Wirtschaft/Mittelstand

Christopher Vogt: Keine Landesregierung hat in so kurzer Zeit so viel neue Bürokratie geschaffen

„Da wir ja bereits im Juli vergangenen Jahres über den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion debattiert hatten, erlaube ich mir, mich auf einige wenige Punkte zu konzentrieren. Zunächst möchte ich betonen, dass wir den größten Teil des Gesetzentwurfes mittragen können, weil dieser im Wesentlichen die Mittelstandspolitik der schwarz-gelben Koalition in der letzten Wahlperiode wiedergibt und dies eine zwar kurze, aber sehr gute Zeit für die vielen kleinen und mittleren Unternehmen in Schleswig-Holstein war.

 

Aber, Herr Kollege Callsen, Ihr Gesetzentwurf ist auch in einigen Punkten eine kleine Mogelpackung. Was die Streichung der gesetzlichen Pflicht zur Veröffentlichung von Vergütungen bei den Sparkassen mit der Entlastung des Mittelstandes in Schleswig-Holstein zu tun haben soll, leuchtet mir nicht ein. Da haben Sie aus meiner Sicht ein wenig gemogelt.

 

Grundsätzlich möchte ich aber anerkennen, dass die CDU-Landtagsfraktion immerhin ordnungspolitisch noch alle Tassen im Schrank hat. Das kann man von der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ja leider nicht mehr behaupten. Die jüngste Einigung zum Thema Equal Pay ist die nächste sozialdemokratische Maßnahme, die von der CDU/CSU ohne große Gegenwehr mitgetragen wird. Das ist wirklich eine dramatische Entwicklung, aber immerhin gibt es dadurch wieder mehr Menschen, die sich wünschen, dass es bald wieder eine starke Kraft der wirtschafts- und finanzpolitischen Vernunft im Deutschen Bundestag gibt. Und das wird ja auch so kommen.

 

Wie gesagt: Viele Punkte aus dem Gesetzentwurf halten auch wir für richtig: Den Grundsatz ‚Privat vor Staat‘, Maßnahmen zum Bürokratieabbau, die Stärkung der dualen Ausbildung, die Verbesserung der Berufsorientierung und des Technologietransfers oder auch die Förderung von Start-Ups. Bei Letzterem muss es vor allem um steuerliche Anreize und Bürokratievermeidung gehen. Wir hatten dem Hohen Hause umfangreiche Vorschläge dazu vorgelegt, leider hat die Koalition diese abgelehnt. Auch die von der CDU-Fraktion vorgeschlagenen Änderungen am Denkmalschutzgesetz und am Naturschutzgesetz halten wir für richtig.

 

Die wirtschaftliche Entwicklung ist in Deutschland und in Schleswig-Holstein zum Glück ja seit einigen Jahren sehr robust. Die Jugendarbeitslosigkeit ist im internationalen Vergleich sehr gering. Das liegt vor allem an der Qualität der dualen Ausbildung. Für das Handwerk sind die künstlich niedrigen Zinsen seit Jahren ein gewaltiges Konjunkturprogramm. Man kann nur hoffen, dass die wirtschaftliche Entwicklung noch lange so positiv bleibt. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die Politik daran denken und sich darauf vorbereiten muss, dass auch wieder andere Zeiten kommen werden. Und wir wissen auch aus der jüngeren Vergangenheit, dass es wirtschaftlich auch sehr schnell steil bergab gehen kann. Deshalb sollte auch die Landespolitik alles Gebotene tun, um den Mittelstand zu entlasten und unnötige bürokratische Belastungen gerade für die kleineren Unternehmen tunlichst vermeiden.

 

Diese Landesregierung hat bisher aber leider das genaue Gegenteil getan. Keine Landesregierung vor ihr hat in so kurzer Zeit so viel neue unnötige Bürokratie geschaffen wie diese. Ich meine damit vor allem das Vergabegesetz und die Regelungen darum herum, aber auch das Mitwirken an anderen Bürokratiemonstern im Bundesrat.

 

Derzeit wird ja das Vergabegesetz durch die Landesregierung evaluiert. Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis und die Maßnahmen, die daraus folgen werden. Die jüngste IHK-Umfrage bestätigt unseren Eindruck, dass sich viele kleinere Unternehmen sich nicht mehr um öffentliche Aufträge bewerben. Glücklicherweise sind diese Unternehmen wegen der guten Konjunktur derzeit auch nicht darauf angewiesen. Allerdings stöhnen die kommunalen Verwaltungen unter dem Aufwand, der weitestgehend verzichtbar ist. Deshalb brauchen wir schnellstmöglich ein mittelstandsfreundliches Vergabegesetz für Schleswig-Holstein.

 

Hinzuzufügen ist, dass dem Land eine vernünftige Ansiedlungsstrategie fehlt – das umfasst zum Beispiel ein gemeinsames Standortmarketing mit Hamburg im Ausland, mehr Gewerbeflächen im ländlichen Raum und im Hamburger Umland oder eine zentralere Steuerung der Ansiedlungen. Hier könnte die Landesregierung noch viel mehr tun, um Schleswig-Holstein wirtschaftspolitisch weiter nach vorne zu bringen.“