Wirtschaft/Infrastruktur

Christopher Vogt: Das Thema Breitbandausbau muss endlich zur Chefsache werden

„Die Tatsache, dass die Große Anfrage der CDU-Fraktion bzw. die Antwort der Landesregierung sage und schreibe viermal vertagt wurde, bis es jetzt zur Aussprache im Plenum kommen konnte, sagt leider viel darüber aus, welchen Stellenwert das Thema Digitalisierung in Schleswig-Holstein hat.

 

Die Digitalisierung unserer Gesellschaft und insbesondere unserer Wirtschaft ist bereits in vollem Gange: Das Leben der Menschen wird sich dadurch in den nächsten Jahren so stark verändern wie wohl durch keine andere technologische Entwicklung zuvor.

 

Gerade eben wurde schon über die Digitalisierung des Bildungswesens debattiert, aber auch fast alle anderen Lebensbereiche wie z.B. das Wohnen, die Mobilität, die Medizin oder die Medien werden sich verändern und ich glaube, dass dies unterm Strich eine gute Entwicklung für die Menschen sein wird.

 

Dies wird zu vielen Herausforderungen, aber auch zu vielen Chancen und Entlastungen führen.

 

Umso fataler ist es, dass die Landesregierung hier wie auch bei anderen elementar wichtigen Zukunftsfragen ziemlich planlos agiert. Dass die Landesregierung im Jahr 2016 noch immer keine Digitale Agenda vorweisen kann, ist wirklich mehr als peinlich.

 

Wir haben es also nach wie vor mit einer analogen Landesregierung zu tun. Die Bundesregierung ist da leider auch nicht viel besser: Zwar gibt es seit 2013 ein Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Entscheidende Fortschritte im Bereich der Digitalisierung sind unter Minister Dobrindt bisher aber leider nicht zu erkennen.

 

Ich freue mich darüber, dass wir nun immerhin über die Große Anfrage der CDU-Fraktion debattieren können und möchte mich aus Zeitgründen an dieser Stelle vorrangig auf die benötigte Infrastruktur, also den Breitbandausbau, beschränken. Dieser wird in Deutschland ja privatwirtschaftlich organisiert.

 

Deshalb gebe ich der Landesregierung an einem Punkt Recht: Planwirtschaftliche Ausbauziele zu nennen, ist da nicht besonders sinnvoll. Das Land muss in erster Linie in Zusammenarbeit mit den anderen staatlichen Ebenen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass der Glasfaserausbau und der Ausbau des mobilen Netzes schnellstmöglich voranschreiten.

 

Wir können froh sein, dass es beim Glasfaserausbau so viele kommunale Akteure – vor allem Stadtwerke – gibt, die dies engagiert tun. Diese sollte das Land bei den hohen Investitionskosten unterstützen und sich endlich engagierter um die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren kümmern, die den Ausbau verzögern.

 

Wirtschaftsminister Meyer wird in einem Beitrag in der Imagebroschüre der Landesregierung ‚Wirtschaftsland 2016‘  mit dem Titel ‚Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Industriestandort‘ mit folgendem Satz zitiert:

 

‚Eine zuverlässige, auch für noch größere Datenmengen der Zukunft geeignete Breitbandversorgung ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft von größter Bedeutung.‘

 

Diese Auffassung teile ich ausdrücklich – doch der Lobgesang, den die Landesregierung auch in diesem Bereich ohne Scham auf sich selbst anstimmt, ist meines Erachtens nicht angebracht.

 

Schauen wir auf die Ergebnisse der Unternehmensbefragung der IHK Schleswig-Holstein mit dem Titel ‚Die Standortzufriedenheit in Schleswig-Holstein‘ aus dem Februar 2015.

 

Das Ergebnis ist eindeutig. Dort heißt es:

 

‚Die Versorgung mit Breitband-Internet wird von über 91,4 Prozent der Befragten als wichtig oder sehr wichtig angesehen – damit bleibt die Breitband-Anbindung auch weiterhin der wichtigste Infrastrukturfaktor.‘

 

Es tut mir leid, dass ich nun die gute rot-grün-blaue Stimmung trüben muss, aber auf der nächsten Seite folgen dann die Zahlen zur Zufriedenheit mit der Breitband-Infrastruktur:

 

‚Während 2011 noch alle Standortfaktoren eine Zufriedenheit von mindestens 50 Prozent verzeichnen konnten, sind aktuell nur 43,3 Prozent der Befragten mit der Internetanbindung zufrieden. 26,1 Prozent sind mit der Bereitstellung des schnellen Datentransfers unzufrieden.‘

 

Und ich möchte dann auch noch eine Studie der IHK Kiel mit dem Titel ‚Der Industriestandort Kiel‘ – also immerhin unsere Landeshauptstadt – hinzuziehen.

 

Dort heißt es auf Seite 17 unter der Rubrik Prioritäre Handlungsfelder ‚Breitband-Internetanbindung‘:

 

‚Leistungsfähige Breitbandanschlüsse sind Grundvoraussetzung für zahlreiche Anwendungen der Informations- und Kommunikationstechnologien und Basis einer Vielzahl von Geschäftsmodellen.‘

 

Und weiter: ‚(Es) bleibt festzuhalten, dass die derzeitige Kieler Breitbandinfrastruktur bei weitem nicht ausreicht, um die Zukunftsfähigkeit des Standortes für die Industrie – wie auch für andere Branchen – sicher zu stellen.‘

 

Dies zeigt, wie die Wirtschaft in unserem Land die Bemühungen der Landesregierung beim Breitbandausbau bewertet.

 

Die Landesregierung und das neu geschaffene Referat im Wirtschaftsministerium für Industriepolitik sollte sich also insbesondere der Sorgen und Nöte der Unternehmen beim Breitbandausbau annehmen. Offenkundig sind die Unternehmen weniger zufrieden, als es die Landesregierung wahrhaben möchte.

 

Die Zukunftsfähigkeit des Standortes Schleswig-Holstein ist davon abhängig, dass die Landesregierung das Thema Breitbandausbau endlich zur Chefsache erklärt – das betrifft in erster Linie die Wirtschaft, aber eben nicht nur.

 

Das erwarten wir von der Landesregierung. Alles Weitere diskutieren wir dann im Ausschuss miteinander.“