Jan Marcus Rossa zu TOP 17+27 „Personalstrategie für den Justizvollzug“

Abgeordneter Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 17+27 (Langfristige Personalstrategie für den Justizvollzug und Funktionelle Zuständigkeiten in der Justiz neu regeln) erklärt der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Die Vorgängerregierung hat uns ja die eine oder andere Baustelle hinter-lassen, um die wir uns kümmern müssen. Eine der herausforderndsten Auf-gaben ist die Personalsituation in unseren Justizvollzugsanstalten gewesen.

Erinnern wir uns: Die sogenannte Küstenkoalition hatte mit großem Eifer eine Reform des Justizvollzugsgesetzes vorgenommen. Viele neue, zusätzliche Aufgaben wurden gesetzlich geschaffen, um den Justizvollzug zu verbessern, um insbesondere für eine bessere Reintegration und Resozialisierung von Strafgefangenen zu sorgen. Die Ziele waren durchaus nobel und richtig. Allerdings wollte man sich nicht mit den Folgen der Justizvollzugsreform ernsthaft befassen. Mehr Aufgaben im Strafvollzug führen natürlich zu einem höheren Personalbedarf. Das ist ignoriert worden, obwohl in den damaligen Debatten auf genau dieses Personalproblem immer wieder hin-gewiesen wurde. Es ist schon erstaunlich, dass eine Landesregierung die Aufgaben im Justizvollzug deutlich ausweitet, aber kein Konzept hat, mit welchem Personal diese Aufgaben erfüllt werden sollen. Eine Personalbedarfsanalyse hätte schon damals 2015/2016 nahegelegen! Fehlanzeige. Ein entsprechender Antrag meines Vorgängers Dr. Ekkehard Klug wurde mit den Stimmen der Küstenkoalition abgelehnt und die Begründung der damaligen Justizministerin ist ein deutlicher Beleg für die Ignoranz gegenüber den zusätzlichen Belastungen, die man dem Personal in den Justizvollzugs-anstalten zumutete, weil man den Personalbestand nicht erhöhte.

Das Ergebnis der Personalbedarfsanalyse, die uns heute vorliegt, bestätigt die Befürchtungen, auf die unsere Fraktion schon in der letzten Legislaturperiode mit Nachdruck hingewiesen hatte. Zusätzliche Aufgaben schaffen, ohne für das notwendige Personal zu sorgen, ohne das erforderliche Personal überhaupt zu ermitteln, das ist in hohem Maße verantwortungs- und sogar rücksichtslos. Insofern war der Regierungswechsel im Mai 2017 auch für die Vollzugsbeamten ein Segen. Wir schrieben die Notwendigkeit einer Personalbedarfsanalyse im Koalitionsvertrag fest und wissen seit Anfang des Jahres: In unserem Land fehlen tatsächlich 85 Stellen, damit unsere Justizvollzugsanstalten die an sie gestellten Aufgaben auch wirklich erfüllen können. Wir danken der Justizministerin, dass mit großer Sorgfalt der tatsächliche Personalbedarf ermittelt wurde. Wir danken aber auch der Landesregierung insgesamt, dass sie dem Stellenaufbau zustimmte und umgehend entschieden hat, dass diese Stellen in die Eckwerte für 2021 einfließen werden. Das ist ein großartiges Signal für unsere Vollzugsbeamten, denn damit ist sichergestellt, dass der zusätzliche Stellenbedarf am Ende nicht an den Finanzen scheitern wird. Jamaika ergreift also die seit langem notwendigen Maßnahmen, um die überobligatorische Inanspruchnahme von Beamten im Justizvollzug zu beenden.

Aber damit sind die Personalprobleme im Justizvollzug keineswegs gelöst. Das Justizministerium steht vor der großen Herausforderung, auch für das Personal zu sorgen, um die Stellen dauerhaft zu besetzen. Die Personalgewinnung im Justizvollzug ist ja schon heute nicht trivial. Es braucht Menschen mit einer gestandenen Persönlichkeit und einem hohen Maß an Lebenserfahrung. In der Regel sollen Anwärter bereits eine Ausbildung abgeschlossen und Berufserfahrung haben. Es müssen also Menschen zu einem Berufswechsel und zu einer weiteren Ausbildung bewegt werden, die bereits erfolgreich im Berufsleben stehen. Das war schon in der Vergangenheit nicht einfach und wird vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des damit verbundenen Fachkräftemangels noch viel schwieriger. Ein erster richtiger Schritt ist gewesen, dass unsere Landesregierung in Boostedt zusätzliche Ausbildungskapazitäten geschaffen hat.

Wir brauchen aber auch eine darüber hinausgehende, langfristige Personal-strategie, die insbesondere die Personalgewinnung in den Blick nimmt. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, dürfen nicht unterschätzt werden und deshalb bitten wir die Landesregierung, schon heute mit der Entwicklung einer langfristigen Personalstrategie zu beginnen, um die Herausforderungen der Zukunft bewältigen zu können. Denn was nützen uns ausfinanzierte Stellen, wenn wir nicht das Personal haben, um sie zu besetzen. Aber auch hier gilt: Problem erkannt – Problem gebannt. Anders als die Vorgängerregierung wird unsere Landesregierung ihre Augen vor diesen Herausforderungen nicht verschließen, sondern für Lösungen sorgen.“