Verkehr/ Infrastrukturgesellschaft

Christopher Vogt: Die Infrastrukturgesellschaft Verkehr ist ein großer Fehler

„Im September 2015 haben wir in diesem Hohen Hause sehr lebhaft über das Thema Bundesautobahngesellschaft debattiert. Die FDP-Fraktion hatte sich damals schon mit einem entsprechenden Antrag für die Beibehaltung der Auftragsverwaltung im Bereich der Bundesstraßen und Bundesfernstraßen durch die Länder ausgesprochen. Wie gespalten die rot-grün-blaue Koalition in dieser wichtigen Frage ist, verdeutlicht die Tatsache, dass man sieben Monate gebraucht hat, um unseren Antrag schließlich abzulehnen. Im Nachhinein waren unsere Bemühungen - bei aller Bescheidenheit - absolut richtig, denn das Ergebnis bzw. die Kröte, die Schleswig-Holstein im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen schlucken musste, ist ziemlich unbekömmlich.

Während das monetär überschaubare Ergebnis von der Staatskanzlei als großer Erfolg verkauft wurde, hat der Beschluss der Regierungschefs beim zuständigen Verkehrsministerium und ganz besonders beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr für blankes Entsetzen und große Verunsicherung gesorgt. Letzteres aus meiner Sicht völlig zu Recht.

Im Rückblick auf die im September 2015 diskutierte Bundesautobahngesellschaft möchte ich aus der Rede des Verkehrsministers zitieren. Herr Minister Meyer sagte:

‚Wir müssen mehr föderales Selbstbewusstsein zeigen und deutlich machen, dass das nicht der richtige Vorschlag ist.

Auch der geschätzte Kollege Kai Vogel von der SPD-Fraktion äußerte sich damals unmissverständlich:

‚Wir lehnen daher einen Wunsch einer Bundesfernstraßengesellschaft ab und wissen die Verkehrsminister der meisten Bundesländer an unserer Seite.‘

Heute müssen wir feststellen, dass der Ministerpräsident seinen Verkehrsminister und auch seine eigene Fraktion sang- und klanglos im Regen stehen gelassen hat. Man kann es nicht anders sagen: Die strategisch wichtige Auftragsverwaltung wurde vom Ministerpräsidenten an den Bund verscherbelt. Dass dieser faule Kompromiss nicht nur föderales Selbstbewusstsein vermissen lässt, sondern auch voreilig und mit falschen Annahmen geschlossen wurde, lässt sich kaum bestreiten.

‚ZEIT Online‘ hat am 21. Oktober in einem bemerkenswerten Artikel mit dem Titel ‚Gabriel täuscht bei Autobahnprivatisierung‘ zu Recht darauf hingewiesen, dass es den vom Bundeswirtschaftsminister und SPD-Bundesvorsitzenden in einer Mail an alle SPD-Mitglieder behaupteten Ausschluss der Privatisierung von Bundesstraßen und Autobahnen gar nicht gibt. Dies bestätigt uns übrigens heute auch noch einmal der Änderungsantrag der Koalition. Denn ansonsten müssten SPD, Grüne und SSW dies ja gar nicht extra fordern.

Der Ministerpräsident sprach nach der Einigung von einer ‚Garantie von Status und Arbeitsort‘ für die Beschäftigten der entsprechenden Landesbehörden, die man in den Verhandlungen mit dem Bund bereits durchgesetzt habe. Wenn ich mir den konkreten Beschluss anschaue, halte ich diese Aussage ebenfalls für sehr gewagt. Und auch sonst gehen die Interpretationen des Beschlusses sehr weit auseinander. Die Koalition spricht in ihrem Änderungsantrag heute lediglich von einer ‚möglichen Aufgabenübertragung‘.

Die Ministerpräsidenten sind aus unserer Sicht dem alten Sparfuchs Wolfgang Schäuble, der die Privatisierung der Bundesautobahnen seit Jahren vorantreibt, gehörig auf den Leim gegangen. Es geht der Bundesregierung ja nicht um eine bessere Verkehrspolitik, sondern um neue Einnahmemöglichkeiten. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Die Autofahrer in Deutschland zahlen schon jetzt über diverse Steuern und Abgaben Jahr für Jahr unfassbar viel Geld an den Staat, der nur einen Bruchteil davon wieder in die Verkehrsinfrastruktur investiert. Und anders als die Union und die Grünen lehnt meine Fraktion eine Bundesautobahngesellschaft auch aus fachlichen Gründen ab. Verkehrsminister Meyer hat doch völlig Recht, wenn er darauf hinweist, dass eine Bundesverwaltung es nicht besser kann. Ich weise da ganz dezent auf den Nord-Ostsee-Kanal und den Rendsburger Kanaltunnel hin.

Der schwammige Beschluss der Regierungschefs vom 14. Oktober war aus unserer Sicht also ein großer Fehler. Die Chefs der Staatskanzleien und die Amtschefs der Verkehrsministerien sind in diesen Tagen damit beschäftigt, die Scherben zusammenzukehren. Es hilft jedoch nichts, denn dieser Beschluss war einfach Murks. Wir geben den Sozialdemokraten heute die Chance, ihr Umfallen in dieser Frage zu korrigieren.“