Annabell Krämer zu TOP 30 "Grundsteuer-Reform"

AK

In ihrer Rede zu TOP 30 (Konsequenzen aus bisherigem Scheitern der Grundsteuer-Reform ziehen ­ Grundsteuer abschaffen) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

,,Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im April 2018 steht fest, dass bis Dezember 2019 eine verfassungskonforme Neuregelung der Grundsteuer zu treffen ist. Doch bis heute liegt kein Gesetzentwurf der heillos zerstrittenen Bundesregierung vor, einer Koalition, die nicht in der Lage ist, konstruktiv an einer Lösung der politischen Probleme zu arbeiten. Ein Armutszeugnis! Und die Grundsteuer ist zweifellos ein politisches Problem, das bundesweit tausende Kommunen ebenso betrifft wie Millionen von Eigentümern und Mietern. Es wurden bisher lediglich Eckpunkte eines Modellentwurfs veröffentlich. So sieht Bundesfinanzminister Scholz ein modifiziertes Ertragswertverfahren vor. Während für den Grund und Boden der Ertragswert aus den Bodenrichtwerten abgeleitet wird, soll für das darauf stehende Gebäude eine sogenannte Listenmiete herangezogen werden.

Wir Freie Demokraten waren schon immer skeptisch gegenüber einem solchen wertabhängigen Modell. Denn erstens wollen wir die steigenden Wohnkosten in unseren Ballungsgebieten nicht noch zusätzlich anheizen.

Zweitens droht den Bürgern mit jeder Hauptfeststellung eine automatische Steuererhöhung. Drittens macht jede Wertkomponente die Grundsteuer bürokratischer und streitanfälliger. Wir halten insbesondere die inkludierte Gebäudebewertung für hochproblematisch und rechtsunsicher. Dieses gilt nicht nur für Individual-, sondern auch für die Berücksichtigung von Listen- mieten. Deutlich wird dies durch den Plan, die Listenmieten in teuren Lagen von Großstädten ab 600.000 Einwohnern pauschal um 10 Prozent zu erhöhen. Mit dieser Behelfslösung soll der Tatsache unterschiedlicher Mietniveaus innerhalb einer Stadt Rechnung getragen werden. Was aber wird mit einer solchen Regelung tatsächlich erreicht? Der Bund würde ohnehin schon teure Lagen noch stärker mit der Grundsteuer belasten!

Das kann ebenso wenig auf unsere Zustimmung stoßen wie der Plan, Immobilien des sozialen Wohnungsbaus oder gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften durch einen Abschlag auf die Messzahl zu privilegieren. Zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus gibt es sinnvollere Instrumente.

Denn ein Abschlag auf die Messzahl bedeutet im Umkehrschluss nichts anderes, als eine zusätzliche Belastung von privaten Eigentümern! Wie soll sonst sichergestellt werden, dass das Gesamtaufkommen stabil bleibt? Es sind gerade private Kleinvermieter, die ein hohes Maß an sozialer Verantwortung zeigen und im Interesse eines intakten Verhältnisses zu ihren Mietern häufig auf Mieterhöhungen verzichten. Auch das Wohnen in den eigenen vier Wänden, das wir ja eigentlich fördern wollen, würden wir zusätzlich verteuern. Dies kann doch nicht unser gemeinsames Ziel sein!

Wir sehen zahlreiche Probleme, die mit einer Gebäudebewertung verbunden sind. Entweder ist diese Bewertung zu pauschal und damit verfassungswidrig oder sie wird derart aufwändig, dass Bürger und Verwaltung von der Bewertungslast erdrückt werden. Da unsere politischen Mitbewerber nicht von einer Wertkomponente abrücken wollen, hatten wir zwischenzeitlich einen Kompromissvorschlag gemacht, der vorsieht, zwar den Bodenwert als Wertkomponente zu akzeptieren, aber auf eine Bewertung des Gebäudes zu verzichten und lediglich seine Fläche zu berücksichtigen. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine neue Grundsteuer sind sehr vage. Tatsache ist allerdings, dass ein einfaches Flächenmodell die wenigsten Rechtsprobleme aufwirft und auch deshalb die von uns favorisierte Lösung bleibt! Wir wollen eine rechtssichere und transparente Grundsteuer, die einfach zu erheben ist und unnötige Bürokratie vermeidet.

Für uns ist die Grundsteuer auch kein geeignetes Instrument für sozialstaatliche Umverteilung. Nicht jeder, der eine wertige Immobilie besitzt, ist automatisch vermögend. Die Grundsteuer ist eine reine Objektsteuer, die eben nicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpft. Wer Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung erzielt, unterliegt bereits der Einkommensteuer und leistet somit seinen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben. Insoweit mache ich auch keinen Hehl aus meiner Sympathie für eine Abschaffung der Grundsteuer, denn sie greift unmittelbar in die Vermögenssubstanz ein. Auf der anderen Seite ist die Grundsteuer ein bewährtes und allgemein akzeptiertes Finanzierungsinstrument für unsere Kommunen, weshalb ich den Antrag der AfD aus voller Überzeugung ablehne. Die AfD will die Grundsteuer durch einen höheren Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ersetzen. So würden zwar die kommunalen Einnahmeausfälle kompensiert, nicht aber der Wegfall des Hebesatzrechts und damit der Verlust an kommunaler Einnahmenautonomie. Eine hinreichende Einnahmenautonomie in Form von eigenen Steuerkompetenzen ist jedoch wichtige Voraussetzung der kommunalen Selbstverwaltung, die wir nicht aufs Spiel setzen sollten.

Die Zeit drängt und im Bund regiert das Chaos. Wir brauchen bald eine Lösung und diese Lösung kann darin bestehen, den Ländern per Freigabegesetz oder Öffnungsklausel die Möglichkeit zu geben, die Grundsteuer in eigener Zuständigkeit zu regeln. Eine Föderalisierung der Grundsteuer könnte durchaus ein gangbarer Weg sein, zwingt die Länder aber auch dazu, selbst Farbe zu bekennen. Wir werden sehen, was Berlin uns final vorlegt. Das, was bisher auf dem Tisch liegt, ist für uns Freie Demokraten allerdings kaum zustimmungsfähig. Wir werden deshalb weiterhin für eine einfache, transparente und rechtssichere Grundsteuer werben ­ und zwar für das Flächenmodell!"

 

Es gilt das gesprochene Wort.