Bildung/Kindergärten

Anita Klahn: Es gibt kein gesetzliches Problem, sondern ein Vollzugsproblem

„Ich stelle einmal ganz grundsätzlich fest, dass es Waldkindergärten in Schleswig-Holstein gibt. Ergo müssen Waldkindergärten auch bei bestehender Gesetzeslage genehmigungsfähig sein. Brauchen wir wirklich eine Gesetzesänderung oder geht es hier vielmehr um Probleme im Vollzug? Möglicherweise ausgelöst durch einen gutgemeinten Leitfaden, der sich jetzt aber zum Leidfaden entwickelt. Ich will das kurz ausführen.

 

§ 35 Baugesetzbuch regelt das Bauen im Außenbereich. Dort heißt es in Absatz 2, dass Vorhaben ‚im Einzelfall zugelassen werden [können], wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange‘ – also z.B. der Naturschutz – ‚nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist‘. Die Regelung sieht also einen Ermessensspielraum vor. Gleichwohl – und das will ich betonen – könnte an dieser Stelle aus der Sicht der FDP-Fraktion eine Klarstellung im Gesetz erfolgen, so dass der Bau von Waldkindergärten gesondert privilegiert wird.

 

In § 51 der Landesbauordnung sind baurechtliche Erleichterungen für Sonderbauten geregelt. In diesem Paragraphen gibt es eine umfangreiche und nicht abschließende Liste, in welchen Bereichen Erleichterungen möglich sind. Dazu gehören nach Absatz 2 Nummer 11 auch Tageseinrichtungen für Kinder.

 

Ohne Experte zu sein, würde ich sagen, dass Erleichterungen bei allen Aspekten des Bauens möglich sind. Auch hier besteht also ein Ermessensspielraum.

 

Auch im Landeswaldgesetz, das die Union ändern will, ist in § 24 ist das Abstandsgebot von 30 Metern zum Wald normiert. Und auch hier gibt es eine Ausnahmeregelung. In Absatz 2 heißt es: ‚Die zuständige Bauaufsichtsbehörde kann Unterschreitungen des Abstandes im Einvernehmen mit der Forstbehörde zulassen […]’.

 

Und weiter: ‚Eine Unterschreitung des Waldabstands zugunsten von baulichen Anlagen waldpädagogischer Einrichtungen kann bereits zugelassen werden, wenn diese nicht durch Windwurf oder Waldbrand gefährdet werden und von ihnen keine Waldbrandgefahr ausgeht.’

 

Für Waldkindergärten steht also schon eine Ausnahmegenehmigung extra im Gesetz. Diese kann man in Kenntnis und bei wohlwollender Genehmigungspraxis anwenden.

 

Ich frage die Union also, welche gesetzlichen Änderungen ihrer Meinung nach konkret herbeigeführt werden sollen und mit welchem verbessernden Ergebnis?

 

Wahrscheinlich ist ihnen das auch nicht ganz klar, denn sonst hätten sie einen Gesetzentwurf vorgelegt.

 

Auffällig ist auch, dass die Union einzig Änderungen landesrechtlicher Vorschriften will, aber nicht die Änderung der einschlägigen Bundesregelung, die aus unserer Sicht zuerst anzugreifen wäre. Im Bund könnten sie doch dank ihrer Regierungsbeteiligung erfolgreich agieren.

 

Die Grünen dagegen wollen mit ‚Nachdruck’ Änderungen am Bundesbaurecht, nicht aber die Änderung landesrechtlicher Regelungen. Warum die Grünen dann aber keine Bundesratsinitiative anstoßen, verwundert mich. Möglicherweise weil sie in Schleswig-Holstein noch regieren?

 

CDU und Grüne wollen also genau dort die rechtliche Änderung, wo sie jeweils nicht in der Verantwortung stehen.  Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

 

Und typisch für die Küstenkoalition ist der Schaufensterantrag. Anstatt sich mit der gesetzlichen Lage richtig auseinanderzusetzen, machen sie einen Runden Tisch. So kann man sich über den Wahlkampf retten. Es ist nur keine Lösung.

 

Ich will es noch mal klar stellen, aus meiner Sicht haben wir kein gesetzliches Problem, sondern ein Vollzugsproblem. Einige untere Bauaufsichtsbehörden scheinen – ich kenne keinen der Bescheide – eine sehr rigide Auslegung der gesetzlichen Regelung vorzunehmen. Um eine abschließende Würdigung vornehmen zu können, müsste man die Gründe der Ablehnung im Einzelfall kennen. Alles andere bleibt ein Stochern im Nebel.

 

Es besteht jedoch, wie schon gesagt, in der Regel ausreichend Ermessensraum und ich kenne Gemeinden, die dieses auch genutzt haben zum Wohle der Kinder. Da der eingangs erwähnte Leitfaden anscheinend mit zur restriktiven Genehmigungspraxis geführt hat, möchten wir die Landesregierung bitten, die Gemeinden in geeigneter Form – schriftlich – über die Ermessensspielräume zu informieren.

 

Manchmal hilft gesunder Menschenverstand, insbesondere da bei der genauen Standortfrage sicherlich zwischen allen Beteiligten Kompromisse möglich sind. Im Zweifel besteht auch immer die Möglichkeit, dass die Gemeinde die Flächennutzungspläne anpasst.

 

Die FDP-Fraktion lehnt daher sowohl den Antrag der Union, als auch den der Koalition ab. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.“