Jan Marcus Rossa zu TOP 9+26 „Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein“

Abgeordneter Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 9+26 (Gesetz über die Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein und Transparenz auf lokalen Wohnungsmärkten schaffen) erklärt der wohnungsbaupolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist ohne Frage eines der drängendsten Probleme, dem wir uns stellen müssen. Es fragt sich nur, mit welchen Instrumenten wir dieses Ziel erreichen wollen. Die Jamaika-Koalition hat sich entschieden, die Rahmenbedingungen für die Schaffung neuen Wohnraums zu verbessern, indem wir die Landesbauordnung novelliert haben, um bürokratische Hürden zu beseitigen, die die Nachverdichtung insbesondere in Ballungszentren bisher verhindert haben. Wir haben aber auch ein klares Bekenntnis abgegeben, um rechtswidrigen Mietpreisüberhöhungen wirksamer begegnen zu können als bisher, indem wir die Beweislast-verteilung zugunsten der Mieter im Zivilrecht verändern wollen. Sofern unsere Bundesratsinitiative Erfolg hat, wird künftig der Vermieter nachweisen müssen, ob er eine Mangellage ausgenutzt hat oder nicht. Will ein Vermieter ausnahmsweise die ortsübliche Vergleichsmiete überschreiten, wird dies an konkret geregelte Bedingungen geknüpft werden, die bereits vor Abschluss des Mietvertrages nachgewiesen sein müssen.

Und mit der Vergleichsmiete bin ich nun beim Antrag der SPD. Dort heißt es, dass das Land die Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln durch die Gemeinden auch finanziell fördern soll, um in den angespannten Wohnungsmärkten die Konflikte zwischen Mietern und Vermietern über die zu-lässige Miethöhe zu verringern. Die Idee hat auf den ersten Blick durchaus Charme. Jedoch überzeugt der Antrag trotzdem nicht: Die Erstellung von Mietspiegeln gehört zu den originären kommunalen Aufgaben der Daseinsvorsorge und liegt damit in der ausschließlichen Zuständigkeit der Gemeinden. Die Erstellung eines Mietspiegels ist auch kein Selbstzweck, sondern erfordert ein konkretes Bedürfnis und der Aufwand muss vertretbar sein. Auch darüber entscheidet die Gemeinde selbst. Das ist eine Erkenntnis, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, und die in der Vergangenheit auch von der SPD durchaus geteilt wurde, wie es sich der Begründung der Mietpreisverordnung 2015 entnehmen lässt.

Ihr Antrag ist aber auch in anderer Hinsicht schwach. Sie blenden aus, dass es sehr unterschiedliche Ermittlungsmethoden gibt, um eine Vergleichsmiete festzustellen. Mit Ihrer Forderung, die Erstellung qualifizierter Mietspiegel zu fördern, schießen Sie ohne sachlichen Grund deutlich über das Ziel hinaus. Schon heute stehen für die Ermittlung der Vergleichsmiete der ein-fache Mietspiegel, die Mietendatenbank oder auch die Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu Verfügung. Außer-dem kann man schlicht die Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen heranziehen, wobei drei Wohnungen ja ausreichend sind.

Bedenken Sie, dass die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels in der Regel einen sechsstelligen Betrag kosten wird. Da dürfte sich in vielen Gemeinden bereits die Frage nach der Vertretbarkeit stellen. Und bedenken Sie weiter, dass die Rechtsprechung bereits in einem einfachen Mietspiegel ein Indiz für die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete sieht. Den Bedarf für die Förderung qualifizierter Mietspiegel durch das Land vermag ich nicht zu erkennen. Und das gänzlich unabhängig von der Frage der Zuständigkeit!

Kommen wir jetzt zum Antrag des SSW. Ich mache es kurz und knapp. Ich halte nichts von einer Fehlbelegungsabgabe. Sie schafft einen hohen bürokratischen Aufwand, der sich in Schleswig-Holstein kaum lohnen dürfte. Viel wichtiger ist aber, dass Fachleute mit guten Argumenten eine Fehlbelegungsabgabe ablehnen, weil sie die Gefahr in sich birgt, eine Ghettoisierung in unseren Städten zu fördern. Wissenschaftler stellen fest, dass die Fehlbelegung kein wirkliches Problem ist und diese stadtentwicklungspolitisch sogar sinnvoll ist, um gut funktionierende Nachbarschaften nicht zu zerstören. Denn die Fehlbelegungsabgabe führt eben auch dazu, dass Menschen, deren Einkommen sich so verbessern, dass sie keinen sozialen Wohnraum mehr in Anspruch nehmen können, ein Quartier verlassen, wenn sie mit der Abgabe belastet werden. Das ist nicht nur die Meinung von Wissenschaftlern, sondern auch die Auffassung der Wohnungswirtschaft. Und auch der Mieterbund hat in Schleswig-Holstein die Fehlbelegungsabgabe sehr kritisch gesehen und deren Abschaffung gefordert. Wohl nicht ohne Grund.“