„Der vorliegende Antrag der Piraten-Fraktion zielt darauf ab, den Pfeifenbläserschutz wesentlich auszuweiten. Der Antrag enthält acht Unterabschnitte zu unterschiedlichen Aspekten des Themas.
Bevor ich auf einzelne Punkte eingehe, möchte meinen generellen Eindruck skizzieren:
Der Antrag ‚atmet‘ das heute Nachmittag auch bereits in einer früheren Debatte durch Herrn Kollegen Breyer dargelegte ‚Robin-Hood-Selbstverständnis‘ unserer hiesigen Piraten-Crew.
Danach sind ‚Whistleblower‘ (also zu deutsch: Pfeifenbläser) die großen Helden unser Zeit, und jeder kleine Pirat möchte nur zu gern dem großen Edward Snowden nacheifern.
Ein so geartetes Selbstverständnis hat allerdings das Manko, dass es immer auch haarscharf am Übel der Selbstgerechtigkeit und Selbstbeweihräucherung vorbeischrammt – und diese Grenze unter Umständen auch souverän überschreitet.
So werden Heldengeschichten konzipiert, wie sie von Joseph Campbell einst auch in seiner wegweisenden Monografie über ‚kreative Mythologie‘ – ‚The Masks of God‘ – beschrieben worden sind – die ja nicht zuletzt auch George Lucas und Steven Spielberg seinerzeit zu wegweisenden Schöpfungen zeitgenössischer Trivial-Kultur inspiriert haben.
Ausgehend von den in der Aufklärung konzipierten Maximen vernunftgesteuerter Politik wird man allerdings hier auch einige kritische Fragen stellen dürfen.
Der entscheidende Punkt ist doch: Wie erreicht man am Ende in der Frage, wer nun eigentlich der Held ist und wer womöglich der Schuft, eine fundierte, d.h. begründete und im Recht verankerte Unterscheidung?
Klar ist: Diese Aufgabe kann in einem Rechtsstaat allein bei einer Instanz liegen, nämlich der Judikative. Nur sie kann entscheiden, was ein zutreffender Hinweis auf eine Rechtsverletzung war oder ist – beziehungsweise: welche Anschuldigung sich unter Umständen als falsch herausstellt und somit eher in den Bereich von Verleumdung, übler Nachrede, politischem Mobbing und ähnlicher unappetitlicher Erscheinungen fällt. Bei gekonntem Timing kann es sich beim ‚Whistleblowing‘ eventuell auch um Wählertäuschung bzw. um Wahlbeeinflussung handeln – wie wir ja zuletzt im Präsidentschaftswahlkampf der USA sehen konnten.
Man muss also aufpassen, bei dieser Sache nicht ‚blauäugig‘ der Heldengeschichte zu vertrauen, sondern sollte immer auch das Wirken der ‚dunklen Seite der Macht‘ im Blick halten.
Generell halte ich es für sehr problematisch, neben den in unserem Rechtsstaat mit der Untersuchung von Gesetzesübertretungen beauftragten Organen weitere, besondere Instanzen zu schaffen, die hierfür eingesetzt werden.
Andererseits sollte aber durchaus geprüft werden, inwiefern die Situation für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die Rechtsverstöße bekannt machen, verbessert werden kann.
Wahr ist allerdings auch, dass es z.B. eine Anzeigepflicht bei Korruptionsstraftaten und schweren Straftagen auch heute bereits gibt und dass im Übrigen auch der Versuch einer internen Klärung jederzeit möglich ist.
Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen entfällt die dienstliche Verschwiegenheitspflicht, wenn ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Korruptionsstraftat angezeigt wird; auch die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen, werden durch die Verschwiegenheitsregelungen des Dienstrechts bzw. der Arbeitsverträge nicht außer Kraft gesetzt.“