Jan Marcus Rossa zu TOP 25 „Schnelle Hilfe für Geflüchtete an den EU-Außengrenzen“

Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 25 (Schnelle Hilfe für Geflüchtete an den EU-Außengrenzen) erklärt der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Es ist schon frustrierend, dass wir uns hier immer wieder mit denselben Themen beschäftigen und immer wieder auf dieselben Probleme aufmerksam machen müssen, ohne dass wir an diesen Missständen unmittelbar etwas ändern können. Das Schicksal von Geflüchteten in der EU liegt nun einmal zunächst in den Händen der Länder, in die sie zuerst eingereist sind. Die Zustände in den Aufnahmelagern Moria in Griechenland oder Lipa in Bosnien-Herzegowina sind indiskutabel und die Tatsache, dass hier bis heute keine Abhilfe geschaffen wurde, ist inhuman und inakzeptabel. Es ist zutiefst frustrierend, dass sich die Lage dort seit unserer letzten Debatte im September 2020 sogar noch verschlimmert haben dürfte. Darin dürften wir uns fraktionsübergreifend einig sein.

Aber wir müssen uns doch auch die Frage stellen, was Anträge wie die der SPD-Fraktion wirklich bringen. Die SPD fordert die Ausweitung humanitärer Hilfen vor Ort. Richtig, da sind wir uns einig. Aber die Landesregierung ist doch der falsche Adressat. Wenn die EU nicht für humanitär akzeptable Lebensbedingungen in den Aufnahmelagern sorgen kann, dann ist die Bundesregierung gefordert, hier ihren Einfluss auszuüben, Druck zu machen, damit es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, sondern den Worten auch Taten folgen. Hier sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, Ihren Einfluss auf die Bundesregierung und die Spitzen der SPD im Bund nutzen, damit die Bundesregierung in Bewegung kommt. Die Möglichkeiten der Landesregierung sind doch außerordentlich limitiert, werden aber trotzdem ausgeschöpft, wenn es darum geht, die Lebensbedingungen von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen nachhaltig zu verbessern und Menschen in Not Schutz zu gewähren. Und ich muss nicht wiederholen, was Schleswig-Holstein heute schon unternimmt, um diesen in Not geratenen Menschen zu helfen.

Ein erheblicher Teil Ihrer Forderungen allerdings ist nicht praxistauglich. Es müssen andere Wege beschritten werden und das macht unsere Landesregierung bereits. Wir wissen und sind dankbar dafür, dass sich zahlreiche Kommunen bereit erklärt haben, Menschen in Not aufzunehmen. Sie übersehen aber, dass diese Menschen erst einmal Schleswig-Holstein durch den Bund zugewiesen werden müssen. Sie machen hier den zweiten vor dem ersten Schritt. Unsere Landesregierung hat sofort und bis heute der Bundesregierung angeboten, Menschen in Not aufzunehmen, und zwar im Notfall auch über den Königsteiner Schlüssel hinaus und unabhängig von einer Gesamtaufnahmezusage. Dazu war unsere Landesregierung nur in der Lage, weil so viele Städte, Gemeinden und Kreise ihre Aufnahmebereitschaft signalisiert hatten. Lassen Sie uns die Maßnahmen ergreifen, die wir beeinflussen können und machen Sie Ihren Einfluss im Bund bei Ihren Parteifreunden geltend, die Regierungsverantwortung haben.

Sie sprechen aber am Ende Ihres Antrags einen Aspekt an, auf den ich auch noch einmal eingehen möchte, weil ich die Problematik der sogenannten Pushbacks ebenfalls als außerordentlich problematisch ansehe. Leider erwecken Sie mit Ihrer Wortwahl den Eindruck, das Pushbacks generell illegal seien, Menschenrechte verletzen und gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen. Das ist, wie wir seit Mitte Februar 2020 wissen, allerdings nicht die ganze Wahrheit. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat damals klargestellt, dass Pushbacks zulässig und rechtmäßig sein können, wenn zum einen das Einreiseland eine legale Möglichkeit zum Grenzübertritt bereitgestellt hat und zum anderen keine zwingenden Gründe für das illegale Überschreiten der Grenze ersichtlich sind.

Ich habe durchaus Zweifel, dass diese Voraussetzungen für Zurückweisungen tatsächlich in den bekanntgewordenen Fällen vorlagen. Ich tue mich aber schwer mit Vorverurteilungen. Soweit ich informiert bin, werden die Vorfälle durch die EU untersucht. Sollten sich die Zurückweisungen als rechtswidrig herausstellen, dann werde auch ich das Fehlverhalten und die Rechtsverstöße aufs Schärfste verurteilen. Aber vor einer Verurteilung steht die Aufklärung und das darf auch Frontex von uns erwarten. Deshalb sollten wir das Ergebnis der Untersuchungen zunächst einmal abwarten.“

Es gilt das gesprochene Wort!