Bernd Buchholz zu TOP 8+39 "Änderung des E-Government-Gesetzes"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 8+39 (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des E-Government-Gesetzes sowie Bericht zur Task Force Digitalisierung) erklärt der digitalisierungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Man kann nur boostern, was man schon gezündet hat, aber an einer Stelle bin ich doch ein Stückchen weg von der Fundamentalopposition. Ich glaube, es eint uns alle, dass wir die Beschleunigung bei der Digitalisierung tatsächlich wollen. Und diese Beschleunigung zu wollen, heißt dann natürlich auch, Digitalisierungshemmnisse zu identifizieren. Ich erwarte jetzt nur vom Digitalisierungsminister, dass er uns im Wirtschafts- und Digitalisierungsausschuss die Liste mit diesen 200 Hemmnissen auch mal zukommen lässt, damit man mal gucken kann, was sind das für Hemmnisse und was kann ganz schnell abgebaut werden und was nicht. Und dann arbeiten wir daran. 

Ich muss ehrlicherweise sagen: Klar ist es ein Desaster, wenn wir alle sehen müssen, dass Ende 2022 das OZG nicht umgesetzt wird. Da ist der Kollege Minister auch ziemlich ehrlich gewesen im Wirtschaftsausschuss in seinem Bedauern, auch was alle anderen Bundesländer angeht, da ist Schleswig-Holstein nämlich nicht ganz alleine. Und wenn ich gestatten darf, ich muss ja auch mal was Lobendes sagen, bevor ich zur Fundamentalkritik übergehe: Im Verhältnis zum Digitalisierungsminister der letzten Legislaturperiode entwickelt dieser Digitalisierungsminister eine gewisse Grundgeschwindigkeit. Es tut sich jedenfalls mehr, als ich in der letzten Legislaturperiode bei dem Thema wirklich richtig sehen konnte. 

Wofür ich überhaupt kein Verständnis habe, ist, dass hier mit einem E-Government-Gesetz getarnt etwas stattfinden soll, was schlicht und ergreifend ein Steuervermeidungs- oder Steuerumgehungsgesetz ist. Das ist nämlich der ganze Kern des E-Government-Gesetzes. Es geht darum, die öffentliche Hand von der eigentlich selbst gesetzten Regel, dass sie, wenn sie Dritte beauftragt und das auch am Privatmarkt einkaufen könnte, dann muss sie auch bei öffentlichen Trägern Umsatzsteuer bezahlen. Deshalb ist ein Vorgang, bei dem man jemanden von draußen beauftragt, umsatzsteuerpflichtig, wenn man genauso gut ein privates Unternehmen beauftragen könnte. Deshalb ist die Dienstleistung, die bei DataPort eingekauft wird, zukünftig umsatzsteuerpflichtig, es sei denn, man schafft einen Umgehungstatbestand. Und genau das macht das E-Government-Gesetz. Man schafft nämlich einen Umgehungstatbestand, indem man die Verpflichtung reinschreibt, dass diese öffentliche Anstalt beauftragt werden muss, weil dann Paragraf 2b des Umsatzsteuergesetzes ausgelöst wird, der da in Absatz 3 lautet: 'Sofern eine Leistung an eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts ausgeführt wird, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere nicht vor, wenn die Leistung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden dürfen.' Genau darum geht es. Es geht darum, mit dem E-Government-Gesetz ein Steuerschlupfloch zu schaffen, um DataPort-Leistungen steuerfrei einkaufen zu können. Das für sich ist, gelinde gesagt, ein Skandal. Denn wenn der Staat für die öffentliche Hand seine eigenen Gesetze nutzt, um sie dann mit solchen Bestimmungen zu umgehen, dann ist das genau die Wettbewerbsverzerrung, die ja auf europäischer und auf deutscher Ebene genau durch das Recht verhindert werden soll. Das ist der erste Teil des Skandals.

