Europa/ Sprachencharta

Dr. Ekkehard Klug: Abwicklung des Bremer Niederdeutsch-Instituts schafft Spielräume

„Der Bericht zur Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen bietet in jeder Legislaturperiode eine willkommene Gelegenheit, sich der besonderen Vielfalt Schleswig-Holsteins bewusst zu machen.

 

Wie in der Präambel der europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen treffend beschrieben, trägt die Verwirklichung ihrer Vorgaben zur ‚Erhaltung und Entwicklung der Traditionen und des kulturellen Reichtums Europas‘ bei.

 

Schleswig-Holstein hat im Bereich der Förderung von Sprache und Kultur von nationalen Minderheiten früh Pionierarbeit geleistet und ein Bewusstsein für diese politischen Aufgaben etabliert. Dazu gehört insbesondere das Verständnis dafür, dass kulturelle und sprachliche Unterschiedlichkeit nicht ein Hemmnis darstellt, sondern vielmehr einen Gewinn für Gesellschaft und Politik bedeutet.

 

Der Sprachenchartabericht 2016 bietet auch die Gelegenheit, an die besondere Stärke einer multikulturellen Gesellschaft zu erinnern und die daraus resultierende Fülle an unterschiedlichen Erfahrungen auf der ‚Habenseite‘ unseres demokratischen Gemeinwesens zu verbuchen.

 

Bei aller grundsätzlichen Übereinstimmung ‚hakt‘ es bisweilen vor allem dann, wenn es um konkrete Fragen der Umsetzung minderheitensprachlicher Ziele geht.

 

Aktuell zeigt die öffentliche Diskussion über die Kündigung des Vertrages über das Institut für niederdeutsche Sprache in Bremen, die alle vier norddeutschen Trägerländer ausgesprochen haben.

 

So, wie sich die Situation mittlerweile darstellt, ist das Vertrauensverhältnis zu maßgeblichen Personen im INS seitens der vier Bundesländer, die die Arbeit des Instituts ja finanzieren, offenbar vollständig zerrüttet.

 

Dies hängt anscheinend vor allem damit zusammen, dass sich die Länder wegen fehlender Information und Einbeziehung bei wesentlichen finanziellen und personellen Entscheidungen in den letzten beiden Jahren quasi ‚ausgebootet‘ gefühlt haben. Allem Anschein nach ist die Sache auch nicht mehr auf einfache Art und Weise zu reparieren.

 

Ich begrüße es sehr nachdrücklich, dass Frau Ministerin Spoorendonk in dieser verfahrenen Lage die Initiative ergreifen und alle schleswig-holsteinsichen Akteure im Bereich Niederdeutsch an einen ‚Runden Tisch‘ einladen will. Dabei wird es auch um die Frage gehen, wie die schleswig-holsteinischen Landesmittel ab 2018 sinnvoll im Sinne einer guten/möglichst besseren Förderung der niederdeutschen Sprache eingesetzt werden können, wenn sie – nach Ablauf der INS-Förderung – für neue Zwecke verfügbar sein werden.

 

Ich denke, wir sollten diese Diskussion seitens des Landtages konstruktiv begleiten.

 

Ich kann mir zum Beispiel gut vorstellen, dass die beiden Niederdeutsch-Zentren in Ratzeburg und Leck in Zukunft durch erhöhte Landesmittel in die Lage versetzt werden, noch mehr als bisher für die Förderung der niederdeutschen Sprache in unserem Bundesland tun zu können.

 

Die Liste der Aktivitäten, die das Bremer Institut beispielsweise nach seinem Jahresbericht 2015 speziell in Schleswig-Holstein durchgeführt hat, ist ja vergleichsweise überschaubar. Insofern bietet die nun anstehende Neu-Konzeptionierung der Niederdeutsch-Förderung auch eine Chance, einen größeren Nutzen für unser eigenes Bundesland zu erreichen.“