Jan Marcus Rossa zu TOP 27 "Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik"

innen und recht

In seiner Rede zu TOP 27 (Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik auch in der Gesetzgebung zur Abschiebungshaft erhalten) erklärt der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

,,Sowohl der heutige Antrag als auch die jüngste Debatte um das Abschiebehaftvollzugsgesetz entlarven die Scheinheiligkeit der SPD eindrucksvoll.

Und es wir wieder einmal deutlich, dass die SPD ihren Trennungsschmerz, unter dem sie seit Mai 2017 offenbar leidet, immer noch nicht überwunden hat. Sie haben ihrem ehemaligen Koalitionspartner immer noch nicht den Seitenwechsel verziehen. Dafür habe ich sogar Verständnis, denn mit dem Verlust der Regierungsverantwortung ist ja auch ein Bedeutungsverlust einhergegangen und die Oppositionsrolle mag Ihnen nicht gefallen. Sie sollten Sie aber mit Anstand ausfüllen und daran fehlt es bei Ihnen in der Debatte um die Abschiebehaft in Schleswig-Holstein.

Sie versuchen den wahrheitswidrigen Eindruck zu erwecken, dass die Jamaika-Koalition quasi jeden Ausreisepflichtigen in Abschiebehaft nehmen wolle, um Rückführungen zu erzwingen. Mit Verlaub: Das ist völliger Unsinn und entbehrt jeder Grundlage und Ihre unlauteren Motive sind leicht zu enttarnen. Sie versuchen den ebenfalls wahrheitswidrigen Eindruck zu erwecken, die Jamaika-Koalition wolle Minderjährige und Familien mit Kindern in der Abschiebehaftvollzugseinrichtung einsperren. Allein der Versuch, einen solchen Eindruck zu erwecken, ist unredlich, perfide und durch nichts zu rechtfertigen.

Die Art und Weise, wie Sie diese Debatte führen, in der Sie Tatsachen verdrehen und Unwahrheiten verbreiten, zwingt mich, den Umgang mit der Abschiebehaft durch die Jamaika-Koalition mit dem Regierungshandeln der Albig-Regierung zu vergleichen. Ich erinnere daran, dass der Flüchtlingsrat der

Albig-Regierung vorwarf, in Rendsburg ein ,Wilhelminisches Zuchthaus` zu betreiben. Ein vergleichbar drastischer Vorwurf ist uns von dort nicht gemacht worden. Ihre Regierung war es, die erst durch den Europäischen Gerichtshof auf den Pfad der Tugend geführt werden musste, weil Sie die Haftbedingungen in Rendsburg auch noch im Jahr 2014 nicht europarechtskonform ausgestaltet hatten. Ich möchte auch daran erinnern, dass es Ihre Landesregierung war, die 2014 entschied, Abschiebehaft künftig nur noch in anderen Bundesländern wie Brandenburg und Nordrhein-Westfalen zu vollstrecken. Nennen Sie das human, wenn Sie Flüchtlinge vor ihrer Abschiebung durch ganz Deutschland verschicken?

Auch bei der Frage der Inhaftierung von Minderjährigen agieren Sie unredlich. Niemand in dieser Koalition will Minderjährige in Haft nehmen. Wir schaffen in Schleswig-Holstein auch nicht die rechtliche Grundlage für eine Inhaftierung. Das ist Bundesrecht und darauf wurden Sie in einer früheren Debatte von meinem Fraktionsvorsitzenden hingewiesen. Mit einer gewissen Zeitverzögerung haben Sie das dann auch verstanden. Aber auch mit dem heutigen Antrag springen Sie zu kurz, denn Sie müssen sich fragen lassen, wo Ihre Initiative auf Bundesebene ist, um die Inhaftierung Minderjähriger nach dem Aufenthaltsgesetz zu unterbinden. Ihr Antrag ist scheinheilig.

Setzen Sie sich doch gefälligst auf Bundesebene, wo Ihre Partei in der Regierungsverantwortung steht, für die hier geforderte Änderung des Aufenthaltsgesetzes ein. Diese Initiative vermisse ich.

Und noch etwas: Seit dem Regierungswechsel ist die Flüchtlingspolitik in diesem Land humaner geworden. Das mögen Sie in Abrede stellen, aber ich kann es Ihnen beweisen. Bereits im September 2017 hat die heutige Regierung einen Erlass auf den Weg gebracht, der es schleswig-holsteinischen Behörden weitgehend unmöglich macht, eine Inhaftierung von Minderjährigen und Familien mit Kindern zu beantragen. Ihre Albig-Regierung hatte den zuständigen Behörden einen wesentlich weiteren Ermessensspielraum eingeräumt. Einen Erlass wie den vom 01.09.2017 aber, den hätte auch die Albig-Regierung zustande bringen können. Das wollten Sie aber nicht und Sie, werter Kollege Dr. Stegner, haben doch schon damals die SPD-Fraktion angeführt.

Und nun zum Schluss meiner Rede: Ja, es mag sein, dass wir § 62 Abs. 1 S. 3 Aufenthaltsgesetz nicht brauchen und ihn dann abschaffen können. Aber das wollen wir doch vorher erst einmal prüfen. Sollte sich dabei herausstellen, dass die Vorschrift keine Bedeutung in der Verwaltungspraxis hat, werden auch wir uns für eine Abschaffung stark machen. Aber auch eine solche Entscheidung sollte auf einer soliden Tatsachenbasis getroffen werden und nicht diffusen Stimmungen folgen.

Wir bitten daher, den Antrag der SPD abzulehnen und dem Alternativantrag der Jamaika-Koalition zuzustimmen."

 

Es gilt das gesprochene Wort.