Christopher Vogt zu TOP 26b „Dringlichkeitsantrag zum Marineschiffbau“

Fraktionsvorsitzender Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 26b (Dringlichkeitsantrag zum Marineschiffbau) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Mit der Vergabeentscheidung zum MKS 180 sind unsere schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Die Bundesregierung hat dem Industriestandort Schleswig-Holstein massiv geschadet. Das ist ein großer Verlust für die Beschäftigten, nicht nur an den Werften, sondern auch bei den vielen Zuliefererbetrieben, von denen wir gerade hier im Raum Kiel, aber auch im Rest des Landes viele haben. Es werden Steuereinnahmen verloren gehen. Es wird Know-How verloren gehen. Das macht mich wirklich fassungslos. Die europaweite Ausschreibung war natürlich eine Drohung der Bundesregierung in Richtung der deutschen Rüstungsindustrie. Das Problem ist nur, dass das Ergebnis ein Desaster geworden ist. Es hat nicht dazu beigetragen, dass es besser wird, sondern dass es schlechter wird.

Insofern hat die schwarz-rote Bundesregierung unserem Standort einen echten Bärendienst erwiesen. Es ist ein schwerer Schlag für uns als Bundesland und ein fatales Signal. Es ist natürlich auch für unsere europäischen Verbündeten keine Werbung, in Deutschland entsprechende Schiffe zu bestellen, wenn wir selbst den Auftrag in die Niederlande geben. Und ich will auch noch einmal sagen: Natürlich ist es richtig, wenn jetzt endlich der Marine-Überwasserschiffbau zur Schlüsseltechnologie erklärt wird, so wie es im Unterwasserbereich bereits der Fall ist. Allerdings ist die Frage, ob das im Zweifel für unsere Werften nicht schon zu spät ist. Auch im zivilen Bereich kann das wichtig sein für unser Bundesland. Aber ich muss auch noch einmal sagen: Dieser Auftrag ist auch insgesamt mit Blick auf die Bundeswehr problematisch. Ich höre von ranghohen Offizieren, die das besser beurteilen können als ich, dass beim MKS 180 zwei Schiffe zu wenig bestellt wurden für das, was man an militärischen Aufgaben an die Bundesmarine erteilt. Und dass die Schiffe viel zu spät kommen. Deshalb kann ich auch viele Offiziere bei der Marine verstehen, die sagen: Endlich ist zumindest einmal der Auftrag erteilt worden, so schlimm das für den Standort Deutschland sein mag. Und es gibt ja insgesamt ein Problem beim Etat der Bundeswehr. Der muss weiter erhöht werden bei den Herausforderungen, die wir leider international haben. Das Beschaffungswesen der Bundeswehr muss dringend reformiert werden. Es ist ein großes Problem, das dort seit Jahren nichts vorangeht.

Wir sehen ja bei der Diskussion in Deutschland, dass wir in Schleswig-Holstein die Vergabe sehr kritisch sehen. In anderen Bundesländern wird das ganz anders bewertet. Nicht nur die Niederlande profitieren, sondern auch Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Und es gibt ja auch viele, auch Koalitionsabgeordnete in Berlin, die die Vergabe eigentlich ganz toll finden und für richtig halten. Ich wundere mich sehr über die Bundesregierung. Das Erbe von Frau von der Leyen als Verteidigungsministerin ist auch hier problematisch. Die SPD hat eben sehr zackig die Union angegriffen. Ich frage mich allerdings auch, was macht eigentlich die SPD in der Bundesregierung? Die Gewerkschaften kritisieren zurecht nicht nur die Union, sondern auch die Sozialdemokraten. Die Ausschreibung wurde übrigens im Jahr 2015 gestartet. Und der Ministerpräsident hieß damals übrigens nicht Daniel Günther, sondern Torsten Albig. Das gehört zur Wahrheit auch dazu. Und auch in meiner Partei gibt es einen Obmann im Verteidigungsausschuss, der es nicht verstanden hat. Der hat gesagt, dass sei doch eine gute europäische Entscheidung. Das Problem ist nur, dass das Rüstungsgeschäft in dieser Dimension kein echter Wettbewerb ist. Es ist ein hochpolitisches Geschäft. Und europäische Lösungen hin oder her: Europa hat noch nie als Einbahnstraße funktioniert. Das weiß kaum ein Land besser als das unsere.

Und insofern finde ich es falsch, wenn man sagt, die Vergabe sei halt europäisch. Man muss auch sehen, dass wir in Deutschland Werften im Privatbesitz haben. Die Franzosen und andere europäische Nationen haben hin-gegen staatliche Rüstungskonzerne. Wenn wir echten europäischen Wettbewerb haben wollen, so sollten es private Konzerne sein, damit es auch tatsächlich ein Wettbewerb ist und eben kein politisches Geschäft, wo nur jeder an sich denkt. German Naval Yards will jetzt rechtliche Schritte einleiten. Ich hoffe, dass dabei etwas Gutes herauskommt. Wir sehen ja auch bei anderen Vergaben im Bereich der Bundeswehr, dass Anfechtungen sehr oft erfolgreich sind. Das sagt auch viel über das Beschaffungswesen der Bundeswehr aus.

Ich freue mich über den Vorschlag der Gewerkschaften, dass man sich jetzt im Norden zusammentut. Der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister haben bereits mit den Betriebsräten und Gewerkschaften gesprochen. Denn wir brauchen ein breites Bündnis in unserem Bundesland. Wir müssen das Lobbying in Berlin deutlich verstärken. Es wird bald die Vergabe für die Fregatte F127 geben. Das sind zwar etwas kleinere Schiffe, aber auch das ist ein großer Auftrag für die Bundesmarine. Ich glaube, wir müssen zusehen, dass wir uns in Schleswig-Holstein noch stärker, noch lauter aufstellen, damit diese Aufträge in Zukunft zu uns kommen. Damit der Industrie-standort gestärkt wird und damit unser Bundesland noch stärker prosperiert.“