Jan Marcus Rossa zu TOP 18 „Containern legalisieren“

Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 18 (Containern legalisieren) erklärt der rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Der Antrag des SSW macht wieder einmal deutlich, dass man nicht versuchen sollte, Dinge zu vermischen, die einfach nicht zusammenpassen. Eine Straflosigkeit des Einsammelns von weggeworfenen Lebensmitteln aus Abfallcontainern des Lebensmittelhandels ändert doch an der zu Recht kritisierten Lebensmittelverschwendung nichts. Wir sollten uns nichts vormachen. Wir werden der Lebensmittelverschwendung insbesondere im Einzelhandel nicht entgegenwirken, indem wir das Containern legalisieren. Das ist Augenwischerei.

Um es einmal ganz deutlich voranzustellen: Wir sind uns mit dem SSW durchaus einig, dass die Lebensmittelverschwendung in unserem Land ein nicht mehr akzeptables Ausmaß angenommen hat, das wir guten Gewissens nicht mehr hinnehmen können. Es gibt Schätzungen, wonach 20 Prozent aller Lebensmittel in der EU weggeworfen werden. Es ist daher geboten, dass sich die Politik Strategien und Lösungen überlegt, wie wir diesem Problem künftig wirksam entgegenwirken können. Und es ist sicherlich auch sinnvoll, auf Erfahrungen zurückzugreifen, die andere europäische Länder mit ihren Lösungsansätzen bereits gemacht haben. Deshalb wollen wir prüfen, ob Lösungsansätze, wie wir sie aus Frankreich und Tschechien oder Italien kennen, auch in Deutschland funktionieren, um beim Einzelhandel ein Bewusstsein zu schärfen, wie wir künftig sorgsamer mit Lebensmitteln umgehen wollen. Frankreich und Tschechien haben sich entschieden, Supermärkte zu verpflichten, unverkaufte Lebensmittel an Wohltätigkeitsorganisationen weiterzugeben. Bei Verstößen gegen diese Verpflichtung drohen in Frankreich milde (max. 3.750 Euro), in Tschechien dagegen durchaus drakonische Strafen (max. 390.000 Euro). Italien dagegen hat sich entschieden, Steuererleichterungen zu gewähren, wenn weniger Lebensmittel weggeschmissen werden, weil sie an Wohlfahrtsorganisationen gespendet werden. 

Mir als Freiem Demokraten ist natürlich der liberalere Lösungsansatz Italiens lieber, denn hier entscheidet weiterhin der Eigentümer, wie mit seinem Eigentum verfahren werden soll. Bereits heute können wir feststellen, dass die vom SSW vorgeschlagene Lösung der falsche Weg ist, den wir meines Erachtens nicht weiter verfolgen sollten. Das Legalisieren des Containerns ist zum einen kein effektives Instrument, um der Lebensmittelverschwendung in unserem Land entgegenzuwirken. Zum anderen ist es ein nur schwer zu rechtfertigender Eingriff in unsere Eigentumsordnung und es gibt mildere Mittel, wie das Beispiel Italiens zeigt, der Lebensmittelverschwendung gemeinsam mit dem Lebensmittelhandel entgegenzuwirken.

Lieber Kollege Harms, es ist ja richtig, dass das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, den Bereich des strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Ihre Schlussfolgerung aber, deshalb könne hier schnell eine Gesetzesänderung beschlossen werden, teile ich nicht. Die Legalisierung des Containerns wäre ohne Frage ein Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und würde im Ergebnis wie eine Enteignung wirken, da das Eigentum in Teilbereichen nicht mehr durch das Strafrecht geschützt wäre. Jeder Grundrechtseingriff bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung und der Eingriff muss stets verhältnismäßig sein. Daran ändert auch die Sozialbindung des Eigentums nichts. Da der Gesetzgeber an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden ist, müssen wir diese Grundprinzipien des Verfassungsrechts auch hier beachten.

Es ist aus den eingangs dargelegten Gründen schon fraglich, ob die Legalisierung des Containerns geeignet ist, der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Entscheidender ist aber, dass die von Ihnen vorgeschlagene Maßnahme ganz offenkundig nicht das mildeste Mittel ist, um ein durchaus legitimes Ziel zu erreichen. Und genau hier liegt die verfassungsrechtliche Problematik Ihres Lösungsansatzes. Das italienische Modell ist im Hinblick auf die Intensität des Eingriffs sicherlich ein milderes Mittel, um das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung zu verringern. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam prüfen, ob die Lösungsansätze in anderen EU-Ländern nicht wirkungsvoller und vor allem weniger grundrechtsintensiv sind. Je weniger der Staat in die Grundrechte eingreift, desto besser. Und dann haben Sie auch die Zustimmung der Freien Demokraten.

Nun noch eine Anmerkung zum Schluss. Lieber Kollege Harms, Sie verweisen ja üblicherweise so gern auf die Vorzüge politischer Lösungen in Dänemark. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten sich auch in diesem Fall an unserem Nachbarland orientiert, das wohl in Europa Spitzenreiter beim Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ist und trotzdem den liberalsten Lösungsansatz gewählt hat. Die Dänen brauchten kein Gesetz oder staatliche Initiativen, sondern es genügte Bürgerengagement.“