Kita/Erzieher als Mangelberuf anerkennen

Anita Klahn zu TOP 22 „Anerkennung des Erzieherberufs als Mangelberuf“

Anita Klahn

In ihrer Rede zu TOP 22 (Anerkennung des Erzieherberufs als Mangelberuf) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und kitapolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

„Die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung haben an Bedeutung gewonnen. Und sie werden dies auch in den kommenden Jahren tun, da immer mehr Frauen einer Berufstätigkeit nachgehen und somit Kinder in Krippen, Kindertagesstätten, der Kindertagespflege und in Horten betreut werden. Diese Entwicklung ist wichtig und richtig. Denn eines ist heute doch nicht mehr von der Hand zu weisen. Die Zeiten, in denen die Frau zu Hause bleibt, während der Mann zur Arbeit geht, sind vorbei. Die Finanzierung einer Familie obliegt heute gezwungenermaßen beiden Elternteilen. Gerade für Frauen hat sich gezeigt, dass wenn sie im Alter nicht mit einer Mini-Rente und damit der Gefahr von Altersarmut dastehen wollen, Betreuungskonzepte existieren müssen, die sie in die Lage versetzen, auch während der Erziehungsjahre arbeiten zu gehen. Die Gefahr von Altersarmut ist existent und sollte nicht verharmlost werden.

Familie und Beruf lassen sich damit nur vereinbaren, wenn es eine quantitativ und qualitativ gut ausgebaute Betreuungsinfrastruktur gibt. Und die wiederum basiert unter anderem auf gut ausgebildeten Fachkräften. Und genau diese fehlen uns zunehmend. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

-        Sinkende Geburtenzahlen seit 1970 bedeuten weniger Menschen auf dem Arbeitsmarkt, der Wettbewerb um Fachkräfte wirkt sich aus.

-        Dadurch öffnen sich die politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich gewollten beruflichen Möglichkeiten für Frauen und Erziehende und

-        daraus resultiert ein Betreuungsmehrbedarf für Kinder.

Individuelle berufliche und private Entscheidungen zur familiären Lebensführung brauchen flexible Betreuungslösungen. Um Familien bei der Erziehungsarbeit zu unterstützen und insbesondere Frauen den beruflichen Einstieg zu erleichtern, wurde 1996 der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für drei- bis sechsjährige eingerichtet. Seit 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr. Wurden in den 1970er Jahren Kinder nur an einigen Tagen und wenige Stunden betreut, ist heute ein regelhafter, flexibler Betreuungsbedarf von eher fünf bis acht Stunden täglich vorhanden. Das Betreuungszeitfenster umfasst dabei einen mehr als zwölfstündigen Bedarf. Für weitere Engpässe sorgt die Tatsache, dass ausgebildete Erzieherinnen nur zu 60 Prozent tatsächlich in der frühkindlichen Betreuung arbeiten und auch durchschnittlich nur sieben Jahre dort bleiben. Die Zahl der Beschäftigten in der Kinderbetreuung ist in dem Zeitraum von 1990 bis 2015 bundesweit um fast 80 Prozent angestiegen. Davon fallen knapp 55 Prozent in den Zeitraum ab 2006.

Der gewollte quantitative und vor allem auch qualitative Ausbau der Kinderbetreuung erfordert also mehr Personal. Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts aus 2017 belegt, dass bundesweit bis 2025 bis zu 300.000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen werden. Aus der Kleinen Anfrage Drs. 18/4478 geht hervor, dass die damalige verantwortliche Landesregierung davon ausging, dass die vorhandenen Ausbildungsmaßnahmen ausreichen würden, den Fachkräftebedarf bis 2020 in Schleswig-Holstein vollständig decken zu können. Die Bundesagentur für Arbeit stellt in ihrer Statistik aus September 2018 dar, dass der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen zu erheblichen Steigerungen der dort Beschäftigten geführt hat, die Vollzeit- sowie die Teilzeitstellen angestiegen, die Zahl der Arbeitslosen in diesem Bereich überdurchschnittlich zurückgegangen sind und die Zahl der gemeldeten Stellen überdurchschnittlich zugenommen hat. Im Ergebnis formuliert die Bundesagentur für Arbeit aber, dass es nach ihren Kriterien keine eindeutigen Anzeichen für einen Fachkräftemangel bei Erziehern gibt. Unterdurchschnittliche Vakanzzeiten weisen darauf hin, dass freie Stellen in angemessener Zeit besetzt werden können. Mit Weiterbildungsmaßnahmen trage man zur Sicherstellung des Fachkräfteangebots bei. Die Realität in den Einrichtungen sieht jedoch gänzlich anders aus. Und darauf weisen uns auch die Träger der Kinderbetreuungseinrichtungen seit Jahren hin. Um hier nun endlich zielgerichtet zu handeln, fordern wir nunmehr die Bundesagentur für Arbeit auf, den Beruf der Erzieherin und des Erziehers als Mangelberuf anzuerkennen.

Wir wollen Kinder, wir wollen Familien. Dazu gehört eine funktionierende Kinderbetreuung, die wir mit dem heutigen Antrag, aber auch mit der laufenden Kitareform unterstützen wollen. Für eine funktionierende Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“

Es gilt das gesprochene Wort!