Anita Klahn zu TOP 15 "Politische Diskussion und politisches Handeln in der Schule"

AK

In ihrer Rede zu TOP 15 (Politische Diskussion und aktives Handeln in der Schule fördern ­ fair, sachlich, neutral) erklärt die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

,,Ziel der politischen Bildung in Schulen muss es sein, Kinder und Jugendliche zu mündigen Bürgern zu erziehen. Sie sollten die Funktion und Bedeutung demokratischer Prozesse nachvollziehen können und befähigt werden, frei von jeder Bevormundung ihre eigene Meinung zu bilden. Das Bundesverfassungsgericht hat daher jeder einseitigen politischen oder religiös-weltanschaulichen Einflussnahme in öffentlichen Schulen eine Absage erteilt. Der Beutelsbacher Konsens von 1976 wurde in einer Zeit großer politischer und gesellschaftlicher Kontroversen geschlossen. Über Partei- und Konfessionsgrenzen hinweg gelangte man zur Einsicht, dass es zu keinem ,Kampf um die Köpfe` in den Schulen kommen darf.

Der Konsens verpflichtet Lehrer darauf, die Schüler nicht im Sinne erwünschter Meinungen zu beeinflussen und damit eine selbständige Urteilsbildung zu verhindern. Das Gegenteil ist der Fall: Es gilt, unterschiedliche Standpunkte neutral zu vermitteln und die Schüler zu ermuntern, sich ihr eigenes Bild zu machen. Das heißt aber nicht, dass politische Bildung in der Schule im luftleeren Raum stattfindet. Aktuelle politische Themen, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, sollten selbstverständlich auch im Klassenraum ein Echo finden. Gerade kontroverse Themen eignen sich hervorragend, das Für und Wider unterschiedlicher Politikansätze abzuwägen und zu diskutieren. Der Beutelsbacher Konsens verpflichtet Lehrer zu parteipolitischer Neutralität, aber nicht zu Wertneutralität. Aus unseren Schülern sollen mündige Bürger werden, und zwar Bürger unseres freiheilich-demokratischen Staates. Dies bedeutet, sie für die Gefahren, die von jedwedem Extremismus ausgehen, hinreichend zu sensibilisieren. Und es scheint mir, dass die AfD gerade deshalb dieses Fass hier und heute aufmacht. Es passt ihr nämlich nicht, dass in unseren Schulen auch über die Gefahren des Rechtsextremismus gesprochen wird, der in Teilen der AfD immer offener zutage tritt. Wenn ein Björn Höcke, Kopf des rechten Flügels Ihrer Partei, die AfD mehrfach als ,letzte evolutionäre Chance für unser Land` bezeichnet, so droht er indirekt mit einer Revolution und damit dem Umsturz unseres gegenwärtigen freiheitlich-demokratischen Systems. Das sind extremistische Tendenzen, über die im Unterricht ebenso aufgeklärt werden sollte wie über linken oder religiösen Extremismus. Das hat auch nichts mit der gebotenen Überparteilichkeit und Neutralität der Schule zu tun. Das ist vielmehr eine der Kernaufgaben von politischer Bildung, die in unserem Staat immer auch Demokratiebildung ist. Ich sehe es mit Sorge, wie die AfD versucht, Lehrer beispielsweise durch die Einrichtung von Online-Meldeportalen zu verunsichern. Es ist offenkundig, dass es ihr darum geht, jene offenen, kritischen und kontroversen Diskussionen in den Schulen zu unterbinden, die notwendig sind, um den politischen Bildungsauftrag vollumfänglich zu erfüllen.

Freiheit ist nicht selbstverständlich. Demokratie muss jeden Tag neu gelebt werden, sonst verlieren wir sie und damit unsere Freiheit. Der politischen Bildung in der Schule kommt eine besondere Bedeutung zu, weil Weltbilder in jungen Jahren geprägt werden. Deshalb begrüße ich auch die zahlreichen Angebote unseres Landesbeauftragten im Rahmen des 70-Jährigen Bestehens des Grundgesetzes. Es ist gut, dass damit unsere parlamentarische Demokratie und der faire Wettbewerb unter den Parteien für die Schüler erfahrbar werden.

Für Maßnahmen zur Vertiefung der politischen Bildung stellt die Landesregierung in diesem Jahr die Summe von 280.000 Euro bereit und jeder einzelne Cent davon ist gut investiertes Geld. Das ist gerade in diesen Zeiten wichtig, in denen der Parlamentarismus mehr und mehr unter Beschuss gerät. Der liberale Rechtsstaat ist ein historisches Erfolgsmodell und wir müssen alles daran setzen, dass es auch in der jüngsten Generation genügend mündige Bürger gibt, die bereit sind, ihn aus Überzeugung zu tragen."

 

Es gilt das gesprochene Wort.