Kommunales/ Wahlrecht für alle

Stephan Holowaty zu TOP 28 „Kommunalwahlrecht für alle einführen"

Stephan Holowaty

In seiner Rede zu TOP 28 (Kommunalwahlrecht für alle einführen) erklärt der kommunalpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stephan Holowaty:

„Vielleicht sollten wir mal gleich am Anfang ein Missverständnis ausräumen: Das Wahlrecht in unserem Land ist kein Give-Away-Artikel und darf das auch nicht werden. Ich denke, wir dürfen in unserem Land schon sehr klar sagen, dass aktive politische Partizipation und Mitbestimmung drei wichtige Komponenten erfordert: das klare Bekenntnis zu den Werten und zum Recht unseres Landes, eine erfolgreiche Integration und einen langfristigen Bleibewillen.

Das aktive und passive Wahlrecht sind nach dem Grundgesetz dem Volk und damit dem deutschen Staatsvolk, also den Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, vorbehalten. Mit einer Ausnahme, nämlich dem Kommunalwahlrecht für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Und das geschieht, weil die Europäische Union eben nicht lediglich eine Wirtschaftsunion ist, sondern vor allem eine Wertegemeinschaft. Demokratie, persönliche Freiheit, Rechtsstaatlichkeit – diese gemeinsamen Werte machen Europa aus und deshalb – und nur deshalb – gewähren sich die Staaten der EU gegenseitig das Kommunalwahlrecht. Dies ist auch Ausdruck der Personenfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union.

Wer jedoch politische Partizipation zum undifferenzierten Mitnahmeartikel macht, darf nicht mehr von unserem Land, unserem Europa als Wertegemeinschaft sprechen. Wir Freie Demokraten wollen gelungene Integration. Wir wollen ein Land, das offen ist für Menschen, die sich zu unseren gemeinsamen Werten bekennen. Aber wir werden nicht die Verhältnisse umdrehen und Partizipation vor Integration stellen. Wir werden nicht Partizipation vor das Bekenntnis zu unseren Werten stellen. Das sieht übrigens auch das Bundesverfassungsgericht so und hat bereits im Jahr 1991 geurteilt: ‚Dem demokratischen Postulat, allen dauerhaft im Gebiet einer Gebietskörperschaft ansässigen, ihrer Hoheitsgewalt unterworfenen Personen auch demokratische Teilhabe zu gewähren, kann nicht durch Erstreckung des Wahlrechts auf Ausländer, sondern nur durch ein auf Veränderungen in der Zusammensetzung der Einwohnerschaft reagierendes Staatsangehörigkeitsrecht Rechnung getragen werden.‘ Und deshalb fordern wir Freie Demokraten seit unzähligen Jahren immer und immer wieder: Es muss ein modernes Einwanderungs- und Einbürgerungsrecht geben, das Chancen eröffnet, aber auch gleichzeitig deutlich macht, dass gleiche Werte die Basis für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben sind. Und dazu kann man sich bekennen – eben zum Beispiel durch einen Antrag auf Einbürgerung.

Wer Wahlrecht zum undifferenzierten Mitnahmeartikel macht, höhlt die Grundsätze unserer Staatsbürgerschaft aus. Und wenn die Sozialdemokraten in ihrer Begründung ausführen, dass genau deshalb eine Bundesratsinitiative notwendig sei, um ‚die bestehende Diskrepanz zwischen dem Wahlrecht deutscher Staatsbürgerinnen und -bürger, Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie Drittstaatsangehörigen aufzuheben‘, dann sage ich ihnen: Genau wegen des Urteils des Bundeverfassungsgerichts, genau wegen unseres Staatbürgerrechts, ist diese Diskrepanz gewollt. Das kommunale Wahlrecht für EU-Bürger ist eben deshalb möglich, weil wir innerhalb der EU gewissermaßen davon ausgehen können, dass wir gleiche Grundwerte teilen und darüber hinaus die EU nicht mehr in Teilen betrachtet werden kann, da wir Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Warenverkehrsfreiheit und Personenverkehrsfreiheit haben.

Wenn wir nämlich auf der einen Seite durch eben diese Freiheiten EU-Bürgern die dauerhafte Wohnsitznahme ohne weiteres ermöglichen, soll damit auch die politische Partizipation und Mitbestimmung einhergehen können. Die Voraussetzungen für Drittstaatsangehörige sind bekanntermaßen ganz andere. Wir stehen in der humanitären Verpflichtung, Verfolgten und Geflüchteten Schutz zu gewähren. Wir Freie Demokraten stehen zu einem modernen Einwanderungsrecht beispielsweise nach kanadischem Vorbild. Genau das liefert die SPD als Teil der Bundesregierung seit Jahrzehnten nicht. Aber wir Freie Demokraten stehen auch genauso zum Wert unserer Staatsbürgerschaft, einer wertebasierten Europäischen Union und zum Grundsatz: Erst Integration, dann Partizipation.“

Es gilt das gesprochene Wort!