Annabell Krämer zu TOP 21 „Finanztransaktionssteuer einführen“

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 21 (Finanztransaktionssteuer einführen) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

„Der SSW spricht sich in seinem Antrag für die Besteuerung sämtlicher Umsätze am Wertpapiermarkt aus. Er will zugleich den Kleinsparer verschonen und glaubt, dies mit einer – viel zu niedrig angesetzten – steuerfreien Bagatellgrenze gewährleisten zu können. Der SSW beantragt, dass jede Privatperson für insgesamt 3000 Euro im Jahr steuerfrei traden darf. Das durchschnittliche Ordervolumen beträgt heute bereits 4500 Euro.

Dieser Antrag des SSW ist eine komplette Luftnummer. Er hilft Privatanlegern gar nicht. Die Steuerfreistellung gemäß SSW-Antrag betrüge bei einem angenommenen Steuersatz von 0,25 Prozent sage und schreibe ganze sieben Euro 50 im Jahr. Mit der Einführung einer Finanztransaktionssteuer wird die Hoffnung verbunden, schädliche Spekulationen einzudämmen und längerfristige Investments zu begünstigen. Zudem soll der Finanzsektor stärker an der Finanzierung des Staates beteiligt werden. Das sind alles hehre Ziele, für die aber eine Finanztransaktionssteuer ein untaugliches Mittel mit beträchtlichen Nebenwirkungen ist. Warum ist das so? Nun, eine solche Steuer unterscheidet nicht zwischen förderlichen und schädlichen Transaktionen. Auch kurzfristige Finanztransaktionen sind für einen funktionierenden Kapitalmarkt notwendig.

Über die Sinnhaftigkeit des sogenannten Hochfrequenzhandels kann man sich zweifellos streiten. Wenn Computer vollautomatisch im Millisekundenbereich mit Wertpapieren handeln, hat das kaum noch etwas mit der Realwirtschaft zu tun. Allerdings ist es nicht so, dass dieser Bereich völlig unreguliert wäre und hier ein zwingender Bedarf für eine lenkende Steuer bestünde. Auch mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip ist es nicht weit her. Denn die Steuer fällt unabhängig davon an, ob eine Finanztransaktion zu einem Gewinn, einem Verlust oder lediglich zu einer Vermögensumschichtung führt. Doch nur ein Gewinn ist mit einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit verbunden und dürfte somit besteuert werden. Steuergerechtigkeit sieht anders aus! Zudem stellt sich die Frage, wie effektiv eine Finanztransaktionssteuer überhaupt sein kann, die auf europäischer oder sogar nur nationaler Ebene umgesetzt wird. Es muss damit gerechnet werden, dass die Finanzmarktakteure einfach auf andere Handelsplätze ausweichen. Diese Erfahrung hatte übrigens Schweden gemacht und deshalb die einseitig eingeführte Finanztransaktionssteuer 1991 nach wenigen Jahren wieder abgeschafft. Ich meine, wir sollten daraus lernen und es tunlichst unterlassen, mit einer solchen Steuer den heimischen Finanzplatz zu beschädigen.

Eigentlich sollten wir uns darin einig sein, Kleinsparer nicht noch zusätzlich zu belasten. Wir Freie Demokraten sehen im Gegenteil sogar dringenden Handlungsbedarf, den privaten Vermögensaufbau zu stärken, um einer wachsenden Altersarmut entgegenzuwirken. Die Deutschen haben relativ hohe Einkommen und relativ kleine Vermögen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Belastung mit Steuern und Abgaben ist hoch, die Wohneigentumsquote niedrig. Die Grunderwerbsteuer ist eine Hürde auf dem Weg zum Eigenheim, die wir gerne senken würden. Leider hat es die Bundesregierung immer noch nicht fertig gebracht, das Steuerschlupfloch bei den Share Deals zu schließen, damit wir die Bürger an anderer Stelle entlasten können.

Ein weiterer Grund für das niedrige Vermögen der Deutschen ist die geringe Aktienquote. Das Geldvermögen der Deutschen schmilzt in Zeiten negativer Realzinsen wie Schnee in der Frühlingssonne. Je nach Studie besitzen nur 12 bis 16 Prozent der Deutschen Aktien, obwohl eine langfristige und breit gestreute Aktienanlage zu den besten Anlageformen gehört, die es gibt. Es passt ins Bild, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz eine Finanztransaktionssteuer vorgeschlagen hat, die ausgerechnet Aktienkäufe besteuert, aber Finanzderivate ausspart. Betroffen wären also nicht in erster Linie Spekulanten, sondern Kleinanleger. Auch Lebensversicherungen und Versorgungswerke, die sich um die Altersvorsorge von Millionen Menschen kümmern, wären von der Steuer betroffen. Man kann sich nur an den Kopf fassen, was Olaf Scholz da schon wieder geritten hat. Eine vernünftige Politik für die Mitte der Gesellschaft ist das jedenfalls nicht.

Was wir stattdessen fordern, ist die Wiedereinführung der Spekulationsfrist, mit der die Gewinne auf Aktien steuerfrei gestellt werden, wenn der Anleger die Wertpapiere eine gewisse Zeitspanne hält. Denn das dürfen wir in der Diskussion nicht vergessen: Auf alle Gewinne, die den Sparerpauschbetrag übersteigen, fällt die Abgeltungssteuer an. Mit der Spekulationsfrist könnten wir diejenigen Bürger belohnen, die langfristig anlegen und eben nicht an den Finanzmärkten zocken.

Als Freie Demokraten wollen wir den privaten Vermögensaufbau stärken, nicht behindern. Wir wollen Bürger und Unternehmen entlasten, nicht mit neuen Steuern belasten. Deshalb lehnen wir die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ab. Wenn wir die Finanzmärkte stabiler machen wollen, dann hilft keine Besteuerung. Wir sollten stattdessen den Blick auf die Notenbanken der Welt richten, die ungeheure Geldmengen in die Märkte gepumpt haben. Dieses Geld hat die Vermögenspreise befeuert, die Volatilität der Finanzmärkte vergrößert und Spekulanten reich gemacht.“