Kay Richert zu TOP 22 "Eine starke Industrie für Schleswig-Holstein"

Wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein, Kay Richert

In seiner Rede zu TOP 22 (Eine starke Industrie für Schleswig-Holstein, vor-handene Arbeitsplätze sichern und neue Beschäftigte schaffen) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:

„Warum brauchen wir Industrie? Wozu ist Industrie gut? Schleswig-Holstein ist ein Land des Mittelstandes. Von unseren rund 123.000 Betrieben sind über 99 Prozent kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Drei Viertel der rund eine Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten im Mittelstand. Wozu also Industrie? Die Industrie ist von großer Bedeutung für eine ausgewogene und zukunftsfähige Wirtschaftsstruktur. Arbeitsplätze in der Industrie sind qualifiziert und oft besser entlohnt, eine laufende Industrie sorgt für höhere Steuereinnahmen und eine gute Auftragslage im Mittelstand. Außerdem ist die Industrie ein besonders innovativer Wirtschaftsbereich. Wir wollen die Chancen nutzen, die sich uns gerade bieten, damit Schleswig-Holstein zu einem gewichtigeren Wirtschaftsstandort wird. Wenn das gelingt, wird das den Wohlstand für alle in unserem schönen Land spürbar heben.

Herr Hölck, Sie haben ja Recht, dass Schleswig-Holstein hier einen enormen Nachholbedarf hat. Das liegt aber nicht an dieser Regierung, die seit zweieinhalb Jahren im Amt ist, das liegt an der wirtschaftspolitischen Orientierungslosigkeit der letzten 30 Jahre. Wir Jamaikaner haben seither mächtig aufgedreht und Dinge angeschoben, für die andere Jahrzehnte gebraucht haben. Dieses ist eine erfolgreiche Koalition und es macht Spaß und Freude, mit den Partnern von CDU und Grünen dieses Land zu entwickeln! Wo sind nun die Chancen? Zum einen erleben wir gerade eine Revolution der wirtschaftlichen Prozesse durch die Digitalisierung. Den daraus entstehenden Innovationsschub und die Dynamik können wir wahrscheinlich noch gar nicht voll überblicken. Was aber ganz deutlich wird, ist: Eine flächendeckende, ausreichende Versorgung mit Glasfaser-Breitband ist schon jetzt ein der zentraler Standortfaktor. Deshalb pushen wir mit einem Bündnis für den Glasfaserausbau genau das. Die zweite große Chance sind die erneuerbaren Energien, da haben wir als Energiewendeland Nr. 1 die Nase vorne. Und dabei geht es nicht nur um die Fertigung von Windmühlen. Das ist nicht der große Vorteil, den wir haben. Industrieschwerpunkte entstehen dort, wo die Infrastruktur gut und die Energie kurzfristig verfügbar sind. Deswegen sind die Industriezentren etwa im Ruhrgebiet oder im Donbas entstanden. Die Energie ist hier vor Ort vorhanden. Und anstatt unseren Windstrom 1000 km bis in die industrialisierten Zentren zu transportieren, würde ich ehrlicherweise lieber die weitere Wertschöpfung hierherholen.

Die notwendige Infrastruktur besteht aus Transportwegen und digitaler Infrastruktur. Die digitale Infrastruktur, den erforderlichen Ausbau des Breit-bandnetzes, bringen wir mit unserem Bündnis für den Glasfaserausbau voran. Den Ausbau der Wege-Infrastruktur müssen wir weiter energisch vorantreiben und dürfen uns von den teils erheblichen Herausforderungen nicht entmutigen lassen. Wir brauchen den Ausbau der B5, den Ersatzbau für die Rader Hochbrücke, die A20, die Ertüchtigung der Querachsen und eine Instandsetzung und Elektrifizierung des Schienennetzes. Hier steht uns vor allem das deutsche Planungsrecht im Weg, das zu langwierig ist und zu viele Unsicherheiten beinhaltet. Wir treten deshalb klar für eine Reform des Planungsrechts ein und wir befürworten es auch, dass Großprojekte von nationaler Bedeutung durch Maßnahmengesetze ermöglicht werden.

Ein weit verbreitetes Vorurteil gegenüber Industriebetrieben ist, dass die Gebäude dieser Betriebe abstoßend hässlich seien. Wer heute noch so denkt, dem empfehle ich eine Fahrt mit dem Auto entlang der Jütland- und der Seeland-Route in Dänemark. Dabei werden sie durch einen der industriellen Kerne unserer Nachbarn fahren, ohne das als Industrie wahrzunehmen. De Gebäude und Anlagen sind modern bis futuristisch, ästhetisch schön. Industrie heute stinkt nicht mehr und ist auch nicht mehr hässlich. Die Industriepolitik in diesem Land war ja schon länger eine Angelegenheit von fraktionsübergreifendem Interesse. Wenn ich das richtig gelesen habe, war es in der 18. Wahlperiode mein Kollege Christopher Vogt, der mit seinem Antrag – der von DGB und SPD aufgegriffen wurde – einen industriepolitischen Aufschlag der Küstenkoalition angeregt hat. Wir sind also gar nicht weit auseinander. Und das hat ja auch einen Grund: Heute Vormittag haben wir über Tarifbindung und Gewerkschaften gesprochen. Wir haben auch darüber gesprochen, dass die gewerkschaftliche Bindung in kleinen Unternehmen eher schwach ausgeprägt ist. Industrieunternehmen sind da tradi-tionell anders aufgestellt, hier wirken die Gewerkschaften noch mit und die Tarifbindung ist relativ hoch.

Das Industriepapier der Landesregierung ist umfassend abgestimmt. Abgestimmt mit Wirtschaft, Verbänden und Gewerkschaften. Da steht genau das drin, was wir für eine starke industrielle Entwicklung brauchen. Deshalb wollen wir auch bei genau diesem Papier bleiben. Ich sehe also keinen Grund, warum Sie unserem guten Antrag nicht zustimmen sollten und bitte Sie herzlich um Unterstützung.“