Europa/ Sanktionen gegen Belarus

Stephan Holowaty zu TOP 26 „Weitere Sanktionen gegen Belarus notwendig“

Stephan Holowaty

In seiner Rede zu TOP 26 (Weitere Sanktionen gegen Belarus notwendig) erklärt der europapolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty:

„Am 23. Mai dieses Jahres haben wir einen beispiellosen Akt staatlicher Luftpiraterie mitten in Europa erlebt. Das Abfangen des Ryanair-Fluges von Athen nach Vilnius durch Weißrussland, auf dem Flug von einer EU-Hauptstadt in eine andere, und die Entführung der Regimekritiker Roman Protassewitsch und Sofia Sapega stellen einen neuen Tiefpunkt in den Beziehungen innerhalb Europas dar.

Europa, Deutschland, auch wir in Schleswig-Holstein können jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen. Roman Protassewitsch und Sofia Sapega müssen sofort und ohne jede Vorbedingungen freigelassen werden. Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko ist persönlich und unmittelbar verantwortlich für die Sicherheit, das Leben und die Gesundheit nicht nur von Roman Protassewitsch und Sofia Sapega, sondern von allen Regimekritikern, die gegen den Machthaber demonstrieren. Amnesty International stellte erst im April dieses Jahres in ihrem Report fest, dass die weißrussischen Behörden auch 2020 ‚systematisch Folter und andere Misshandlungen gegen Menschen‘ einsetzten, ‚die bei Protesten festgenommen wurden, seien es Demonstrierende, Journalist_innen oder Umstehende. Örtliche und internationale Gruppen dokumentierten Hunderte solcher Fälle im ganzen Land‘. Das zeigt nochmals sehr deutlich, wie wenig Angebote zur Zusammenarbeit, zur Kooperation, zur Vertrauensbildung nutzen, wenn der andere auf Konfrontation und Eskalation setzt. Es braucht daher eine klare, unmissverständliche und vor allem auch nachhaltige Antwort auf diesen Akt der Piraterie. Dies umfasst stringente Sanktionen, wie zum Beispiel ein dauerhaftes Überflug- und Landeverbot für die weißrussische BELAVIA, aber auch ganz gezielte persönliche Sanktionen gegen den Machthaber Lukaschenko und sein Umfeld.

Nur wenige Tage nach dem Kidnapping von Roman Protassewitsch und Sofia Sapega hat Wladimir Putin den weißrussischen Präsidenten wie seinen besten Freund empfangen. Weißrussland hätte, so sagen viele Analysten, diese gesamte Aktion nicht ohne Rückendeckung aus Moskau umsetzen können. Die Bestätigung durch diesen Empfang kam prompt. Daher betrifft die Krise keineswegs nur Weißrussland. Sie betrifft auch Russland, auch Wladimir Putin. Sie betrifft auch unser Verhältnis zu Russland. Die Region Kaliningrad ist Partnerregion in der Ostseeregion, in der BSPC. Jeder von uns, der Delegierter des Landtags zur BSPC ist, kennt die immer wieder problematischen Situationen, die sich im Verhältnis zwischen Kaliningrad und gerade unseren Partnern in den baltischen Staaten und Polen ergeben haben.

Der Landtag hat seit 1999 eine Partnerschaft mit der Gebietsduma Kaliningrad begründet. Anlässlich des 20-jährigen Bestehens dieser Partnerschaft plant der Landtag für den Herbst eine Reise nach Kaliningrad. Es ist wichtig, darüber sind wir uns sicher alle einig, Gesprächsfäden, auf welchen Ebenen auch immer, nicht abreißen zu lassen, also weiter Gespräche zu führen. Aber in den letzten 20 Jahren hat sich die Situation in der Zusammenarbeit nicht nur zum Besseren verändert. Wir stehen auch als Partnerregion vor neuen Herausforderungen. Daher wird es wichtig sein, nicht nur 20 Jahre Partnerschaft feierlich zu begehen, sondern auch aktiv über diese Herausforderungen zu sprechen, die mir jedenfalls zunehmend Sorgen bereiten – über Menschenrechte, über den Umgang mit Andersdenkenden, über Fragen der Sicherheit im Ostseeraum. Und natürlich betrifft dies im Weiteren auch Projekte wie Nord Stream 2. Das Projekt war zwar von Beginn an problematisch, spätestens jedoch nach der Causa Nawalny hätte ein sofortiger Baustopp durch ein Moratorium veranlasst werden müssen. Ob Nawalny oder nun Roman Protassewitsch und Sofia Sapega – ich sage klipp und klar in Richtung der Bundeskanzlerin, in Richtung des Bundesaußenministers: Nord Stream 2 kann keine Zukunft haben.

Manch einer mag sich fragen, welche Rolle unsere heutige gemeinsame Resolution der demokratischen Abgeordneten spielen soll. Ich will Ihnen darauf eine einfache Antwort geben: Wir in diesem Haus können frei und ungehindert debattieren. Keiner von uns muss damit rechnen, für seine Äußerungen verhaftet, gefoltert, verbannt oder inhaftiert zu werden. Es sind Menschen wie Roman Protassewitsch und Sofia Sapega in Weißrussland, Alexej Nawalny in Russland, Joshua Wong und Alex Chow in Hongkong und die vielen anderen nicht so bekannten Menschen, die unter Einsatz ihrer Freiheit, ihrer Gesundheit oder gar ihres Lebens den Mut haben, gegen aggressive und despotische Regime in aller Welt aufzustehen und das zu fordern, was für uns selbstverständlich ist. Und dabei ist es eine ihrer wichtigsten Waffen, dass ihnen die frei gewählten demokratischen Parlamente den Rücken stärken, zu ihnen stehen, diejenigen anprangern, die Unfreiheit, Folter und Unterdrückung zu ihrer Politik machen. Es ist unsere Verpflichtung als frei gewählte Abgeordnete, aggressiven Regimen entgegenzutreten, die internationales Recht, Bürgerrechte, Demokratie oder die Unversehrtheit von Andersdenkenden mit Füssen treten.

Ich danke daher allen demokratischen Abgeordneten dieses Hauses, dass wir heute diese starke gemeinsame Resolution beschließen können.“

Es gilt das gesprochene Wort!