„Nach Ansicht der FDP-Fraktion ist es unabdingbar, die Ausstattung der Polizei zu erweitern und sie neuen Herausforderungen anzupassen. Das gilt für die Auseinandersetzung mit dem Problem der Organisierten Kriminalität, vor allem aber für die Terrorabwehr.
Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat bereits im vorigen Jahr in einem Interview mit der WELT vom 06.03.2015 folgendes erklärt:
‚[...] Die Welt: Stimmen Sie Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu, der Sicherheitslücken bei der Anti-Terror-Abwehr sieht?
Lewentz: Seit Paris ist klar: Die Polizei hat es mit einem völlig neuen Tätertyp zu tun. Dieser verübt Anschläge mit Kriegswaffen, ist daran gut ausgebildet und sehr erfahren. Außerdem geht er extrem kaltblütig vor. Die Bereitschaftspolizeien der Länder sind dagegen noch nicht optimal gewappnet. Sie benötigen beispielsweise mehr und bessere schusssichere Westen, die etwa Kalaschnikows standhalten. Außerdem sind mehr gepanzerte Fahrzeuge nötig, um Polizisten sicher zum Anschlagsort transportieren zu können. Die Polizei braucht auch schwere Waffen, die auf längere Distanz schießen können.‘
Bei einem Besuch in Eutin bei der PD AFB haben wir u.a. Gespräche mit Angehörigen der dortigen Einsatzhundertschaft geführt, und was dort zu hören war, ist eindeutig:
Mit Angreifern, die mit Schnellfeuergewehren wie etwa jenen vom Typ Kalaschnikow ausgerüstet sind, könne man derzeit weder hinsichtlich der Bewaffnung noch im Hinblick auf vorhandene Schutzausrüstung mithalten. Gegen Schüsse aus solchen Waffen kann nur eine Ausrüstung der Schutzklasse 4 helfen, zum Beispiel Überziehwesten mit Kevlar-Einlagen.
Aus diesem Befund ist dann meine Kleine Anfrage Drucksache 18/4290 und die shz-Berichterstattung vom 24. Juni hervorgegangen, in der ich auf die uns geschilderten Defizite in der Ausrüstung der schleswig-holsteinischen Landespolizei hingewiesen habe. Auch die Gewerkschaft der Polizei hat in diesem Sinne einige Forderungen erhoben, die auch den Personalbereich betreffen:
- Die Schutzausrüstung für die Beamtinnen und Beamten ist weiter zu personalisieren; die Schutzklassen sind dabei anzupassen;
- Bewaffnung und Munition sind nach bundeseinheitlichen Maßstäben vorzunehmen;
- es muss ausreichend Personal für Observationsarbeit bereitgestellt werden;
- das erforderliche Personal braucht eine angemessene sprachliche und kulturelle Ausbildung. Dies ist gerade im Hinblick auf Telefonüberwachung und Videoauswertung wichtig. Kräfte, die für Terrorlagen eingesetzt werden sollen, müssen dafür kontinuierlich ausgebildet werden und ausgestattet sein.
Hinsichtlich der Ausrüstungsfragen sind die ersten vier Spiegelstriche im CDU-Antrag daher nach meiner Ansicht auch sinnvoll. Den letzten Spiegelstrich lehnen wir dagegen ab, weil er die Vorratsdatenspeicherung betrifft. Eine anlasslose, massenhafte Speicherung von Vorratsdaten ist nicht nur ein unverhältnismäßiger Eingriff in Bürgerrechte. Sie leistet offensichtlich auch keinen Beitrag zur Verhinderung von Anschlägen - in Frankreich ist sie seit langem gesetzlich geregelt; erkennbaren Nutzen hatte sie dort nicht. Wo es sie gibt, können sich Täter darauf einstellen. Erhebung und Auswertung der Daten erfordert Personal, das dann für erfolgversprechendere Ermittlungsansätze nicht zur Verfügung steht. Der Ruf nach solchen Gesetzesänderung dient nur als Alibi für fehlende Schritte zu einer besseren personellen und sächlichen Ausstattung der Polizei und der Nachrichtendienste.
Den Gesetzentwurf zur Schaffung eines gemeinsamen norddeutschen Telekommunikations-Überwachungszentrums lehnen wir auch deshalb ab, weil es für die Vorratsdatenspeicherung genutzt werden kann.
Andere Partnerländer behalten sich dies ausdrücklich vor, weshalb diese Unterstützung auch im Staatsvertrag abzubilden ist, der für alle Partner einen identischen Text vorsieht. Insofern ist die Aussage der Landesregierung, Verkehrsdatenabfragen sollten nicht erhoben werden, aus unserer Sicht nicht ausreichend. Diese Entscheidung könnte jederzeit einkassiert werden, ohne dass der Landtag noch einmal zu beteiligen wäre.
Der Antrag der Koalitionsfraktionen enthält gleichermaßen Teile, die aus unserer Sicht positiv zu bewerten sind, vor allem die Ablehnung einer sogenannten ‚Wachpolizei‘.
Der Polizeiberuf ist mehr denn je mit erhöhten Anforderungen verbunden und setzt daher eine gründliche Ausbildung voraus. Hoheitliche Aufgaben durch Personal mit Kurz-Ausbildung ausüben zu lassen, kann nicht sinnvoll sein.
Es führt kein Weg daran vorbei, die Personalstärke der Landespolizei in den kommenden Jahren kontinuierlich zu erhöhen und dafür durch höhere Ausbildungszahlen die nötige Voraussetzung zu schaffen. Inwieweit die ausgebildeten Polizeikräfte z.B. in administrativen Bereichen durch Tarifkräfte entlastet werden können, sollte dabei ebenfalls geprüft werden, zumal dies derzeit die einzige Chance ist, um mehr Beamtinnen und Beamte der Landespolizei für originäre Polizeiaufgaben einsetzen zu können.
Unser ‚Ceterum censeo‘ lautet im Übrigen: Schleswig-Holstein braucht eine zusätzliche Einsatzhundertschaft. Deren Schaffung entlastet auch die Polizeireviere und -stationen vor Ort in den Städten des Landes: Derzeit wird nämlich sehr oft aus den einzelnen Polizeirevieren Personal abgezogen, um ad hoc für diverse Sonderaufgaben eine weitere, kurzfristig zusammengestellte Einheiten bereitzustellen. Das behindert die Handlungsfähigkeit bei der Arbeit vor Ort massiv, während andererseits die ad hoc gebildeten Hundertschaften ohne vorheriges kontinuierliches Training in der Praxis nur einen kleinen Bruchteil dessen leisten können, was eine echte Einsatzhundertschaft kann!“