Anita Klahn zu TOP 11+24 "Bildung für nachhaltige Entwicklung"

Anita Klahn FDP

In ihrer Rede zu TOP 11+24 (Bildung für nachhaltige Entwicklung/#FridaysForFuture) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

 

,,So wie heute demonstrieren seit mehreren Wochen Schülerinnen und Schüler unter dem Motto #FridaysforFuture und mahnen uns, mit Natur und Umwelt sorgsam umzugehen. Auch wenn aus unserer Sicht die Schülerdemonstrationen zurzeit eher einen allgemein appellierenden Charakter haben, zeigen sie zunächst einmal, dass die heutige Jugend allen Unkenrufen zum Trotz nicht, wie allgemein behauptet, politikverdrossen ist, sondern sich ganz im Gegenteil für ihre Zukunft einzusetzen weiß. Ich betone und darf es im Namen meiner Fraktionskollegen auch darstellen, dass wir Liberale dieses Engagement der Jugendlichen ausdrücklich begrüßen und wertschätzen. Für uns Freie Demokraten und ich ergänze hier: ganz besonders für unsere Jugendorganisation, die Jungen Liberalen, ist der Klima- und Umweltschutz ein zentrales Anliegen.

Die Möglichkeit, sich mit einer Demonstration oder einem Streik Gehör zu verschaffen, ist ein legitimes Recht und das stellen wir auch nicht in Frage. Und klar ist auch, dass man größere Aufmerksamkeit erreicht, wenn man Grenzen überschreitet und sich über gültige Regeln hinwegsetzt. Konkret also der Arbeit fernbleibt oder, wie es die Schülerinnen und Schüler jetzt tun, dem Unterricht fernbleibt. Ein Ziel ist erreicht: Die Jugendlichen haben sich Gehör verschafft. Wir sollten jetzt aber nicht über die Frage des Schuleschwänzens, sondern über das Thema Klimaschutz gemeinsam mit unseren Kindern in diesem Land diskutieren. Wir gehen davon aus, dass die Jugendlichen ganz konkret Vorstellungen und Forderungen haben, wie der Klimaschutz verbessert und vorangetrieben werden kann. Das sollten wir jetzt mit unseren Kindern erörtern und gemeinsam nach Lösungen suchen. Denn das ist die gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb reichen wir die Hand zum Gespräch und kommen heute Nachmittag zusammen.

Natürlich wissen wir in diesem Haus um unsere Verantwortung, wer wollte das bestreiten. Und eines ist doch auch klar: Schleswig-Holstein, Deutschland sollen mit gutem Beispiel vorangehen. Darüber dürfen wir aber auch nicht vergessen: Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, dann brauchen wir einen globalen Ansatz. Wir müssen auf internationale Lösungen, Innovationen und Technologien setzen. Dabei geht es vorrangig um wirtschaftliche, aber in hohem Maße auch um soziale Folgen, die es zu berücksichtigen gilt.

