Bernd Buchholz zu TOP 17 "Arbeitszeitgesetz zeitgemäß weiterentwickeln"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 17 ("Arbeitszeitgesetz zeitgemäß weiterentwickeln") erklärt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Wir sprechen heute über zwei wichtige Themen. Das erste ist die Notwendigkeit flexiblerer Arbeitszeitmodelle, da wir nicht nur einen Fachkräftemangel haben, sondern allgemein einen Arbeitskräftemangel. Und das zweite Thema ist die Tarifbindung und die mangelnde Tarifbindung in unserem Land. Wir versuchen, mit diesem Antrag einmal ein Thema zu behandeln, bei dem ich weiß, dass der eine oder andere gleich reflexartig reagieren wird und sagen wird: 'Oh Gott, was die FDP will, ist mit der Arbeitszeitverlängerung schlechtere Arbeitszeiten zu schaffen.' Aber in Wahrheit, und das will ich gleich am Anfang einmal sagen, ist genau das nicht der Fall. Denn heute erleben wir, dass gerade jüngere Leute sagen, sie wollen mit ihrer Arbeitszeit anders umgehen. Sie wollen zum Beispiel auch in Handwerksbetrieben mit einem anderen Arbeitszeitmodell die Vier-Tage-Woche realisieren. Und das könnten sie, wenn unser Arbeitszeitgesetz nicht so starre Regelungen vorgeben würde. Und genau in diese Richtung geht daher unser Antrag und deshalb bitte ich Sie, wenigstens einmal intensiv über unseren Vorschlag nachzudenken.

Es geht im Kern bei dieser Initiative, die auch aus dem Bereich der Hoteliers und Gastronomen in Schleswig-Holstein kommt, ja darum, dass wir Menschen suchen und Menschen finden müssen, die sagen, das ist ein attraktives Arbeitsumfeld, das mir da geboten wird. Und dieses attraktive Arbeitsumfeld hat eben oft etwas damit zu tun, dass man sagt, wenn ich sechs Tage in der Woche abends irgendwo an der Theke oder im Service arbeiten muss, dann ist das für mich unattraktiv. Das europäische Arbeitszeitrecht schafft viel mehr Möglichkeiten, als es das deutsche Arbeitszeitgesetz zulässt. Und die Frage ist doch, warum eigentlich in anderen europäischen Ländern viel mehr Flexibilität möglich ist als bei uns? Obwohl doch niemand das Gefühl hat, das bei denen jetzt irgendwie eine kühle, neoliberale Marktwirtschaft ausgebrochen ist.

Sondern Arbeitszeitgesetze schaffen dort mehr Flexibilität. Und damit auch der Vorwurf, wir würden das jetzt alles verpflichtend machen wollen, gar nicht erst aufkommt, haben wir gesagt, wir wollen dabei in zwei Stufen vorgehen: Das eine ist, wenn die Tarifparteien es entscheiden – und nur wenn die Tarifparteien es entscheiden – dann kann eine solche Abweichung von dem alten Arbeitszeitgesetz eingeführt werden. Es ist also ein Anreiz für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, über eine andere starre Regelung im Gesetz durch Tarifvertrag auch etwas Positives für sich mit zu erreichen. Es ist ein Anreiz, in die Tarifbindung zu gehen. Diese Anreize vermissen wir ja sonst immer. Immer nur zu kritisieren, dass es keine oder zu wenig Tarifbindung gebe, ist das eine. Aber Anreize dafür zu schaffen, sowohl für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch eben für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, wieder in eine Tarifbindung zu gehen, die schafft man nur dadurch, dass man eben auch ein Vorteil daraus hat.

Und die zweite wichtige Stellschraube in unserem Antrag ist, dass es natürlich nicht ohne die Zustimmung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers geht. Früher hat man an der Stelle gesagt, wenn man so etwas da reinschreibt, dann sei das doch völlig ausgeschlossen. Die Position der Arbeitnehmer sei doch so schwach im Verhältnis zum Arbeitgeber, das werde doch gar nicht angenommen. Aber das hat sich komplett verkehrt in den letzten Jahren. Dadurch, dass wir in einem Nachfragemarkt am Arbeitsmarkt sind, kann heute jedermann doch bei vielen Verhandlungen sagen, dass man zu gewissen Bedingungen nicht bereit ist, und Forderungen stellen. Und wenn das so ist, dann ist die Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer doch viel stärker.

Ich will jetzt gar nicht nur auf die hinaus, die zum Beispiel im Bereich der IT-Branche gerne mit ganz anderen Arbeitszeitmodellen arbeiten möchten. Hier entsteht eine völlig neue Art und Weise, arbeiten zu wollen. Und es soll ja auch überhaupt nichts an den Schutzrechten von Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern gerüttelt werden. Die Ruhezeiten bleiben erhalten. Die Zeiten insgesamt einer Gesamtarbeitszeit pro Woche bleiben erhalten. Niemand soll irgendwie in gesundheitsmäßiger Art und Weise überfordert werden. Das Einzige, was gewollt es, ist mehr Flexibilität zu schaffen, damit wir auch auf diese Art und Weise den Menschen Anreize bieten, bestimmte Arbeitszeitmodelle als attraktive Modelle im Rahmen ihrer Tätigkeiten ausleben zu können. Und ich bin ganz dankbar für, dass die Regierungsfraktionen dazu wenigstens einen Dialog in Aussicht gestellt haben, den sie angehen wollen, und damit ja zeigen, dass sie unsere Idee gar nicht so schlecht finden. Ich finde, wir sollten in diesem Dialog gerade auch mit den Tarifparteien eintreten, denn es wird in der Tat ja auch an anderer Stelle darum gehen, mit denen darüber zu reden, wie wir mehr Tarifbindung schaffen und wie wir aus dem Fachkräftedilemma insgesamt herauskommen. Mit immer nur demselben werden wir es nicht schaffen. Es braucht neue Ideen, eine flexiblere Gestaltung von Arbeitszeit ist eine solche.

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort