Bernd Buchholz zu TOP 19 "Kein Demokratieabbau in unseren Kommunen"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 19 (Kein Demokratieabbau in unseren Kommunen) erklärt der kommunalpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

„Wir sind alle zurzeit in der Situation als politische Parteien direkt vor einer Kommunalwahl, dafür zu sorgen, dass wir möglichst viele Kandidatinnen und Kandidaten finden, die sich für die Kommunalwahl für unsere Gemeindevertretungen bzw. für die Stadtparlamente zur Verfügung stellen. Dafür brauchen wir Menschen, die bereit sind, in der Demokratie aktiv zu werden. Und wir stellen alle fest, über alle Grenzen der politischen Parteien hinweg, dass das schwieriger wird; viel schwieriger wird. 

Da mutet es etwas merkwürdig an, dass gerade zu diesem Zeitpunkt die Koalition in diesem Land auf die Idee kommt, den Menschen, die sich aktiv an der Demokratie beteiligen wollen, bei ihrer Tätigkeit in Gemeindevertretungen Recht abzusprechen. Denn seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2008 gibt es für die Kommunalparlamente keine Fünf-Prozent-Hürde mehr. Übrigens ist das damals von den Grünen erstritten worden. Die Abgeordnete Fritzen hat in diesem Haus, und dann auch auf dem kleinen Parteitag der Grünen am 23. Februar 2008 die Abschaffung und den Fall der Fünf-Prozent-Hürde als einen wesentlichen Schritt für mehr Demokratie, einen Gewinn für die Demokratie postuliert. Und sie hat mit Sicherheit nicht daran gedacht, dass ungefähr 14 Jahre später eine grüne Landtagsfraktion dafür sorgen will, dass diejenigen, die dann in die Parlamente einziehen, keine Fraktion mehr bilden können, weil sie leider nur noch zu zweit sind. Hier findet etwas statt, was ein echter Anschlag auf die Demokratie in unseren Kommunalparlamenten ist. Hier findet Demokratieabbau statt.

Sie alle wissen, welche Auswirkungen das hätte. Ich sag jetzt mal, im Kreistag von Schleswig-Flensburg würden aus acht Fraktion vier werden, dazu hätte man neun fraktionslose Abgeordnete. In der Bürgerschaft in Lübeck würden ungefähr 25 Prozent der gewählten Mandatsträger zu fraktionslosen Abgeordneten werden. Das ist das Ziel Ihrer Initiative und das wird mit einem Euphemismus bei Ihnen im Antrag umschrieben, der seinesgleichen sucht. Damit sie wissen, was gemeint ist, wenn ich von Euphemismus spreche. Euphemismus bezeichnet beschönigende, verhüllende, mildernde Umschreibungen für ein anstößiges oder unangenehmes Ansinnen. Und genau das steht in Ihrem Antrag drin, wenn Sie da reinschreiben, dass das zur Funktionsfähigkeit und stabilen Mehrheitsfindung in den Kommunalparlamenten erforderlich sei. Die Begründung liegt darin, ich zitiere aus Ihrer Begründung: 'Eine hohe Zahl an Fraktionen führt oftmals zu einer zunehmenden Belastung des kommunalen Ehrenamtes, zum Beispiel im Hinblick auf eine lange Sitzungsdauer der Vertretungen.' 

Demokratie kostet Zeit. Ja, Demokratie kostet auch Auseinandersetzungen und Demokratie kann auch wechselnde Mehrheiten bedeuten, insbesondere in kommunalen Vertretungen. Was Sie hier wollen, ist schlicht und ergreifend nichts, was mit der Funktionsfähigkeit von Kommunalvertretungen zu tun hat. Es ist schlicht die blanke Ausübung von Macht, die Sie in diesen Gremien ausüben wollen. Dass wir uns natürlich auch verfassungsrechtlich mit dieser Frage, liebe Frau Innenministerin, auseinandersetzen werden, das ist Ihnen glaube ich völlig klar. Und wir sind uns einig, dass es nach den vielen Rechtsprechungsthemen, die es dazu gibt, auch verfassungsrechtlich erhebliche Zweifel gibt, ob sowas überhaupt zulässig ist, nachdem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Fünf-Prozent-Hürde ja für ungültig erklärt hat. Die Gleichwertigkeit der Mandat, die gleiche Ausübungsfähigkeit in den Kommunalparlamenten hat Verfassungsrang. Und da kann man nicht einfach daherkommen und sagen, die Fünf-Prozent-Hürde ist zwar gefallen, aber ab wann wir zulassen, dass man über Ausschüsse, über Gemeindevorsteher oder sonstiges mitentscheiden kann, das entscheidet der Landesgesetzgeber möglichst mit einfacher Mehrheit. So einfach werden wir es Ihnen nicht machen. Und das Schlimmste an der ganzen Nummer ist noch, dass Sie jetzt noch auf die Idee kommen, in einem gesetzgeberischen Verfahren, das noch vor der Kommunalwahl im Frühjahr des nächsten Jahres zu einem Ergebnis kommen soll, dieses Ding auch noch durchzupeitschen in einer Art und Weise, wie Sie Ihre Macht ausnutzen wollen. Mit Verlaub, so viel geschmacklose Machtanmaßung habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Ich wünsche mir, dass das nicht stattfindet."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort