstehen Sie mich richtig: Unsere Pensionäre haben sich diese Versorgung in ihrer aktiven Zeit erarbeitet und der Staat hat zu seinen Zusagen zu stehen. Nichtsdestotrotz müssen wir alle überlegen, wie wir das System auch für zukünftige Generationen tragfähig halten. Meines Erachtens ist es an der Zeit, für Reformen im Besoldungsrecht zu sorgen, die der demographischen Entwicklung gerecht werden. Hier sei zukünftig zum Beispiel an eine Gleichbehandlung von Studienzeiten bei Angestellten und Beamten gedacht. Es ist niemandem geholfen, wenn der Staat seine Last irgendwann nicht mehr tragen kann. Das Land muss als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Gebetsmühlenartig fordert die Opposition eine sofortige Anhebung nahezu sämtlicher Besoldungsgruppen und die vollumfängliche Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes. Wissend, dass dies vom Land nicht finanzierbar ist, ohne in anderen Haushaltspositionen harte soziale Einschnitte vornehmen zu müssen. Letztes Jahr schlug die Opposition vor, einen Teil ihrer Forderungen durch Kürzungen der Besoldungs- und Tariferhöhungsmittel zu finanzieren. Gottlob ist diesem Irrsinn niemand gefolgt. Niemals hätten wir sonst den hohen Tarifabschluss der Angestellten für unsere Beamten umsetzen können!

Liebe Opposition, bitte nicht jedes Jahr dieselbe Leier. Ihre Forderung nach mehr Geld für alle und das sofort ist nicht realisierbar und reinste Bauernfängerei. Ein Landeshaushalt, der 33 Milliarden Euro Verbindlichkeiten zu schultern hat, kann nicht jeden finanziellen Wunsch erfüllen. Wir müssen andere Wege finden, um unser Land als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. Dass Sie seriöse Oppositionsanträge stellen können, haben Sie doch schon einmal gezeigt. Ich breche mir keinen Zacken aus der Krone, wenn ich zugebe, dass auch die Opposition gelegentlich einen guten Antrag stellt. Die Forderung nach Einführung einer pauschalen Beihilfe, die Beamten zu Beginn ihrer Laufbahn echte Wahlfreiheit bei der Krankenversicherung einräumen soll, hat mich vollends überzeugt. Erstens begrüße ich, wenn mehr Wettbewerb zwischen privaten und gesetzlichen Krankenkassen zugelassen wird. Dies kann dem gesamten dualen Gesundheitssystem nur zuträglich sein. Ich halte es für falsch, dass die privaten Kassen in der Berufsgruppe der Beamten quasi eine Monopolstellung innehaben. Zweitens wird durch die Einführung einer pauschalen Beihilfe unser Landeshaushalt auf lange Sicht, bei zugegebenermaßen zunächst höheren Beihilfeausgaben, entlastet.

Drittens schafft es die Benachteiligung derjenigen Beamten ab, die sich für die gesetzliche Krankenversicherung entschieden haben und somit ihre Beiträge allein entrichten müssen.

Wir stehen finanzpolitisch vor großen Herausforderungen. Die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs steht an. Hier ist uns Liberalen ein wichtiges Anliegen, die Kommunen endlich flächendeckend in die Lage zu versetzen, auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten. Auch die Grundsteuer muss neu geregelt werden. Es ist bekannt, dass unsere Koalitionspartner hier ein anderes Modell als wir favorisieren. Wir sprechen uns für das einfache, transparente Flächenmodell aus und lehnen das bürokratielastige Modell des Bundesfinanzministers Scholz ab, das durch die Einbeziehung von Mietpreisstufen meines Erachtens insbesondere in Schleswig-Holstein zu ungeahnten Verwerfungen führen wird. Mir erscheint es jedenfalls nicht plausibel, warum Sylt einer niedrigeren Mietpreisstufe unterliegt als z.B. die Gemeinden des Kreises Pinneberg oder Husum. Aus diesem Grund möchte ich mich ausdrücklich bei unserer Finanzministerin Monika Heinold bedanken, die sich auf Bundesebene für die Einführung der Länderöffnungsklausel stark macht und das, obwohl unsere Koalitionspartner, anders als wir Freie Demokraten, für das Scholz-Modell votieren.

Ja, auch wir Jamaikaner sind nicht immer einer Meinung. Aber wir schaffen es immer wieder, das Verbindende zu stärken, um unsere gemeinsamen Ziele zu verfolgen. Jamaika steht für beste Bildung von Anfang an, die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, eine umfassende Sanierung unserer Infrastruktur, die Stärkung der inneren Sicherheit und den Erhalt von finanziellen Spielräumen für zukünftige Generationen. Ich stelle fest: Der vorliegende Landeshaushalt trägt erneut zu diesen Zielen ein gutes Stück bei. Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen!“

Es gilt das gesprochene Wort!