Stephan Holowaty zu TOP 24 „Neue EU-Förderperiode gestalten!“

europapolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty

In seiner Rede zu TOP24 (Neue EU-Förderperiode gestalten) erklärt der europapolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty:
 
„Das gemeinsame Europa ist ein Projekt für Frieden, Freiheit und Wohlstand. Seit Beginn dieser Legislaturperiode sprechen wir heute über den mindestens sechsten Antrag der SPD zur Europapolitik, der im Grunde immer denselben Inhalt hat: nämlich mehr Geld ausgeben.
 
Und dabei geht es keineswegs immer um dieselben Schwerpunkte. Im Gegenteil. Wie mit einer Gießkanne laufen Sie durch die Welt und verteilen hier mal was und da mal was, alles gut gemeint, aber im Grunde planlos. Und genau das ist unseriöse Politik. Sie wollen sich immer wieder vom selben Kuchen bedienen und merken gar nicht, dass der Kuchen schon lange alle ist. Man könnte sich jetzt natürlich überlegen, wie man den Kuchen größer macht, wie man die Wirtschaft so ankurbelt, dass wieder mehr verdient wird, aber das ist nicht so ihr Ding. Stattdessen klappern Sie weiter mit dem Forderungsteller und wundern sich, dass es so nicht funktioniert.
 
Schauen wir uns Ihren Antrag mit der Drucksachennummer 19/152an: Sie verlangen mehr Geld für ein – damals nicht weiter konkretisiertes – Investitionsprogramm, permanenten Jugendbeschäftigungsfonds, europäische Austausch- und Mobilitätsprogramme und Bekämpfung von Fluchtursachen. Im Antrag mit der Drucksachennummer 19/1368 fordern Sie ‚ausreichend Mittel zur Umsetzung der Europäischen Sozialunion‘. Außerdem ausreichend Mittel zur Förderung von Forschung und Innovation und mehr Geld für den Kohleausstieg, wie viel das alles auch immer sein mag. Im Antrag 19/2052 fordern Sie mehr Geld für Klimaschutzinvestitionen, Minderheiten, Nordseekooperationen und, weil es so schön ist, auch gleich für die Ostseepolitik noch was dazu. Und ein europäisches Kurzarbeitergeld gibt’s obendrauf.

Im Antrag 19/2456 gibt es mehr Geld für Jugendliche, für Erasmus+, mal wieder Austauschprogramme und den ESF. Und dann kommt der Antrag, über den wir heute sprechen mit der Drucksachennummer 19/2398. Sie merken immerhin, dass Fördergelder wegfallen könnten. Nein, das führt keineswegs zu einer Reduzierung Ihrer Ansprüche, stattdessen lassen Sie diese Fördergelder einfach vollständig durch Landesgeld ersetzen, frei nach dem Motto ‚Kein Problem, wir haben’s ja‘. Außerdem fällt Ihnen ein, dass Sie jetzt bei der EU-Mittelvergabe – nach all dem, was vorher auch noch an Mehrausgaben gefordert wurde – jetzt regionale und zivilgesellschaftliche Akteure mehr beteiligt werden sollen. Ich würde hier ja wirklich gerne an einen Plan glauben, aber ich befürchte, Sie wollen am Ende doch nur einen Arbeitskreis. Übrigens, im Antrag mit der Nummer 19/307 haben Sie noch ‚mehr gemeinsames Handeln der EU27‘ gefordert.
 
Heute Nachmittag sprechen wir noch über Ihren Antrag 19/2399, da fordern Sie auch mal wieder mehr Geld – diesmal für die EUGesundheitspolitik. Da wollen Sie eine europäische Strategie, europäische Solidarität und sind ausdrücklich gegen, wie Sie es nennen, ‚nationalstaatliche Egoismen‘. Klingt auch alles gut, aber wenn Sie einerseits eine zentralistische EU-Gesundheitspolitik wollen – und das ist der Atem Ihres Antrags 19/2399 – und andererseits strikte Regionalisierung bei der EUMittelvergabe, dann passt das doch alles wieder nicht zusammen.
 
Es ist ja nicht so, dass jede einzelne Vorstellung der Sozialdemokraten unsinnig ist. Wir Freie Demokraten setzen uns ausdrücklich für eine Stärkung von Erasmus+ ein, für europäische Austauschprogramme, für mehr Forschung und Innovation, für Digitalisierung und mehr europäische Zusammenarbeit in ganz vielen Bereichen. Aber wir setzen uns auch für eine Stärkung der europäischen Wirtschaft ein, für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Wer Geld ausgibt, der muss es vorher erstmal verdienen – dieser Zusammenhang scheint Ihnen nicht so klar zu sein. Ohne Wohlstand gibt es nicht die Mittel für Bildung, für Forschung, für Klimaschutz und alles andere, was auch wichtig ist. Und – ganz wichtig – wir setzen uns für einen klaren Plan der Prioritäten sein. Und genau deshalb ist Ihre Antragsserie so weit von der Realität entfernt.
 
Nehmen Sie bitte die Realität zur Kenntnis. Schon vor Corona war klar, dass die EU nicht mehr Geld zum Ausgeben haben wird, sondern weniger. 14 Milliarden Euro weniger allein wegen des Brexits, dazu viele neue selbstgesetzte Aufgaben, von Sicherheit und Verteidigung über Migration, bis hin zu Forschung und Bildung. Und Sie formulieren mal einfach so ‚wegfallende Fördergelder werden grundsätzlich durch Landesgeld ersetzt‘. Ich empfehle Ihnen: Kümmern Sie sich nicht nur um das Kuchenessen, sondern auch mal um das Kuchenbacken. Die EU ist ein faszinierendes Friedens- und Freiheitsprojekt mit ganz vielen wichtigen Aufgaben. Aber kein finanzieller Ponyhof.“