„Ende vergangener Woche hat Bundesminister Dobrindt massive Kritik an der Verkehrspolitik von sechs Bundesländern geübt. Darunter war auch Schleswig-Holstein – wie sollte es auch anders sein, wenn hier seit Jahren keine baureifen Projekte vorhanden sind?
Neu ist die Tatsache der fehlenden baureifen Projekte ja nun wirklich nicht. Würde ich zum Zynismus neigen, würde ich sagen: Der Mangel an baureifen Verkehrsprojekten gehört ja fast schon zum Markenkern dieses Bundeslandes. Neu ist jedoch die Deutlichkeit der Kritik an der Verkehrspolitik des Landes von Seiten der Bundesregierung.
Ich sage es wirklich nur sehr ungern über einen CSU-Politiker – und das gilt für diesen ganz besonders – aber die Kritik von Herrn Dobrindt ist leider absolut berechtigt. Wir haben deshalb diese Aktuelle Stunde beantragt – auch um zu klären, ob von der Landesregierung in diesem Bereich noch etwas zu erwarten ist.
Die bisherige Bilanz des Verkehrsministers ist im Bereich der Planung ist nämlich desaströs. Um genau zu sein: Sie ist eine absolute Vollkatastrophe für Schleswig-Holstein. Man kann gar nicht anders, als dem Minister im Bereich der Planung bisher komplettes Versagen zu attestieren. Und man muss gar nicht bösartig sein, um zu diesem Fazit zu kommen.
Insbesondere für das Versagen bei der Realisierung der A20 kann man nun wirklich kein Verständnis mehr aufbringen. Was der BER für Berlin ist, ist die A20 mittlerweile für Schleswig-Holstein – nämlich ein einziges Debakel. Es ist eine wirklich gruselige Mischung aus politischer Blockade und Untätigkeit des zuständigen Ministers.
Unsere Frage an die Landesregierung lautete also: Kommt da noch was? Und siehe da: Zeitungen des SHZ-Verlags von heute melden 30 neue Planerstellen und fünf Millionen Euro für externe Planer.
Donnerwetter, da hat sich der Besuch beim Papst ja doch für das Land gelohnt! – Oder zumindest die Anmeldung der Aktuellen Stunde.
Herr Minister, da drängen sich mir drei Fragen auf: Warum erst jetzt? Und: Ist das nun tatsächlich ernst gemeint oder versucht da nur jemand verzweifelt seinen Job retten? Und auch: Warum soll das bisher eigentlich nicht möglich und notwendig gewesen sein?
Es wurde von Ihnen und Ihrem Staatssekretär ja immer wieder erklärt, zuletzt im gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzausschuss vergangene Woche, dass die Vergabe an Externe kaum noch möglich sei und es auf dem Arbeitsmarkt nun einmal keine entsprechenden Fachkräfte geben würde, die bei Ihnen arbeiten wollen.
Jetzt kommt also der neue Bundesverkehrswegeplan mit – zum Glück – deutlich höheren Investitionen – und Schleswig-Holstein droht wegen der fehlenden Pläne mehr denn je und im erheblichen Maße ein Verschenken von Bundesmitteln, die unserem Bundesland zustehen, an Bayern und andere Bundesländer, die ihre Hausaufgaben gemacht haben. Das muss auf jeden Fall verhindert werden!
Man hat sich beim Abrufen der Bundesmittel bisher mit vielen kleineren Maßnahmen einigermaßen gerettet (Lärmschutz etc.); dies wird in den nächsten Jahren so nicht mehr möglich sein – und das ist ja auch nicht Sinn der Sache. Die Erhöhung der Planungskapazitäten ist also die wichtigste Aufgabe des Verkehrsministers. Wenn man aber erst wenige Monate vor Ablauf seiner fünfjährigen Amtszeit ein Konzept zur Anwerbung von Planern vorlegt, dann hat man seinen Job nicht erledigt!
