Anita Klahn zu TOP 23 „Unterrichtsqualität an den Grundschulen Schleswig-Holsteins“

stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn

In ihrer Rede zu TOP 23 (Unterrichtsqualität an den Grundschulen Schleswig-Holsteins im Schuljahr 2018/19) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

„Die vorliegende Große Anfrage gibt einen guten Überblick über die aktuelle Situation an den Grundschulen. Da wir alle wissen, dass guter Unterricht immer von der Lehrkraft abhängt, haben wir Koalitionspartner hier auch einen Arbeitsschwerpunkt gesetzt und auch einiges auf den Weg gebracht.

Unterrichtsausfälle werden in der verlässlichen Grundschule anders wahrgenommen als an den weiterführenden Schulen, da die Kinder nicht nach Hause geschickt werden können. Auch jahrgangsübergreifende oder inklusive Unterrichtskonzepte erfordern besondere Bedarfe. Insofern ist die Bewertung von Unterrichtsausfall zwar wichtig, aber auch das System muss sich einer kritischen Überprüfung stellen. Wir wissen alle, wie wichtig die Bildung in der Frühphase ist. Einmal entstandene Lücken in der Grundschule sind nur mit viel Mühe und Einsatz wieder aufzuholen. Weil wir seit Jahren auch wissen, dass Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich deutlich weniger Unterrichtsstunden erteilt als andere Bundesländer, was auf vier Schuljahre hochgerechnet einen Unterschied von bis zu einem drei viertel Schuljahr ausmacht, haben wir die Unterrichtszeit an den Grundschulen bereits um eine Stunde erhöht und wollen weitere folgen lassen.

Bedauerlich ist, dass es nach wie vor einen hohen Prozentsatz fachfremd erteilten Unterrichts gibt. Insbesondere in dem mathematischnaturwissenschaftlichen Bereich konkurriert das Lehramt mit deutlich besser bezahlten Jobs in der freien Wirtschaft. Insofern war die Besoldungsanpassung für Grundschullehrkräfte auf das Niveau A13 überfällig – aber auch aus Gründen der Anerkennung gegenüber unseren Lehrerinnen und Lehrer.

In diesem Zusammenhang wird sich auch das Lehrerkräfte-Prognosetool zukünftig als große Hilfe erweisen. Erstmalig wird es möglich sein, frühzeitig Bedarfe abschätzen zu können. Denn unser Problem sind nicht nur zu wenig angehende Lehrer – sie studieren oftmals auch Fächerkombinationen, in denen kein Mangel herrscht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Ohne Seitenund Quereinsteiger werden wir den Schulbetrieb in Zukunft kaum aufrechterhalten können.

Eine weitere große Herausforderung ist nach wie vor die Inklusion. Wir mögen in Schleswig-Holstein vielleicht eine hohe Inklusionsquote aufweisen – eine Aussage über die Qualität lässt diese aber nicht zu. Nach einem von der FDP –Fraktion veranstalteten Fachtag haben wir noch einmal bestätigt bekommen, dass wir in diesem Bereich viel mehr Ressourcen brauchen. Das betrifft die räumliche Ausstattung ebenso wie die personelle. Es ist niemandem geholfen, wenn man alle Kinder gemeinsam unterrichten möchte, aber den Lehrern nicht die Möglichkeiten gibt, ihren eigenen hohen Ansprüchen – der auch unserer ist - gerecht zu werden. Deswegen halte ich es für dringend notwendig, dass wir die Inklusion und die sonderpädagogische Förderung weiterentwickeln und das Thema keinesfalls auf die lange Bank schieben und aus dem Blickfeld verlieren. In diesem Zusammenhang sollten wir auch die starken Schüler im Blick behalten. Ich halte eine sinnvolle Begabtenförderung für ebenso wichtig. So richtig es ist, schwächere Schüler zu fördern, müssen wir auch den begabten Kindern die Möglichkeit geben, ihre Neigungen und Fähigkeiten voll zur Geltung kommen zu lassen.

Ebenso wichtig ist das Thema Digitalisierung bzw. digitaler Unterricht. Auch wenn die Corona-Pandemie kaum als freudiges Ereignis zu bezeichnen ist – etwas Gutes kann man ihr aus Bildungssicht vielleicht dennoch abgewinnen: Uns wurden schonungslos unsere Defizite beim digitalen Unterricht aufgezeigt. Und obwohl wir in Schleswig-Holstein eine im bundesvergleich hervorragende Abdeckung mit schnellem Internet haben, kommt davon an den Schulen zu wenig an. Mit den aufgestockten Bundesmitteln für den Digitalpakt und den zusätzlichen Mitteln des Landes müssen wir nun schnell dafür sorgen, die gröbsten Defizite zu beseitigen. Mit fast zehn Millionen Euro für die Ausstattung der Lehrer mit digitalen Endgeräten und der Etablierung einer einheitlichen Lernsoftware sind wir auch hier auf einem guten Weg. Den gilt es weiter zu beschreiten – auch nach Corona.

Das Perspektivschul-Programm haben wir in dieser Legislaturperiode erstmals geschaffen und mit 40 Millionen Euro hinterlegt. Diejenigen Schulen, die mit besonders großen Herausforderungen konfrontiert sind, erfahren eine besondere Unterstützung. Die ersten 20 Schulen sind bereits erfolgreich mit dem Projekt gestartet, weitere 40 Schulen werden folgen.“