Wirtschaft/CETA

Christopher Vogt: Wie steht die Koalition zu CETA?

„Bei der entscheidenden Zukunftsfrage, wie wir unser Wohlstandsniveau dauerhaft sichern können, sind die Aussichten in der jüngsten Vergangenheit leider deutlich düsterer geworden. Wenn wir auf die Türkei schauen, auf Russland, auf Großbritannien und nun auch noch in die USA, dann stellen wir fest, dass es für uns als Exportnation erheblich ungemütlicher wird.

 

Wir haben hier in den letzten Jahren wiederholt über die geplanten Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada debattiert. Nun muss das Abkommen mit den USA nach der Wahl von Donald Trump wohl als beerdigt angesehen werden.

 

Wer hätte das vor einigen Monaten gedacht, dass es ausgerechnet einen US-Republikaner braucht, um der deutschen Linken und Rechten diesen Gefallen zu tun?

 

Wir leben in einer interessanten Zeit. Seitdem ist es auch um das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen auffallend ruhig geworden. Dieses Abkommen galt ja immer als eine Art ‚kleine Schwester‘ von TTIP und wurde – gerade in Deutschland – dementsprechend ebenso hart bekämpft.

           

Ich bin wirklich der Meinung, dass man über alles leidenschaftlich diskutieren kann und auch muss. Aber die Debatte über die geplanten Freihandelsabkommen wurde allzu oft in derart absurder Form – voller Ressentiments und mit einer Welle an Desinformation – geführt, dass ich mich wirklich frage, ob allen Beteiligten noch klar ist, worum es hier eigentlich geht.

 

Das Abkommen liegt nun auf dem Tisch. Es wurde von den Regierungen Kanadas und den Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Es gibt noch eine Reihe an rechtlichen Fragen zu klären, aber ich freue mich wirklich sehr darüber, dass die SPD sich letztlich dafür entschieden hat, dieses Handelsabkommen zu unterstützen.

 

Dafür gibt es ja auch viele gute Gründe: Der Abbau von Handelshemmnissen hilft vor allem kleineren und mittleren Unternehmen, aber natürlich auch den großen Konzernen, wie z.B. der deutschen Autoindustrie. Ich kann daran nichts Negatives finden – ganz im Gegenteil.

 

Und nun einmal Hand aufs Herz: Mit wem sollten wir Europäer ein solches Abkommen schließen, wenn nicht mit einer Musterdemokratie wie Kanada? Es muss doch allen Beteiligten einleuchten, dass kein Land davon so profitieren wie die Exportnation Deutschland.

 

Kurioserweise ist die Ablehnung nirgendwo so groß wie Deutschland. Die Gegner vom linken und rechten politischen Rand haben da ganze Arbeit geleistet. Wenn die sich einig sind, gehen bei mir als Liberalen immer alle Alarmglocken an. Was mir Sorge bereitet, ist nicht die Kritik an einzelnen Punkten des Abkommens.

 

Die haben bei anderen Handelsabkommen zwar niemanden gestört, aber darüber kann man trefflich streiten. Mir macht diese generelle Ablehnung des freien Handels vieler gesellschaftlicher Akteure Sorge und der offenbar tiefverankerte Glaube, dass Protektionismus etwas Gutes sei und den Menschen diene.

 

Es ist noch nicht ganz klar, ob der Bundesrat bei der Ratifizierung von CETA beteiligt werden muss. Das muss das Bundeswirtschaftsministerium des SPD-Kanzlerkandidaten in spe a.D. demnächst entscheiden. Grüne und Linke fordern eine Beteiligung des Bundesrates. Ich bin auch dafür. Als Befürworter des Freihandels hoffe ich, dass dies so kommt.

 

Es geht hier nicht einfach um ein Wirtschaftsabkommen, dass irgendwelche Technokraten ausgehandelt haben. Gerade in diesen politisch bewegten Zeiten geht es hier auch um die Zukunft unseres Wirtschaftsmodells. Wer die liberale Demokratie verteidigen will, sollte erkennen, dass es dabei um die gesellschaftliche, aber auch um die wirtschaftliche Freiheit gehen muss.

 

Man muss nun Farbe bekennen.

 

Den Fraktionsbeschluss der grünen Landtagsfraktion zu CETA aus dem November haben wir selbstverständlich interessiert zur Kenntnis genommen. Das war der Auslöser für unseren Antrag. Eine Abstimmung über einen Antrag der Piraten im Ausschuss wird von der Koalition seit Monaten verhindert.

 

Jetzt müssen sich die Grünen endlich mal entscheiden, wo sie bei dieser entscheidenden Zukunftsfrage stehen wollen: Auf der Seite der wirtschaftspolitischen Vernunft? Bei Winfried Kretschmann und  Joschka Fischer? Oder an der Seite von Donald Trump, Sahra Wagenknecht und Frauke Petry?

 

Der grüne Abgeordnete Voß hat im November erklärt: ‚Die relevanten Argumente gegen CETA haben nichts mit Protektionismus oder Populismus zu tun, sondern mit der berechtigten Sorge um die Demokratie, der Aushöhlung des Rechtsstaates und dem Verlust von lang erstrittenen Standards.‘

 

Aha, wenn es um die wirtschaftliche Freiheit geht, werden die Grünen also zu besorgten Bürgern. Herzlichen Glückwunsch!

 

Bei den großen Neujahrsempfängen in den vergangenen Wochen hat uns der Ministerpräsident bei seinen Exklusiv-Auftritten zum Erstaunen aller Beteiligten erklärt, dass er plötzlich ein großer Wirtschaftsfreund sei. Beim IHK-Neujahrsempfang in Kiel hat Präsident Vater sich vehement für die Ratifizierung von CETA ausgesprochen.

 

Ich habe erfreut zur Kenntnis genommen, dass die anwesenden Vertreter aller drei Regierungsparteien dies mit Applaus quittiert haben.

 

Lassen Sie diesem Applaus heute Taten folgen! Stimmen Sie unserem Antrag zu! Die Wählerinnen und Wähler haben ein Recht darauf, vor der Landtagswahl zu erfahren, was Sache ist.“