Wolfgang Kubicki: Die Durchsetzung des Rechtstaates darf nicht politischen Opportunitäten unterliege

„Es ist unstrittig, dass die Sicherheitslage in Afghanistan regional sehr unterschiedlich ist. Dass Afghanistan damit aber vollständig für Rückführungen von vollziehbar Ausreisepflichtigen ausfällt, ist definitiv falsch.

 

Nach Auskunft der Landesregierung hielten sich zum Stichtag 31.10.2016 721 vollziehbar ausreisepflichtige Afghanen in Schleswig-Holstein auf (vgl Drs. 18/4915). Am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens wurde also festgestellt, dass diese Menschen weder individuell verfolgt werden, noch Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge sind und auch ein Abschiebeschutz nicht in Betracht kommt.

 

Wenn Minister Studt jetzt öffentlich darüber nachdenkt, entgegen der Sicherheitseinschätzung der schwarz-roten Bundesregierung einen pauschalen Abschiebestopp zu verhängen, torpediert er auf geltendem Recht beruhende Rückführungen. Es ist nicht akzeptabel, wenn sich der Innen- und Verfassungsminister über vorhandene gesetzliche Regelungen unter Berufung auf vermeintlich höherrangige Überlegungen hinwegsetzt. Dass die Koalitionäre ihn deshalb auch noch als Verteidiger des Rechtsstaates aufs Schild heben, zeigt, dass diese Koalition Rechtstreue nach Gefühlslage unterstützt.

 

Wir müssen dringend den Eindruck vermeiden, dass sich staatliche Institutionen nicht mehr an Recht und Gesetz halten, weil es möglicherweise politisch opportun erscheint. Wir müssen unserem Recht auch dann Geltung verschaffen, wenn es aus nachvollziehbaren Gründen moralisch schwer fällt. Sonst verlieren die Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat.“