Christopher Vogt zu TOP 12 „Gesetz zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften“

Fraktionsvorsitzender Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 12 (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Wenn Liberale, Konservative und Grüne sich gemeinsam auf den Weg machen, um eine Polizeirechtsreform anzustoßen, darf man mit Recht gespannt sein, was dabei herauskommt. Übrigens nicht nur als Beobachter, sondern auch als Beteiligter. Es war ja nie ein Geheimnis, dass die Ansichten der drei Koalitionspartner da ziemlich unterschiedlich gelagert sind. Für meine Partei gilt bei der Inneren Sicherheit seit jeher das Credo: Freiheit braucht auch Sicherheit, aber nicht in der fortwährenden Verschärfung von Gesetzen liegt der entscheidende Schlüssel zu mehr Sicherheit, sondern in der effektiven Durchsetzung des geltenden Rechts. Dieser Prämisse folgend hat sich die Jamaika-Koalition in der ersten Hälfte dieser Wahlperiode zunächst umfangreich um die Polizei selbst und nicht sofort um das Polizeirecht gekümmert. Die drei wichtigsten Punkte dabei waren:

  • Die Schaffung von mehr Stellen für die Polizei und die Besetzung mit geeigneten Persönlichkeiten,
  • eine bessere Ausstattung für unsere Polizei und
  • das Verbleiben der Polizei mit Stationen im ländlichen Raum.

Es ist eben mehr als nur ein Signal, wenn der ‚Sheriff‘ vor Ort weiterhin bekannt ist und sich dort auskennt, und wenn der Rechtsstaat sich ausdrücklich nicht aus der Fläche zurückzieht, auch wenn die Hotspots der Kriminalitätsstatistik in der Regel woanders liegen. Zudem hat die Landespolizei viele Großeinsätze zu bewältigen, wofür man ebenfalls mehr Personal und eine bessere Ausrüstung benötigt. Dies war deshalb der richtige Weg!

Es gibt ja viele Ideen, wie man unsere Sicherheitsgesetze immer weiter verschärfen könnte. Uns geht es aber nicht um die Überwachung unbescholtener Bürger – wir wollen eine effektive Bekämpfung der Kriminalität. Übertriebene Polizeigesetze wie z.B. in Bayern oder in Niedersachsen waren und sind für uns nicht vorstellbar. Wir haben uns strikt daran orientiert, was unsere Polizei tatsächlich braucht, um ihren Auftrag optimal erledigen zu können, ohne dabei die Bürgerrechte zu schleifen.

Wir haben großes Vertrauen in unsere Polizeibeamtinnen und -beamten, aber deshalb müssen wir ihnen nicht alle denkbaren Instrumente an die Hand geben, die sie in Wirklichkeit gar nicht brauchen. Unsere Polizei ist gut ausgebildet und organisiert, aber sie kann natürlich immer noch besser werden. Es gibt auch neue Herausforderungen für unsere Polizei, wie z.B. neue Formen des Terrorismus, die zunehmende Cyberkriminalität oder leider auch eine zum Teil erschütternde Gewalttätigkeit gegen unsere Beamten, auf die wir mit geeigneten Maßnahmen reagieren müssen, da uns nicht nur unser Rechts-staat, sondern auch der Schutz seiner Repräsentanten sehr wichtig ist. All dies ist uns mit diesem Entwurf – bei aller Bescheidenheit – auch sehr gut gelungen.

Zu nennen ist da etwa die neue Rechtsgrundlage zur Aufzeichnung von Notrufen. Menschen, die sich an die Notrufzentrale bzw. an die Polizei wenden, sind oft mit Ausnahmesituationen konfrontiert. Ihre Anrufe sind daher nicht selten missverständlich oder eben schwer zu verstehen. Diese Anrufe noch einmal nachhören zu können, ist schlichtweg vernünftig und die Rechts-grundlage dafür fehlte leider bislang. Dies wollen wir nun korrigieren. Zu den sinnvollen Neuerungen gehört auch die Einführung von sogenannten ‚präventiven Blutproben‘. Dahinter steckt das Szenario, dass eine Person, zumeist eine Polizistin oder ein Polizist, angegriffen wurde und befürchten muss, sich dabei mit einer Krankheit angesteckt zu haben – etwa durch einen Biss oder durch Spucken. Das sind leider Szenarien, die für viele Polizeibeamte auch in Schleswig-Holstein traurige Realität sind. Durch eine Untersuchung bei den Tätern können Risiken ausgeschlossen oder identifiziert werden. So wird eine schnelle medizinische Reaktion beim Angegriffenen ermöglicht und dieser nicht unnötig in quälender Ungewissheit gelassen. Wer für unsere Gesellschaft den Kopf hinhält, muss von uns unter-stützt werden.

Dann gibt es Maßnahmen, die sich die eine oder der andere gewünscht haben mag, aber von deren Notwendigkeit wir einfach nicht überzeugt sind. Hierzu gehören vor allem die Online-Durchsuchung und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ). Beides sind Maßnahmen, bei denen Endgeräte mit staatlicher Schadsoftware infiltriert und ausgespäht werden. Beide Instrumente halten wir für den Bereich der Gefahren-abwehr für nicht erforderlich und lehnen sie daher ab. Gleiches gilt auch für den Zugriff auf Vorratsdaten. Hier wirkt der Entwurf sogar rechtsbereinigend, indem die Verweisung auf eine vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärte Norm gestrichen wird.

Zudem gibt es die Maßnahmen, über die die Meinungsbildung – auch innerhalb der Polizei – noch nicht abgeschlossen ist. Hierzu zählt der sogenannte ‚Taser‘. Ich denke, die Ermöglichung eines Modellversuchs ist sinnvoll und zwar mit der uns eigenen norddeutschen Besonnenheit und Zurückhaltung. Deshalb wollen wir diese Rechtsgrundlage mit einer Evaluierungs- und Verfallklausel versehen. Bei den sogenannten Bodycams konnte ich mir bei einem Besuch des Zweiten Polizeireviers in Lübeck persönlich ein Bild davon machen, dass diese in bestimmten Situationen zur Deeskalation beitragen können und vor allem die Beamten und andere Beteiligte schützen können. Ihr Einsatz muss aber klaren und sinnvollen Regeln unter-liegen. Dann macht dieses Instrument absolut Sinn. Ich bin aber strikt da-gegen, dass wie in anderen Ländern quasi permanent eine Kamera läuft. Dies würde die Distanz zwischen Polizei und Bürgern unnötig vergrößern.

Wir wollen ein Gesetz mit Maß und Mitte. Dieser Entwurf ist dafür eine sehr gute Diskussionsgrundlage. Er trägt eine klare liberale Handschrift. Ich danke den Fachleuten von CDU, Grünen und meiner Fraktion sowie dem Innenministerium und dort insbesondere Staatssekretär Geerdts für die bisherige Arbeit und ich hoffe auf eine ergiebige Ausschussberatung.“