Der zweite Teil des Skandals ist: Was passiert dadurch eigentlich? Man muss sich jetzt eine Begründung einfallen lassen, warum denn die Beauftragung von DataPort zwingend erfolgen muss. Und was da kommt, ist ein Angriff auf so manches intellektuelle Niveau. Denn jetzt steht im Gesetz drin, man müsse einen Träger der öffentlichen Verwaltung beauftragen, weil man ja ansonsten Abhängigkeiten von der Privatwirtschaft hätte. Früher mal stand die CDU für Marktwirtschaft. Dass ein solches Gesetz in einem Land wie Bremen, wo Rot-Grün regiert, beschlossen wird, wundert mich nicht. Was mich wundert, ist, dass in einem CDU-geführten Land Sätze in einer Begründung drinstehen, die wie folgt lauten: 'Auch wenn die öffentliche Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein im Hinblick auf ihre Informations- und Kommunikationstechnik nicht vollständig auf die Einbeziehung von privatrechtlichen Unternehmen wird verzichten können.' Herr Schrödter, haben Sie sich das auf der Zunge zergehen lassen? Haben Sie sich das auch für das Energiesystem der Bundesrepublik Deutschland überlegt oder für die Telekommunikationsunternehmen in Deutschland? Das geht alles nicht mit Privaten? Das muss alles die öffentliche Hand machen? Was für ein hanebüchener Unsinn! Und vor allem, was für eine intellektuelle Kränkung ist das für die Privatwirtschaft in diesem Land! Mit Verlaub, das werden wir in diesem Land nicht durchgehen lassen. 

Der Kollege Digitalisierungsminister war schon in der letzten Legislaturperiode mit diesen Bestrebungen unterwegs, da ist er aber am liberalen Wirtschaftsminister gescheitert. Jetzt hat er offenbar keine Gegenwehr mehr durch das Wirtschaftsministerium und das werden wir zu besprechen haben. Wenn die zwingende Monopolstellung eines öffentlichen Trägers im Verhältnis zur privatrechtlichen Digitalwirtschaft eine Wettbewerbsverzerrung der besonderen Art ist, die letztlich unsere Leistungen im Digitalbereich sogar verteuern wird, was man ja schon heute erkennen kann, denn DataPort-Leistungen sind mitnichten günstiger als Leistungen, die die Privatwirtschaft anbietet. Wenn wir DataPort jetzt zwingend beauftragen müssen, führt das schlicht und ergreifend dazu, dass diese Großunternehmung DataPort, die ja, wie wir vom Minister gehört haben, mit 700 Millionen Euro Umsatz, von dem sie freundlicherweise sogar 40 Millionen an die Privatwirtschaft gegeben hat, teurer wird. Es ist doch ein Unding, dass Marktwirtschaft von der Landesregierung jetzt als Staatswirtschaft definiert wird.

Die Anhörung wird vieles davon auf den Tisch legen. Ich bin gespannt darauf, denn dieses Gesetz ist ein Angriff auf die digitale mittelständische Wirtschaft des Landes Schleswig-Holstein und darüber hinaus. Das sehen übrigens die Vorstandsvorsitzenden vieler Unternehmen in der Digitalwirtschaft ganz genauso. Ich habe mit mehreren Unternehmen telefoniert, um zu fragen: 'Regt euch das nicht auf?' Sehr wohl ist das ein Riesenaufreger im Land. Und das werden wir dann bei der Anhörung auch erleben. 

Hinzu kommt noch eins, Kollege Schrödter: Dass DataPort mit dieser Monopolstellung jetzt auch noch in die Lage versetzt wird, sich weiter aufzupusten, führt in der Landesverwaltung zu ganz besonders tollen Sachen. Denn DataPort ist ja nicht an Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden. Und das führt dazu, dass bei der Polizei in diesem Land, Frau Innenministerin, aktiv die IT-Experten, die für das Aufbauen der Cyberhundertschaft eigentlich gebraucht würden, dass die aktiv von DataPort abgeworben werden. Weil DataPort besser bezahlen kann. DataPort geriert sich wie eine Krake in diesem Land und deshalb werden wir dieses Gesetz ablehnen. Ich freue mich auf die Beratungen im Wirtschaftsausschuss dazu, denn sie werden zeigen, dass dies hier mit Marktwirtschaft nichts, aber auch gar nichts zu tun hat."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort