Wirtschaft/ Vergaberecht

Kay Richert zu TOP 5 „Änderung des Vergaberechts“

Kay Richert FDP

In seiner Rede zu TOP 5 (Gesetz zur Änderung des Vergaberechts in Schleswig-Holstein) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:

„Wir haben das bestehende Vergaberecht anhand der Vorschläge der Evaluation geprüft und das Tariftreue- und Vergabegesetz (TTG) der Küstenkoalition zu einem mittelstandsfreundlichen, modernen Vergabegesetz weiterentwickelt, das es insbesondere kleinen Betrieben wieder erlaubt, an öffentlichen Ausschreibungen von Land und Kommunen teilzunehmen. Vergabefremde Kriterien haben wir dafür aus dem Gesetz entfernt.

Die Küstenkoalition hatte die Evaluierung des Vergaberechts in Auftrag gegeben. Wenn man sich die Ergebnisse anschaut, fragt man sich, warum und wofür SSW und SPD dieses Gesetz heute so loben: Haben Sie Ihre eigene Evaluation nicht gelesen? Das TTG ist unpräzise und besonders hinsichtlich sozialer, innovativer, den Umweltschutz und die Energieeffizienz betreffender Aspekte unverständlich formuliert. Das stellt die Evaluation fest. Was bedeutet das? Das schafft Unsicherheit bezüglich der Vergabekriterien und schreckt alle Betriebe ab, die keine eigene Rechtsabteilung haben. Weiter stellt die Evaluation fest, dass 95 Prozent der Unternehmen einen immensen bürokratischen Mehraufwand beklagen, der oft nicht im Verhältnis zum Auftragsumfang steht. Einen erkennbaren Einfluss auf soziale Aspekte oder auf Umweltschutz und Energieeffizienz sieht dagegen kaum jemand. Das liegt vielleicht auch daran, dass eine echte Kontrolle der gemachten Vorgaben kaum stattgefunden hat. Schließlich empfiehlt die Evaluation auch das Einfrieren des vergaberechtlichen Mindestlohns und den Übergang in den Bundesmindestlohn. Und sie stellen sich jetzt hier hin und fordern genau das Gegenteil. Ich gestehe Ihnen ja zu, dass das TTG gut gemeint ist. In der Realität aber ist das TTG gescheitert, es benachteiligt gerade kleine Betriebe und sorgt so für die soziale Schieflage, die Sie gerne beseitigen wollen. Stellt sich die Frage: Warum sollen Großunternehmen gegenüber kleinen Betrieben bevorzugt werden?

Wir haben das Vergaberecht modern, mittelstandsfreundlich und praktikabel gemacht: Redundante Regelungen aus dem Bundes- oder EU-Recht haben wir herausgenommen, da sie sowieso gelten. Das schafft Übersichtlichkeit. Der Verwaltungsaufwand wird deutlich reduziert. Konkrete Nachweise und Bescheinigungen sind erst vorzulegen, wenn der Auftrag vergeben wird. Das ist attraktiv für die Betriebe, weil kein unnötiger Aufwand betrieben werden muss. Auf bürokratische Berichts- und Nachweispflichten zu vergabefremden Kriterien kann verzichtet werden. ‚Kann‘, denn wir lassen den Vergabekammern hier einen großen Freiraum. So können die Ausschreibungen passgenau ausgestaltet werden. Das stärkt die Eigenständigkeit vor Ort. Und schließlich heben wir den Schwellenwert zum Vergabemindestlohn von 15.000 Euro auf 20.000 Euro maßvoll an. Sie sehen, wir haben uns bei der Entwicklung des TTG in ein mittelstandsfreundliches, modernes Vergabegesetz eng an die Ergebnisse der Evaluation gehalten.

Lassen Sie mich noch kurz auf die Argumentation derer eingehen, die noch immer dem TTG anhängen und nicht wahrhaben wollen, dass dieses Gesetz unpraktikabel, diskriminierend und gescheitert ist. Sie sagen: ‚Das neue Vergaberecht unterwandert die Menschenrechte‘. Wahrscheinlich bezieht sich das darauf, dass auf die Anforderung von Nachweisen zu ökologischen und sozialen Standards verzichtet werden kann. Allerdings entspricht diese Regelung dem Bundesrecht und stellt keinerlei Verschlechterung zu bestehendem Recht dar. Sie sagen: ‚Durch Nachunternehmer wird der Mindestlohn unterlaufen‘. Das ist falsch. Das neue Vergabegesetz verpflichtet auch Nachunternehmer, den Mindestlohn einzuhalten. Das gilt auch für Leiharbeiter. Sie sagen: ‚Das neue Gesetz schreibt keine Personalübernahmen im ÖPNV vor. Das gefährdet Arbeitsplätze‘. Das gilt nur im sogenannten Unterschwellenbereich, also bei Ausschreibungen bis zu 221.000 Euro. Die weitaus meisten Verkehrsverträge liegen darüber und hier gibt es eine strenge Soll-Bestimmung. Sie sagen: ‚Arbeitnehmer in der Personenbeförderung werden hinsichtlich der ‚weiteren tariflichen Leistungen‘ beschnitten‘. Dieser Vorwurf macht mich in doppelter Hinsicht nachdenklich. Im ersten Entwurf des Vergabegesetzes fehlte dieser Passus tatsächlich. Ich persönlich wurde in Gesprächen mit DGB-Gewerkschaftsfunktionären darauf hingewiesen; ich weiß, dass es anderen Kollegen auch so ging. Und der Hinweis war auch berechtigt. Deswegen haben wir den Entwurf angepasst und die ‚weiteren tariflichen Leistungen‘ mit aufgenommen. Ich persönlich habe das meinen Gesprächspartnern mitgeteilt.

Der DGB spricht bei seiner Petition davon, fair und ohne Tricks miteinander umzugehen. Fair wäre es, ehrlich zu sein und auf schrille Polemik zu verzichten. Leider wurde ganz bewusst auch dann noch Stimmung mit diesem Punkt gemacht, als die handelnden Personen bereits wussten, dass ihre Vorwürfe nicht stimmen. Ich finde das alles andere als fair. Und auch die Unterstellungen, hier würden Kinderarbeit und Umweltzerstörung auf Kosten der Steuerzahler befördert, ist schamlos. Wer so in die Schmutzkiste greift, muss ganz schön verzweifelt sein. Die Gewerkschaften sind auch weiterhin ein wichtiger Ansprechpartner in allen Belangen der Arbeit für uns. Für mich ganz persönlich hat dieses ‚Unehrlichsein‘ aber Kratzer auf dem Image des ehrlichen Vertreters der Arbeitnehmer hinterlassen.

Mit dem Antrag des SSW sollen die Uhren zurück gedreht und das alte, gescheiterte Vergaberecht irgendwie doch erhalten werden. Das kann man nur ablehnen. Wir haben das alte TTG überwunden und ein modernes, mittelstandfreundliches und anwendbares Vergabegesetz geschaffen.“

Es gilt das gesprochene Wort!