Natürlich lässt sich leicht der sofortige Kohleausstieg noch vor 2038 fordern, wenn einem erzählt wird, man bräuchte nur eine entsprechende Anzahl Windräder in die Landschaft setzen. Aber dann muss im selben Atemzug auch über Bürgerproteste bei Trassenausbau, Grundlastfähigkeit von Solarmodulen und komplexe Regelenergiesteuerung der Netzbetreiber gesprochen werden. Das mag jetzt vielleicht alles sehr technisch klingen, aber das sind nun mal ungelöste Probleme, mit denen es die Umsetzer eines Kohleausstiegs schon jetzt zu tun haben und in noch stärkerem Maße zukünftig zu tun kriegen werden. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich würde auch gerne sauberen Strom produzieren. Aber wir sind hier nicht auf Island, wo einem Mutter Erde das Haus von alleine heizt oder in Norwegen, wo man sich vor Stauseen und damit speicherbarem Strom kaum retten kann. Diese Vergleiche heranzuziehen und zu sagen ,Dann können wir das auch` ist kein konstruktiver Debattenbeitrag. Was tun wir, wenn im Norden zu wenig Wind weht oder keine Sonne scheint und die Stromspeicher leer sind? Biogas, Batterien und ein Pumpspeicherwerk in Thüringen reichen nicht. Ein sofortiger Kohleausstieg wird mit vielen Beeinträchtigungen einhergehen. Das müssen wir uns immer bewusst machen und in unseren Diskussionen berücksichtigen. Ohne Strom fährt kein Elektrobus, Rettungsdienste sind möglicherweise nicht erreichbar, medizinische Versorgung ist nicht gewährleistet, Kühlketten werden unterbrochen. Wie abhängig wir von einer sicheren Stromversorgung sind, haben wir doch erst vor kurzem durch einen mehrstündigen Stromausfall in Lübeck erlebt. Wir müssen auch bedenken, dass die Energieversorgung kein Luxusgut werden darf. Strom muss für jeden bezahlbar bleiben. Und dass wir hier besonders aufmerksam bleiben müssen, zeigen die Verteuerungen durch die EEG-Umlagen. Und deswegen müssen wir auch überlegen ob die heutigen Subventionierungen alternativer Energien wirklich sinnvoll sind. Ähnliches gilt für den Verkehrssektor. Ein Verteuern und Verhindern von Mobilität wird keine Akzeptanz erfahren. Mit dem Fahrrad wird ein Wohnungsumzug selbst innerhalb von Kiel zur sportlichen Herausforderung. Wir können nicht einfach mal so ohne Plan und Vorbereitung aus allem aussteigen und glauben, damit die Welt zu retten. Plastikrückstände, Abfallentsorgung, Verschmutzung der Flüsse und Meere, Waldsterben, Abschmelzen der Gletscher ­ es gibt viele Stichworte, die jeden Einzelnen innehalten lassen sollten. Statt auf moralisierende Bevormundung und auf Verbote zu setzen, kann die Antwort doch nur mehr Information, Forschung und Entwicklung heißen. Ein CO²-Zertifikatehandel in Europa mit kürzeren Verfallsdaten würde beispielsweise den Innovationsdruck steigern. Deutsche Technologien könnten in Afrika und Asien eingesetzt werden, um den Aufbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Ich möchte zwei nachdenklich stimmende Zahlen nennen: Deutschland trägt 2,2 Prozent zu den globalen Emissionen bei. Heruntergebrochen auf die Wirtschaftsleistung Schleswig-Holsteins sind das 0,06 Prozent der globalen Emissionen. Soviel zur Verhältnismäßigkeit. Und Klimaschutz ist nicht ausschließlich Sache der Politik, sondern von jedem Einzelnen! Auf den nächsten Skiurlaub, auf die Flugreise nach Kalifornien, auf Kaltgetränke mit Plastikstrohhalm zu verzichten oder nicht mit dem Auto zur Schule gefahren zu werden, das sind Beiträge für den Klimaschutz!

 

Blicken wir also in die Zukunft und ich appelliere an alle Jugendlichen: Schwänzt nicht die Schule, sondern nutzt eure Chancen auf Bildung. Werdet Ingenieure, Wissenschaftler, Techniker und Tüftler, damit ihr bessere Technologien entwickeln könnt, um effektiv gegen die Klima-Herausforderung anzugehen. Bewahrt euch die Freiheit, selbstbestimmt aus eigenem Wissen und eigener Überzeugung zu handeln. Und noch etwas: Die politische Aneinandersetzung und Entscheidungen über den Klimawandel finden in den Parteien und den Parlamenten statt. Und wer hier wirklich Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen will, sollte sich in politischen Parteien oder sogenannten NGOs, nichtregierungstragenden Organisationen, engagieren.

 

Es besteht ja ein breiter Konsens in der Gesellschaft, wenn es um den Klimaschutz geht, aber wir müssen das Wissen um die Folgen des Klimawandels und um die Maßnahmen, mit denen wir dagegen vorgehen können, besser vermitteln. In der Jamaika-Koalition haben wir uns darauf verständigt, dass wir beispielsweise eine Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung für alle Bildungsbereiche im Sinne des UNESCO-Weltaktionsprogramms und des Nationalen Aktionsplanes entwickeln wollen. Von der Kita über die Schulen, in außerschulischen Lernorten, der Hochschul- und beruflichen Ausbildung und Fortbildung bis hin zur Seniorenbildung wollen wir Menschen in allen Altersgruppen nachhaltiges Handeln vermitteln. Projekte wie das ,Haus der kleinen Forscher` vermitteln nicht nur spielerisch Verständnis und Erkenntnisse über naturwissenschaftliche Zusammenhänge, sondern sie sensibilisieren auch für einen schonenden Umgang mit Naturressourcen.

 

Lehrkräfte sind durch die Fachanforderungen verpflichtet, den Schülerinnen und Schülern Wissen zu Energie, Verkehr, Umwelt und Natur zu vermitteln. Schulprojekte wie zum Beispiel die ,Klimadetektive` oder zum persönlichen ökologischen Fußabdruck analysieren und sensibilisieren das eigene Konsumverhalten. Abfalltrennung kann in der Kita und Schule trainiert werden. Auch wenn es bereits viele gute Projekte gibt, wissen wir, dass wir hier besser werden können und wollen. Wir gehen das Problem

 

Es gilt das gesprochene Wort.