Justiz/Personal

Dr. Ekkehard Klug: Die Reform des Strafvollzugs erfordert eine qualifizierte Analyse des Personalbed

„Ein moderner Strafvollzug, der die Resozialisierung fördert und damit Häftlinge besser als bisher auf eine ‚normale‘ Lebensführung ohne Rückkehr zu kriminellen Aktivitäten vorbereitet, ist nicht zum Nulltarif zu haben.

 

Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Reform des Strafvollzuges, der sich gegenwärtig in der parlamentarischen Beratung befindet, erkennt diese Tatsache auch im Prinzip an – er beziffert allein den personellen Mehrbedarf für die kommenden Jahre auf 49 Stellen. Dieser Ansatz ist jedoch – mit sehr großer Wahrscheinlichkeit – unzureichend.

 

Im Verlauf der Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss ist nach Überzeugung der FDP-Fraktion deutlich geworden, dass der tatsächliche Mehraufwand wesentlich höher liegt. Dies bedeutet: Entweder geht die Einführung neuer Ansprüche, die die Häftlinge nach dem Gesetz mit Recht – etwa im Sinne eines ‚familienorientierten‘ Vollzugs nach skandinavischem Vorbild – einfordern können, auf Kosten der Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter, oder das Gesetz wird sich als Schimäre erweisen, weil seine Ansprüche in der Realität nicht eingelöst werden können.

 

Bereits die derzeitige Personalsituation in den Justizvollzugsanstalten unseres Landes ist prekär. In der JVA Lübeck liegt der Krankenstand bei bis zu einem Achtel der Bediensteten – zwischen 30 und 40 von insgesamt 322 Beschäftigten. Erhebliche Zusatzbelastungen im Zusammenhang mit aktuellen Aufgaben, etwa im Zusammenhang im laufenden Gerichtsverfahren wie dem ‚Pfandhausraub-Prozess‘ in Schleswig – kommen hinzu. Auch deshalb hat es im Laufe dieses Jahres in Lübeck in beiden Häusern des geschlossenen Vollzugs 16 Mal bzw. 21 Mal für die Häftlinge keinen Aufschluss gegeben.

 

Das vom Justizministerium initiierte ‚Betriebliche Gesundheitsmanagement‘ hat z.B. für den Bereich der JVA Lübeck ergeben, dass bei 45 Prozent der Bediensteten die Arbeitsanforderungen einerseits und die persönliche Arbeits- und Leistungsfähigkeit sich dauerhaft nicht mehr in der notwendigen Balance befinden. Die ‚Arbeitsbewältigungsfähigkeit‘ ist daher nach den Ergebnissen dieser Überprüfung ernsthaft gefährdet.

 

Die FDP-Fraktion fordert daher eine externe Analyse des Personalbedarfs in den schleswig-holsteinischen Justizvollzugsanstalten.

 

Dabei soll einerseits der aktuelle Personalbedarf ermittelt werden, andererseits aber auch die Bedarfe, die sich aus der angestrebten Reform des Strafvollzugs ergeben.

 

Eine solche Analyse ist unerlässlich, wenn wir in Schleswig-Holstein eine realistische, ehrliche und sachgerechte Einschätzung dessen erlangen wollen, was für die Aufgaben in unseren Justizvollzugsanstalten nötig ist, und erst recht, welche Voraussetzungen für die angestrebte Modernisierung des Strafvollzuges gegeben sind.

 

Eine solche Analyse zu verweigern, käme in diesem Bereich einem landespolitischen Blindflug gleich. Ohne eine solche Analyse wäre angesichts der beschriebenen Probleme völlig klar, dass die ‚Küstenkoalition‘ ihre Reformpolitik ohne jegliche Bodenhaftung betreibt.

 

Die Reform des Strafvollzugs erfordert eine qualifizierte Analyse des damit zusammenhängenden Personalbedarfs.“