Jan Marcus Rossa zu TOP 33 „Bericht über die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der Alevitischen Gemeinde“

Religionspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein, Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 33 (Bericht über die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der Alevitischen Gemeinde) erklärt der religionspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Ich habe mit einem gewissen Schmunzeln in der Vorberichterstattung des Landtags gelesen, dass die Verhandlungen mit der Alevitischen Gemeinde im Land erst ‚auf Druck der Koalitionsfraktionen‘ aufgenommen wurden. Das ist nicht so ganz richtig. Mein Eindruck aus zahlreichen Gesprächsrunden mit dem Ministerium und teilweise auch mit Vertretern der Alevitischen Gemeinde war ein anderer. Die Landesregierung selbst wollte auch diese Vereinbarung. Aber vielleicht war unser kleines Anstubsen im vergangenen Jahr doch hilfreich, dass dieses Projekt heute zum Abschluss kommt. 

Richtig ist, dass der Versuch, mit der Alevitischen Gemeinde eine vertragliche Vereinbarung schon in der vergangenen Legislaturperiode abzuschließen, nicht von Erfolg gekrönt war. Das wurde insbesondere von meiner Kollegin Eka von Kalben ausdrücklich bedauert. Und wenn man heute den Bericht der Bildungsministerin gehört hat, dann versteht man immer weniger, warum das eigentlich so lange gedauert hat.

Wir hatten uns bereits im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass wir versuchen wollten, auch mit muslimischen Vertretungen Vereinbarungen abzuschließen, wie es sie bereits mit der Nordkirche, dem Heiligen Stuhl und der jüdischen Gemeinde in Schleswig-Holstein gab. Das gestaltete sich allerdings schwieriger als erwartet, denn es fehlten zum Teil interessierte Verhandlungspartner, zum Teil konnten Verbände selbst nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der Religionsangehörigen repräsentieren.

Diese Schwierigkeiten bestanden bei der Alevitischen Gemeinde nicht. Sie waren nicht nur interessiert, sondern repräsentierten auch alle Aleviten in unserem Land. Auch die Regelungsgegenstände für den Vertrag mit den Aleviten waren im Grundsatz schnell geeint.

Und es ist wichtig, dass uns heute der Abschluss dieses Vorhabens gelungen ist. Die Verträge mit Religionsgemeinschaft sind die sichtbarste Bestätigung dafür, dass sich der Staat in besonderer Weise verpflichtet fühlt, Religionsfreiheit und das Recht zu gewährleisten, diese Religion auch nach den eigenen Grundsätzen und Grundwerten auszuüben.

Natürlich obliegt dem Staat eine Neutralitätspflicht. Allerdings muss er aufgrund seiner Verpflichtung aus Artikel 4 GG eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung einnehmen. Mit dem jetzt vorliegenden Vertrag leistet unser Land einen wichtigen Beitrag bei der Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags bei der Religionsfreiheit.

Das wir heute mit der Alevitischen Gemeinde diesen Vertrag förmlich abschließen, erfüllt mich mit Freude, denn die Aleviten stehen unseren Grundüberzeugungen sehr nahe. Das Alevitentum versteht sich als humanistische, naturverbundene, tolerante, weltoffene, Bescheidenheit und Nächstenliebe ausstrahlende Glaubenslehre.

Das sind für uns durchaus vertraute Grundwerte und so fällt es leicht, sich in einem Vertrag gemeinsam zu diesen und weiteren Grundwerten zu bekennen.

Der heutige Vertrag ist nicht nur ein Symbol für die Religionsfreiheit in unserem Land. Er ist auch die Anerkennung dafür, dass die Aleviten Integrationsvorbilder in Deutschland sind, wie es die Zeitung WELT schon im Jahr 2011 beschrieb. Diese Aussage ist bis heute richtig. Aleviten sind in unserer Gesellschaft angekommen, sie haben sich integriert, ohne sich zu assimilieren. Sie haben ihre Kultur, ihre Religion und ihre Lebensweise bewahrt und damit auch unsere Gesellschaft und Kultur insgesamt bereichert. Aber nicht nur die Menschen sind Teil unserer Gesellschaft geworden, sondern auch ihr Glaube ist Ausdruck der religiösen Vielfalt in unserem Land. Das zu dokumentieren und für die Zukunft festzuschreiben, das ist auch Aufgabe der vertraglichen Vereinbarung mit der Alevitischen Gemeinde. Ich freue mich, dass ich als Abgeordneter und religionspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion hieran ein wenig mitwirken durfte.“