Bernd Buchholz zu TOP 5 "Änderung des Integrations- und Teilhabegesetzes für Schleswig-Holstein"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 5 (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Integrations- und Teilhabegesetzes für Schleswig-Holstein) erklärt der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Das Integrations- und Teilhabegesetz ist im Sommer des Jahres 2021 beschlossen worden und damals hat mein Kollege Rossa hier auch gesagt, dass er es gerne an einigen Stellen etwas Konkreter gehabt hätte. Jetzt kommt der Kollege Harms mit seinem Gesetzentwurf um die Ecke, in dem all das drinsteht, dass er damals auch schon beantragt hat. Und ich reibe mir verwundert die Augen, weil die Vertreterin der CDU-Fraktion plötzlich sagte, dass das alles spannende Vorschläge seien, obwohl genau an dieser Stelle bei den Beratungen in der letzten Legislaturperiode immer die CDU an diesen Stellen gesagt hat: Kommt überhaupt nicht infrage, ist alles finanzintensiv, können wir nicht machen. Übrigens waren das nicht nur Argumente der CDU, sondern auch von Ihrer Finanzministerin ist hin und wieder mal gesagt worden, dass das alles finanzwirksame Dinge seien, die beobachtet werden müssten.

Denn in Wahrheit hat natürlich die Kollegin Midyatli total recht: An ganz vielen Stellen ist dieses Gesetz deklaratorische und hat ganz viel mit Symbolen zu tun. Manchmal allerdings sind Symbole auch wichtig. Und Integration und Teilhabe und der Wille zur Integration und Teilhabe hat schon auch unter symbolischen Gesichtspunkten finde ich einen Wert. Dass wir das tatsächlich auch in so ein Gesetz gegossen haben, finde ich nicht falsch. Es stehen im Übrigen einige Dinge darin, die in der Tat der Umsetzung harren, weshalb ich es ein bisschen früh finde, mit diesem Gesetzentwurf nun noch zusätzliche Dinge draufzusatteln. Weil in der Tat, ich hätte gerne gesehen, wie der Zugang zu Sprachförderung, zu frühkindlicher Bildung, zu Schule und in allen anderen Bereich zur Ausbildung gewährleistet ist. Ist er hundertprozentig für alle Menschen mit Migrationshintergrund gewährleistet? Haben wir die interkulturelle Öffnung ohne Zugangsbarrieren und abgrenzende Mechanismen geschafft? Bei all diesen Themen bis hin zur Einrichtung des Beirats, der bis jetzt noch nicht mal etabliert wurde, muss ich sagen, ich warte ganz gerne einmal ab, bis man tatsächlich sehen kann, was aus dem Gesetz rauskommt, bevor man es anfasst und überarbeitet. Zumal es sich bei den Aussagen an ganz vielen Stellen um wirklich sehr symbolische Formulierungen handelt, die wenig inhaltsschwer sind.

Für einige Punkte, die inhaltsschwer sind, habe ich Sympathien und darüber können wir gerne im Ausschuss reden, wenn es zum Beispiel um den Zugang zum Gesundheitssystem geht. Aber dann muss man da bitte auch ein Preisschild dran machen und sagen, was das kostet. Und wenn einem das dann wert ist, dann können wir das gerne machen. Ich habe große Sympathien für den Passus, die Möglichkeit zu schaffen, bis zum 27. Lebensjahr die berufsbildenden Schulen besuchen zu können. Weil das gut wäre für diejenigen, die hier als Migranten herkommen. Das sind die zwei, drei konkreten Punkte. Vor allem aber enthält der Gesetzentwurf etwas, was mir so gar nicht gefällt: Das sind die Stellen, an denen ignoriert wird, dass Integration nicht auch eine Aktivität desjenigen sein muss, der sich integrieren will. In Paragraf 4 bei der Sprachförderung gibt es den Satz, den ich gut finde: ‚Zugleich ist das eigene Engagement der Menschen mit Migrationshintergrund im Sparspracherwerb unerlässlich.‘ Warum sollte man den Satz streichen? Die Diskussion um den Paragrafen 7 dieses Gesetzes, um die Frage, ob es bei der Integration nicht auch darum geht, dass Menschen, die zu uns kommen und sich integrieren wollen, unsere Werte achten müssen, diese Diskussion, finde ich, sollte nicht noch mal geführt werden. Denn Integration bedeutet definitionsgemäß die ‚Einbeziehung oder Eingliederung in ein größeres Ganzes‘. Es reicht nicht, einfach nur zu sagen, es komme nur darauf an, dass die Leute von unserem Grundgesetz mal gehört haben. Das reicht nicht. Es reicht nicht, dass man nur die Werte des Landes kennt, in das man kommt. Integration in ein größeres Ganzes bedeutet auch, die Werte des Landes zu achten, in das man kommt. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen.

Und wenn der Kollege Harms jetzt sagt, dass vieles nur deklaratorisch wäre, muss man im Übrigen mal genau hingucken: Wenn der SSW in Paragraf 3 Abs. 1 in den Satz ‚Ziel dieses Gesetzes ist es, die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, insbesondere in der lokalen Gemeinschaft, zu ermöglichen, zu fördern und zu gestalten‘ jetzt ‚in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens unter Wahrung ihrer Selbstbestimmung‘ ergänzen will, da muss man sich fragen: Ja was denn sonst? Das steht doch so auch in Artikel 1 des Grundgesetzes: ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar.‘ Das ist doch genauso deklaratorisch. Und das ist ja auch nicht schlecht, man kann den Halbsatz ja auch gerne mit hineinschreiben. Man muss nur feststellen, dass der Gesetzentwurf vieles enthält, das rein deklaratorisch ist. Aber es gibt auch einiges, das im Kern gut ist und darüber sollte im Ausschuss weiter gesprochen werden. Und es gibt eine Grundsatzdiskussion, die sollte in diesem Hause noch einmal geführt werden, auch mit den Sachverständigen von draußen: Ist Integration tatsächlich nur etwas, was der Staat den zu integrierenden Menschen gewährleisten muss? Oder bedarf es nicht auch eines aktiven Einbringens desjenigen, der mit Migrationshintergrund zu uns kommt? Ich sage, Letzteres ist richtig. Deshalb sollten die bestehenden Vorschriften auch so bleiben."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort