Bernd Buchholz zu TOP 18 "Neujustierung und gezielte Weiterentwicklung der Beziehungen zu China"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 18 (Neujustierung und gezielte Weiterentwicklung der Beziehungen des Landes Schleswig-Holstein zu China) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Die Diskussion um die Beteiligung des chinesischen Staatsreedereibetriebes Cosco an einem Hafenbetreiberterminal im Hamburger Hafen hat zu einer, wie ich finde, kontroversen, teilweise sehr undifferenzierten und zugespitzten Diskussion über die Beziehungen Chinas an wirtschaftlichen Bereichen geführt. Ich glaube, wir müssen wieder zu einer rationaleren Debatte kommen. Denn die Diskussion hatte auch zu ganz merkwürdigen Konstellationen geführt. Der Ministerpräsident findet sich eng an der Seite des ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg wieder, der eine Drittelbeteiligung befürwortet hat. Diese wird dann gemeinsam mit Olaf Scholz auf eine 24,9 Prozent-Beteiligung reduziert, die der Kollege Koch öffentlich begrüßt, während der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, das alles für vom Teufel hält. Da sieht man, es braucht offensichtlich ein bisschen Sortierung.

Ja, es geht nicht nur um eine Beteiligung an kritischer Infrastruktur in Deutschland, sondern es geht auch darum, dass man angesichts einer immer aggressiveren Wirtschaftspolitik, die eingesetzt wird, um staatliche Vorherrschaft durch chinesische Unternehmen zu bewirken, darüber nachdenken muss, wie wir in unseren Beziehungen mit China umgehen und das auch als Land Schleswig-Holstein. Dabei ist auf der einen Seite ebenso wenig zielführend, dass wir zulassen, dass Beteiligungen zum Beispiel am Hamburger Hafen stattfinden, wie die Tatsache, dass zwei grüne Bundesminister, ein Bundeswirtschaftsminister und eine Bundesaußenministerin, sich quasi in Papieren überbieten, die den Anschein haben, als sollten wir die Handelsbeziehungen zu China komplett kappen oder jedenfalls sanktionieren. Beides halte ich für grundfalsch.

Aber es muss darum gehen, dass wir in unseren Beziehungen zu China einfach auch der Frage mal nachgehen, ob es eigentlich richtig ist, dass wir als Staat deutsche Unternehmen politisch flankierend begleiten, wenn sie in China Geschäfte machen oder auf unserer Seite chinesische Unternehmen bei uns Geschäfte machen. Meine Antwort ist und bleibt klar: Ja, das ist und bleibt richtig, weil es heute keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass Wandel durch Handel nicht positive Erfolge haben können. Die Tatsache, dass es Gegenbeispiele gibt, wie etwa in der Russlandpolitik, die dagegensprechen mögen, ist aber kein Beweis dafür, dass Abschottung gegenüber solchen Regimen in irgendeiner Form etwas Positives bewirkt. Im Übrigen ist eine Abschottung gegenüber chinesischen Wirtschaftsbeziehungen für die Bundesrepublik Deutschland inzwischen auch nahezu unmöglich. Und es macht auch gar keinen Sinn, deshalb finde ich es richtig, dass die WTSH auch weiterhin in Hangzhou deutsche Unternehmen begleitet. Ich finde es richtig, dass staatliche Unternehmen, auch staatliche Unternehmen aus China, in Deutschland investieren. Bei dem berühmten Lokomotivhersteller Vossloh wären viele hundert Arbeitsplätze weggefallen, wenn die Chinesen nicht eingestiegen wären. Und deshalb ist das eine durchaus positive wirtschaftliche Entwicklung.

Es muss uns aber darum gehen, Abhängigkeiten zu reduzieren. Und Abhängigkeiten bestehen insbesondere dann, wenn wir solche Beteiligung an kritischer Infrastruktur in Deutschland zulassen. Und Herr Ministerpräsident, das gilt auch für Minderheitsbeteiligungen im Hamburger Hafen. Denn allein die Tatsache, wie diese Diskussion geführt worden ist, dass ein staatliches chinesisches Unternehmen sagen kann: ‚Wir wissen nicht, ob ihr in diesem Hafen ein präferierter Partner seid, wenn wir nicht eine Beteiligung an der Betreiberfirma bekommen, schließlich haben wir sie auch in Antwerpen und in Rotterdam.‘ Das ist doch in Wahrheit schon nichts anderes, als ein erster Schritt zur Erpressung. Und wir dürfen uns bei solchen Infrastrukturthemen nicht erpressen lassen.

Auf der anderen Seite, das will ich auch mal kritisch in Richtung des CDU-Antrags sagen, der ja an dieser Stelle dann tatsächlich den Ministerpräsidenten auch ein bisschen wieder einsammelt, denn auch Beteiligungen unter 25 Prozent sollen zukünftig kritisch begleitet werden können, das ist eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, die diese Landesregierung dann im Bundesrat hoffentlich auch positiv unterstützt. Aber Abhängigkeiten gilt es dann auch in anderer Weise zu verhindern. Heute schon bestehen nicht unerhebliche Abhängigkeiten bei Rohstoffimporten aus China, und zwar in bestimmten Branchen, die man nicht unbedingt direkt auf dem Zettel hat. 65 Prozent der Rohstoffe für Elektromotoren und 53 Prozent der Rohstoffe für Photovoltaiktechnologien stammen aus China. Das allerdings muss dazu führen, dass wir mit Anreizmaßnahmen dafür sorgen, dass sich solche Industrien und solche Wirtschaftsthemen in Europa auch selbst bilden können. Das ist die Herausforderung. Keine Lösung ist aus meiner Sicht, dass wir den Unternehmern sagen, welche Risiken sie haben oder welche sie vermeiden sollten. Und ich bin überrascht, dass Robert Habeck Unternehmen sagt, Klumpenrisiken gilt es zu vermeiden. Wenn ein Unternehmen ein solches Klumpenrisiko eingeht, dann ist es das eigene unternehmerische Risiko. Das gilt für VW übrigens auch, wenn es über 50 Prozent seiner Absätze in China realisiert. Es geht nicht um betreutes Unternehmertum. Es geht um eine Nachjustierung der Beziehungen zu China."

 

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Es gilt das gesprochene Wort