Anita Klahn zu TOP 14+23 "Gewalt gegenüber Frauen entgegen treten"

AK

In ihrer Rede zu TOP 14+23 Gewalt gegenüber Frauen entschlossen entgegen treten und Geschlechtssensible Asylverfahren umsetzen erklärt die stellvertretende Vorsitzenden und frauenpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

,,Es ist bezeichnend, dass der Friedensnobelpreis 2018 an die Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad und den Arzt Denis Mukwege verliehen wurde.

Mit großem Mut haben beide dazu beigetragen, dass sexualisierte Gewalt, in diesem Fall als Kriegswaffe, nicht mehr totgeschwiegen werden kann. Diese Preisverleihung ist eine Mahnung an die Gesellschaft, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen und sie kann als Brückenschlag zur Istanbul-Konvention interpretiert werden.

Mit folgenden Sätzen beginnt der Erläuternde Bericht zur Istanbul-Konvention: ,Gewalt gegen Frauen ­ einschließlich häuslicher Gewalt ­ stellt in Europa eine der schwersten geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen dar, die immer noch in den Mantel des Schweigens gehüllt wird.

Häusliche Gewalt gegen andere Opfer wie Kinder, Männer und ältere Menschen ist ebenfalls ein kaum beachtetes Phänomen, das zu viele Familien betrifft, um ignoriert werden zu können.`

Diese Worte nehmen jeden Appell im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen vorweg. Es muss etwas geschehen.

Unsere Gesetzgebung und unsere Wertvorstellung sind die Eckpfeiler für unser Zusammenleben. Gerade das Grundgesetz ist ein Meilenstein in der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Viel hat sich dadurch in unserer Gesellschaft verändert. Auch wenn dieser Prozess der Veränderung teilweise nur mühsam und viel zu langsam erscheint. Erinnert sei nur an die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe, die in der Bundesrepublik gerade mal seit 1997 als solche strafbar ist. Und der Kampf gegen Gewalt gegen Frauen ist noch lange nicht gewonnen.

Es ist wichtig, die Gleichstellung von Frauen und Männern weiter voranzutreiben, den gegenseitigen Respekt in zwischenmenschlichen Beziehungen zu erhöhen sowie die Gewaltfreiheit zu fördern: Die Verantwortung hierfür liegt vorrangig bei den Eltern. Aber sie liegt eben auch bei der Politik. Die Ratifizierung der sogenannten Istanbul-Konvention ist hier ein wichtiger Schritt. Dort wird Gewalt in seinen unterschiedlichen Formen definiert. Wir stellen klar, dass Gewalt unter Berufung auf Kultur, Sitten, Religion, Tradition oder die sogenannte ,Ehre` nicht toleriert wird.

Viele der einzelnen Artikel der Istanbul-Konvention erfüllen wir bereits. So fanden und finden viele tausende Frauen in Deutschland Schutz, weil sie wegen ihres Geschlechts in ihren Herkunftsländern verfolgt wurden. Schon lange vor der Istanbul-Konvention hat sich die Bundesrepublik im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention und der europäischen Flüchtlingskonvention gebunden und gewährleistet dies zudem über das Asylgesetz und die Rechtsprechung. 2017 wurden über 20.000 Personen wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung als Flüchtling anerkannt. Das entsprach 22,3 Prozent aller Entscheidungen bei denen eine Flüchtlingsanerkennung festgestellt wurde. Geschlechtsspezifische Gewalt durch staatliche und nichtstaatliche Akteure nimmt in der Entscheidungspraxis des BAMF einen großen Stellenwert ein.

Unser Aufenthaltsgesetz räumt Frauen auch ein eigenes Aufenthaltsrecht ein, wenn die Ehe im Bundesgebiet seit drei Jahren bestanden hat. Sollte das Festhalten an der Ehe für die Frauen unzumutbar sein, sieht das Aufenthaltsgesetz vor, dass keine dreijährige Ehe bestanden haben muss. Diese Regelung zielt auch auf Frauen ab, die Opfer von Gewalt durch ihre Ehe- männer geworden sind. Sie soll verhindern, dass Frauen durch die Drohung einer möglichen Abschiebung, vom Ausbrechen aus der sie belastenden Ehe abgehalten werden. Ich sehe hier insbesondere in der frühzeitigen und umfangreichen Information einen wichtigen Hebel, damit diese Regelung den Frauen auch wirklich hilft. Darum lassen sie uns im Ausschuss über bestehende und ggf. erforderliche konkrete Maßnahmen diskutieren, wo die Themen Beratung und Unterbringung eine zentrale Rolle spielen sollten.

Es gibt viele wichtige Akteure im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen. Genannt sei etwa das mit Landesmitteln unterstützte Projekt von Petze e.V., das in Kitas und Schulen ansetzt. Unsere gemeinsame Herausforderung wird sein, die vielen einzelnen Hilfsmaßnahmen und gesetzgeberischen Maßnahmen besser miteinander zu verzahnen und ineinandergreifende poli- tische Maßnahmen zu entwickeln. Lassen sie uns alle gemeinsam an der Situation der Frauen arbeiten. Lassen sie uns alle gemeinsam daran arbeiten, dass Gewalt gegen Frauen, gegen Kinder, gegen jeden Menschen zukünftig der Vergangenheit angehören wird."

 

Es gilt das gesprochene Wort.