Wie sieht es bisher bei den Planungskapazitäten im zuständigen Landesbetrieb aus? Seit 2012 – also seit Amtsantritt von Herrn Meyer – hat der Landesstraßenbaubetrieb Jahr für Jahr weniger Planer zur Verfügung. Momentan sind es nur noch 92, die immer mehr Aufgaben zu bewältigen haben. Und wir müssen feststellen: Aktuell ist das Land auf dem Arbeitsmarkt in diesem Bereich nicht wirklich konkurrenzfähig. Die Kommunen, Hamburg, Bund treten in dieser Frage als Konkurrenten auf. Aber vor allem die private Bauwirtschaft angelt sich die jungen Bauingenieure, die in unserem Bundesland lediglich an der Fachhochschule Lübeck ausgebildet werden und dort ihren Bachelor machen, mitunter schon während des Studiums. Das liegt schlicht daran, dass sie viel bessere Bedingungen anbietet als das Land – insbesondere was die Bezahlung angeht.
Dabei liegen die Lösungsvorschläge doch auf der Hand: Andere Standorte, andere Studiengänge (das soll ja jetzt offenbar auch passieren), bessere Bezahlung, dafür ggf. Ausgliederung der Planungsabteilung, mehr Studienplätze z.B. auch an der Fachhochschule Kiel und vor allem die Einbeziehung externer Kräfte.
Bisher wurde auch der Personalabbau im zuständigen Landesbetrieb insgesamt ungebremst fortgesetzt. Unser Antrag dazu wurde von der Koalition abgelehnt. Und dies haben Sie unternommen, obwohl sich die Vorzeichen bzgl. der Aufgaben doch schon länger umgekehrt haben und jedem klar ist, dass dies kontraproduktiv ist.
Minister Meyer war bei seinen Rechtfertigungsversuchen in den vergangenen knapp viereinhalb Jahren um kaum eine Ausrede verlegen. Darin ist er ja wirklich gut. Meistens sollen seine zahlreichen CDU-Amtsvorgänger an allem schuld gewesen sein. Da ist zwar auch was dran. Es zeigt sich aber, dass die Ausreden zusehends schlechter werden, wenn er jetzt – wie am vergangenen Freitag – die unzureichende Kostenerstattung des Bundes als Hauptproblem benennt. Das fand ich hochinteressant!
Vor allem habe ich mich gefragt: Was soll uns dieser Rechtfertigungsversuch sagen? War es in Wirklichkeit gar nicht das Hauptproblem, dass man keine Planer gefunden hat? Liegt es in Wahrheit daran, dass diese Koalition einfach kein zusätzliches Geld für die Planung von Verkehrsprojekten aufwenden wollte? Der gestrige Kabinettbeschluss deutet stark darauf hin.
Das würde bedeuten, dass die Landesregierung dem Landtag und die gesamte schleswig-holsteinische Öffentlichkeit getäuscht hat!
So oder so: Es mangelt seit dem Regierungswechsel offensichtlich an geeigneten Maßnahmen zur Erhöhung der Planungskapazitäten und offenbar auch an dem entsprechenden Durchsetzungsvermögen des Ministers innerhalb des Kabinetts und der Koalition.
Wenn unser Bundesland in den nächsten Jahren nicht in erheblichem Maße Bundesmittel an Bayern und andere süddeutsche Bundesländer verschenken soll, die damit ihren wirtschaftlichen Vorsprung weiter ausbauen werden, braucht Schleswig-Holstein einen Neuanfang in der Verkehrspolitik. Ich befürchte aber, dass dieser Landesregierung dazu der Wille und die Kraft fehlen.
Wir schauen uns die Vorschläge des Ministers jetzt natürlich genau an – sie kommen ja nun wirklich sehr spät. Eigentlich kommt diese Initiative zu kurzfristig vor dem Ende der Wahlperiode, um sie noch ernst nehmen zu können.
Denn klar ist auf jeden Fall: Diese Wahlperiode hat unserem Land in der Verkehrspolitik fünf verlorene Jahre beschert, die sich Schleswig-Holstein gar nicht leisten konnte. Es mangelt dabei nicht an Ankündigungen des Verkehrsministers, es mangelt an entsprechenden Taten dieser Landesregierung. Das ist das Problem!“