Verkehr/Autobahngesellschaft

Christopher Vogt: Die Straßenbauverwaltung muss reformiert, und nicht dem Bund überlassen werden

„Der Zustand der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist nicht zufriedenstellend, teilweise sogar besorgniserregend. Das betrifft nicht nur die Verkehrsinfrastruktur von Kommunen und Ländern, sondern auch das Straßennetz des Bundes, für das die Bundesländer die Verwaltung wahrnehmen.

 

Es gibt einen gewaltigen Sanierungsstau, es gibt gerade bei uns in Schleswig-Holstein immer noch einen immensen Ausbaubedarf. Zudem gibt es auch einen großen Reformbedarf, was Verwaltung, Erhalt und Ausbau angeht. Seit Monaten kursiert in den Medien ein neues Modell zur Verwaltung des Straßennetzes des Bundes, nach dem die Autobahnen in einer zentralen, bundesweiten Gesellschaft zusammengefasst werden sollen.

 

Noch in diesem Jahr soll laut Medienberichten ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt werden. Dieses Modell wird interessanterweise vor allem von Vertretern der CDU/CSU und den Grünen propagiert.

 

Ein etwas skurriles Bündnis aus Bundesfinanzministerium, Bundesverkehrsminister Dobrindt, Dr. Anton Hofreiter und Dr. Valerie Wilms auf Bundesebene und Dr. Andreas Tietze und Hans-Jörn Arp auf Landesebene will die Auftragsverwaltung durch die Länder beenden. Ich weiß nicht, ob damit bereits einer zukünftigen Koalition der Weg geebnet werden soll.

 

Interessant ist dabei die unterschiedliche Motivation der Befürworter: Die Union glaubt, dass sie damit mehr Effizienz erreichen kann, die Grünen wollen damit vor allem Neubauprojekte verhindern. Die Grünen wollen zudem kein privates Kapitel einsammeln, die Union möchte immer stärker auf ÖPP-Modelle setzen, was ich in dieser Form für falsch halte. Infrastrukturfinanzierung muss staatliche Kernaufgabe bleiben und es ist auch nicht sinnvoll, die finanziellen Lasten immer mehr auf die Nutzer zu verlagern, die dafür bereits doppelt und dreifach gezahlt haben.

 

Ich kann einen gewissen Frust mit dem bisherigen Modell der Auftragsverwaltung verstehen – erst gestern haben wir hier wohl nicht nur zum gefühlten hundertsten Male über die A20 debattiert.

 

Ich werbe ausdrücklich für Reformen bei der Verwaltung der Autobahnen und Bundesstraßen. Ich verstehe auch, dass Bundespolitiker die Länder durch diesen Vorschlag entmachten wollen. Ich will die propagierte Zentralisierung an dieser Stelle allerdings nicht unterstützen, weil ich nicht Auffassung bin, dass dies gut für Schleswig-Holstein wäre, wenn die Länder keinen Einfluss mehr auf die Autobahnen hätten.

 

Ich warne auch entschieden vor einer fatalen Entdemokratisierung, wenn man eine weitgehend unabhängige Infrastrukturgesellschaft installiert.

 

Wir sollten die Probleme lieber anpacken, anstatt zu kapitulieren. Die CDU-Fraktion sollte an dieser Stelle nicht wie bei der Maut den Fehler begehen und Herrn Dobrindt abermals hinterherlaufen.

 

Der Bund ist leider auch nicht viel besser beim Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, das können wir in Schleswig-Holstein seit vielen Jahren beobachten (Rendsburger Kanaltunnel, Nord-Ostsee-Kanal, Elbe-Lübeck-Kanal).  Der Einfluss des Landes in Berlin ist viel zu gering, um mit diesem Modell Vorteile zu haben. Es bedarf eines klaren Signals des Landtages, auch an die SPD-Bundestagsfraktion.

 

Für ein deutliches Nein im Bundesrat müssen wir eine Allianz mit anderen Bundesländern eingehen. Die Landesverkehrsminister sind zwar dagegen, aber meine Sorge ist, dass die Ministerpräsidenten bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen hier einknicken.

 

Was wir stattdessen brauchen:

 

  • andere finanzpolitische Schwerpunktsetzung auf Bundes- und auch auf Landesebene und höhere Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur;
  • mehr Planungskapazitäten und Professionalisierung des Landesbetriebes (z.B. auch durch bessere Bezahlung, das Land muss beim Werben um Bauingenieure wettbewerbsfähig bleiben);
  • höhere Erstattungen bei den Planungskosten durch den Bund (15 bis 20 statt wie bisher 3%);
  • ein vereinfachtes Planungsrecht, vor allem für Neu- und Ersatzbauten.

 

Die Interessen von Anwohnern, Landeigentümern, Natur und Tieren müssen selbstverständlich angemessen berücksichtigt werden, aber die Prozesse müssen beschleunigt werden!

 

Dazu bedarf es kürzerer Klagewege, grundsätzlich nur eine Instanz (wie jetzt z.B. bei der Rader Hochbrücke), einer stärkeren Lobby in Berlin, einer Allianz der norddeutschen Bundesländer und einer Reform des Bundesverkehrswegeplans.“