Finanzen/ Gender Budgeting

Annabell Krämer zu TOP 31 „Gender Budgeting“

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 31 (Gender Budgeting – Kriterien bei der Umsetzung der EU-) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

„Als Liberale habe ich es nicht nötig, ein Bekenntnis zur Gleichberechtigung von Mann und Frau abzugeben oder ein flammendes Plädoyer gegen Geschlechterdiskriminierung zu halten. Diese Ziele und Werte sind für uns Freie Demokraten eine Selbstverständlichkeit und ganz nebenbei auch Verfassungsauftrag. Frauen und Mädchen sind heute ein selbstbewusster und gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft und mittlerweile auch in führenden Positionen in Politik und Wirtschaft vertreten. Natürlich bleibt gerade in islamisch dominierten Kulturen oft noch eine Menge zu tun, um der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der Frau zum Durchbruch zu verhelfen. Hier müssen wir etwas tun.

Die SPD meint nun in ihrem Antrag, dass Gender-Budgeting-Kriterien bei der Umsetzung der EU-Förderprogramme im Land stärker berücksichtigt werden müssen. Was bedeutet eigentlich ‚Gender Budgeting‘? Hierbei handelt es sich um die systematische Prüfung aller Einnahmen und Ausgaben auf die ökonomischen Effekte für Frauen und Männer. Wenn beispielsweise ein Fußballplatz errichtet wird, so dient diese Investition vermeintlich überwiegend Männern und ist entsprechend zu bilanzieren. Es müsste dann zum Ausgleich nach einer Investition gesucht werden, die überwiegend Frauen zugutekommt, um die Geschlechtergerechtigkeit der Ausgaben zu wahren. Und für uns Frauen soll es dann etwa Yoga-Schulen geben? Was für eine stereotype Einstellung! Ganz ehrlich: Eine Prüfung und Einteilung von Ausgaben primär nach gleichstellungsfördernd oder gleichstellungsgefährdend ist nicht sinnvoll.

Haushaltspolitische Entscheidungen sind das Ergebnis einer komplexen Abwägung unterschiedlicher Ziele und Bedarfe bei knappen finanziellen Ressourcen. Viele Überlegungen spielen dabei eine Rolle. Warum sollten wir diese Entscheidungen einseitig einer Genderkontrolle unterziehen? Ist die Förderung eines Fußballplatzes automatisch frauenfeindlich? Sollten wir uns nicht freuen, wenn vermehrt auch Frauen kicken und nicht dem Geschlechterstereotyp zufolge Ballett tanzen? Warum unterziehen wir Ausgaben dann nicht auch einem Demographietest, damit Generationengerechtigkeit gewährleistet ist oder prüfen jede Ausgabe auf andere mögliche Diskriminierungen? Sie sehen, die Politik verheddert sich schnell, wenn sie versucht, Budgetentscheidungen in ein bürokratisches Raster zu zwängen, um vermeintliche Ungerechtigkeiten aufzuspüren und abzustellen. Um im Bild zu bleiben: Niemand fördert Fußballplätze, um Frauen zu schaden, sondern um der Bevölkerung eine bedarfsgerechte sportliche Infrastruktur anzubieten.

Davon abgesehen fußt der SPD-Antrag auf einer falschen Wahrnehmung. Es ist keineswegs so, dass die Vorgaben für eine gleichstellungsorientierte Umsetzung der EU-Programme in Schleswig-Holstein unzureichend erfüllt werden, wie es in der Begründung heißt. Die EU-Kommission hat ‚Gender Mainstreaming‘ als ein Querschnittsziel ihrer Förderpolitik definiert. Die Querschnittsziele werden durch entsprechende Bewertungen aller Projekte, Sachberichte, jährliche Durchführungsberichte und begleitende Evaluierungen umgesetzt bzw. deren Einhaltung überwacht. Die EU-Kommission hat für die laufende Förderperiode in Schleswig-Holstein eine mehr als ausreichende Verfolgung der Querschnittsziele und somit auch der Gleichberechtigung attestiert. Der Landesrechnungshof tadelte in seinen Bemerkungen 2020 sogar das schlechte Nutzen-Kosten-Verhältnis dieser Bemühungen im EFRE-Programm wie folgt: ‚Um die voraussichtlichen Auswirkungen jedes Förderprojekts auf die Querschnittsziele zu ermitteln, wurde ein verwaltungsaufwendiges 9-seitiges Abfrageverfahren eingeführt. Dieses band Ressourcen bei Zuwendungsempfängern und Dienstleistern, ohne dass auch nur ein Projekt aufgrund der vorgenommenen Bewertungen nicht gefördert wurde. Bei den Dienstleistern wurden für das Verfahren 2 Vollzeitstellen neu geschaffen.‘

Die überbordende Bürokratie ist ohnehin schon ein großes Problem bei den EU-Förderprogrammen. Anstatt durch zweifelhaftes ‚Gender Budgeting‘ die Abwicklung und Umsetzung der Programme noch komplizierter zu machen, sollten wir im Gegenteil alle Möglichkeiten nutzen, um Bürokratie zu reduzieren. Die EU-Mittel für die Technische Hilfe reichen schon jetzt nicht aus, um die Verwaltungskosten zu decken. Jeder weitere Aufwand müsste daher mit zusätzlichen Landesmitteln finanziert werden. Das ist weder in guten und schon gar nicht in schlechten Haushaltsjahren angemessen! Wir Freie Demokraten lehnen daher den vorliegenden Antrag als unbegründet ab. Schleswig-Holstein erfüllt bzw. übererfüllt schon heute alle Anforderungen ans ‚Gender Mainstreaming‘ als Querschnittsziel der EU. Die ergänzende Einführung eines ‚Gender Budgeting‘ ist weder erforderlich noch sinnvoll, sondern würde weitere finanzielle und personelle Ressourcen binden, ohne dass es nennenswerte Effekte auf die EU-Förderungen gäbe.“

Es gilt das gesprochene Wort!