„Den Traum von den eigenen vier Wänden haben gerade angesichts der ordentlichen wirtschaftlichen Lage und der künstlich niedrigen Zinsen sehr viele Menschen in unserem Land. Das ist auch gut so.
Leider ist die Erfüllung dieses Traums für viele Bürgerinnen und Bürgern seit einigen Monaten deutlich unwahrscheinlicher geworden. Nicht etwa, weil sich ihre wirtschaftliche Lage verschlechtert hätte, sondern weil der Gesetzgeber ihnen einen Strich durch die Rechnung macht. Wer sich derzeit mit dem Gedanken trägt, ein Eigenheim bauen oder kaufen zu wollen, muss damit rechnen, von seiner Bank trotz eigentlich solider wirtschaftlicher Situation keine Finanzierungszusage mehr zu erhalten. Der profane Grund lautet schlicht und ergreifend „Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung“ - dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist problematisch und hat die Ablehnungsquote erheblich steigen lassen.
Der Reihe nach.
Seit dem 21. März 2016 gilt in Deutschland ein Gesetz, das eine europäische Richtlinie zu Wohnimmobilienkreditverträgen umsetzt. Europaweit sollen neue Standards bei der Vergabe von Immobilienkrediten dazu dienen, Immobilienblasen zu verhindern. Das ist ja angesichts der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt auch im Grundsatz irgendwie nachvollziehbar. Nun allerdings, nach etwa einem halben Jahr, zeigt sich jedoch, dass die Warnungen, die vor allem aus dem Sparkassenbereich kommen, zutreffend sind und der deutsche Gesetzgeber weit über das ursprüngliche Ziel hinausgeschossen ist.
Obwohl man ja nicht immer alles glauben soll, was so in den Zeitungen geschrieben steht, sollte man Meldungen aus der jüngsten Vergangenheit zu diesem Thema ernstnehmen. So heißt es zum Beispiel auf "Focus online":
‚Wegen neuer EU-Richtlinie: Für Tausende Deutsche platzt jetzt der Traum vom Eigenheim‘.
Im "Handelsblatt" titelte man etwas weniger reißerisch:
‚Kampf um den Traum vom Eigenheim‘.
Daraus möchte ich einen kurzen Absatz zitieren:
‚Ein Rentnerehepaar, 72 und 78 Jahre, will sein schuldenfreies Haus altersgerecht umbauen. Dass der Kredit bewilligt wird, da sind sie sich sicher. Das Haus ist schließlich abbezahlt, sie sind ihr Leben lang allen vertraglichen Pflichten nachgekommen. Doch der Kredit wird abgelehnt. Die Gründe: zu niedrige Renten, eine geringe statistische (!) Lebenserwartung – im Ergebnis keine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass sie den Kredit zurückzahlen.‘
In dem Artikel kommen auch Verbraucherschützer mit folgendem Satz zu Wort:
‚Junge Paare mit Kinderwunsch bekommen keine Finanzierung für ein größeres Eigenheim, da der anstehende Mutterschutz das Einkommen der Familie reduzieren würde.‘
An dieser Stelle hat der Gesetzgeber bzw. der zuständige Bundesjustizminister Heiko Maas aus unserer Sicht schlicht und ergreifend einen großen Fehler begangen. Die EU wollte mit dieser Richtlinie Verbraucher vor der Überschuldung und Kreditinstitute vor zu großen Risiken schützen, aber leider hat man dann in Deutschland wieder einmal unnötig draufgesattelt und sich zudem auch noch unklar ausgedrückt, was im Ergebnis kurzerhand zu einer Diskriminierung von sehr vielen Menschen geführt hat. Das darf aus unserer Sicht nicht sein. Deshalb wollen wir die Landesregierung auffordern, sich der Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg, Hessen und Bayern anzuschließen. Die darin unterbreiteten Lösungsvorschläge würden aus unserer Sicht dazu beitragen, die Defizite bei der bisherigen Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie zu beseitigen. Neben der bereits erwähnten Unklarheit über den Begriff „Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung“, sollen weitere Bereiche korrigiert werden. Dazu gehört die erneute Kreditwürdigkeitsprüfung bei Anschlussfinanzierungen und die fehlende Ausnahmeregelung für Immobilienverzehrkredite.
Das Land Schleswig-Holstein kann mit seinem Beitritt zu der Bundesratsinitiative dazu beitragen, dass diese Unsicherheiten und Unklarheiten beseitigt werden. Es sind schließlich nicht nur die Kreditinstitute in Schleswig-Holstein verunsichert, sondern auch viele Menschen, vor allem junge Familien, die der Staat - trotz der hohen Belastung durch Steuern und Abgaben - doch eigentlich immer dazu auffordert, Vermögen zu bilden. Und es sind auch viele ältere Menschen verunsichert, die sich z.B. mit dem Gedanken tragen, zu Hause bauliche Veränderungen durchführen zu lassen, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben zu können.
Wir sind sehr dafür, den Finanzmarkt sinnvoll zu regulieren, und auch wir sind auch dafür, das Risiko von Immobilienblasen zu minimieren, aber hier hat der Gesetzgeber übertrieben, rumgemurkst und wieder einmal die Falschen getroffen.
Unser Bundesland sollte dazu beitragen, dass dies schnellstmöglich korrigiert wird.“