Christopher Vogt zu TOP 17 u.a. "Bericht zur Ministerpräsidentenkonferenz"

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 17+22+36+45A (Anträge zu Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft sichern und ein Pakt mit dem Handwerk für niedrigschwellige Energiesparmaßnahmen sowie KiTa-Gebühren jetzt senken! und Bericht zur Ministerpräsidentenkonferenz am 28. September 2022) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

"Ich danke dem Ministerpräsidenten für seinen Bericht von der MPK, bei der die Länder gemeinsam ihre Forderungen an den Bund formuliert haben. Wir haben gern zugestimmt, dass wir diesen Bericht heute gemeinsam mit unseren Anträgen beraten, mit denen wir ganz konkret vorschlagen, was das Land jetzt tun sollte. Denn die Lage ist sehr ernst und Bund und Länder haben die gemeinsame Verantwortung, unser Land durch diese schwere Krise zu steuern.

Unsere Gesellschaft ist durch den Krieg in Europa so sehr herausgefordert wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und es ist nicht weniger als eine echte Bewährungsprobe für unsere Gesellschaft – und das meint ausdrücklich auch für unser Wirtschaftsmodell, das unseren Wohlstand bisher garantiert hat und für unsere Demokratie, wie wir sie kennen und bewahren wollen.

Es beunruhigt uns als Opposition schon ein bisschen, dass Schwarz-Grün in den ersten 100 Tagen im Amt eigentlich nur durch die Aufteilung der Macht im Land und durch die gemeinsame Kritik an der Bundesregierung geeint wird. Und bei Letzterem bröckelte die Front gestern schon erheblich, wenn ich mich an die Auseinandersetzung zwischen den Kollegen Koch und Petersdotter gestern erinnere. Forderungen an andere stellen können Sie ja wirklich gut, aber mit eigenen nennenswerten Beiträgen zur Entlastung von Bürgern und Unternehmen halten Sie sich bisher sehr vornehm zurück. Ihre Performance ist bestenfalls mangelhaft.

Viele Forderungen der Länder können wir nachvollziehen oder sogar teilen: Die Krankenhäuser sind belastet, die Reform der Krankenhausfinanzierung ist überfällig. Über das Thema ÖPNV, hohe Energiekosten, Infrastruktur, Betrieb und Ticket haben wir bereits gestern debattiert. Zu den Wirtschaftshilfen komme ich gleich noch, denn natürlich müssen die Stadtwerke geschützt werden, sie dürfen nicht in die Insolvenz schlittern, aber auch bei diesen Themen ist nicht nur der Bund gefordert, sondern auch die Länder. Und was Sie hier zeigen, Herr Ministerpräsident, ist lediglich Gratis-Mut.

Das Wichtigste ist jetzt natürlich für alle eine sichere und bezahlbare Energieversorgung: Russland wird als Lieferant wohl mindestens die nächsten Jahre ausfallen. Wir brauchen mehr neue Lieferanten und sollten auch eigene Möglichkeiten nutzen. Für parteipolitisches Klein-Klein und entsprechende Befindlichkeiten ist da derzeit einfach kein Platz, dazu ist die Krise viel zu ernst! Wir müssen verhindern, dass unsere wirtschaftliche Substanz verloren geht und viele Menschen ihre wirtschaftliche Existenz verlieren, obwohl sie in einem eigentlich gesunden Unternehmen arbeiten.

Beim Thema LNG besteht zum Glück mittlerweile Konsens. Die Kohlekraftwerke müssen verstärkt ans Netz. Und auch beim Thema Kernkraft, Herr Ministerpräsident, ist sich Schwarz-Grün nicht einig. Sie, Frau Prien und Herr Madsen sprechen sich für das Weiterlaufen der Kernkraftwerke aus. Herr Sager und ihr Wirtschaftsrat sagen, dass auch die drei vom Netz gegangene Kernkraftwerke wieder in Betrieb genommen werden müssen. Die Union muss sich mit ihrem Koalitionspartner auch intern nochmal auseinandersetzen.

Neben der Strompreisbremse brauchen wir auch eine Gaspreisbremse. ‚Zufallsgewinne‘ müssen genutzt werden. Das Strommarktdesign muss sinnvoller gestaltet werden und die Gasumlage muss gestoppt werden. Weitere Senkungen der Steuern auf Energie sind auch sinnvoll. Der ‚Gaspreisdeckel‘ ist eine sehr populäre Forderung, aber niemand, der dies fordert, spricht über die Kosten und will sich daran beteiligen. Denn auch Minister Goldschmidt hat hier gestern noch einmal sehr deutlich gesagt, dass die Gaspreise so oder so erstmal höher bleiben werden als vor dem Krieg. Klar ist, der Gaspreis muss runter.

Wir müssen aber auch die zutiefst unsoziale Inflation bekämpfen und die Solidität unserer Staatsfinanzen nicht aus dem Blick verlieren. Die jungen Menschen werden zunehmend belastet und man fragt sich immer mehr, wer das eigentlich irgendwann alles bezahlen soll. Die Bundesregierung liefert bisher bei den Entlastungen in erheblichem Umfang. Die Landesregierung muss ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Ihre bisherigen Beschlüsse sind zu einem Großteil Luftnummern – wie bei den 500 Millionen Euro Bürgschaften, die Sie gestern beschlossen haben, oder Alibi-Maßnahmen, bei der die aktuelle Krise nur als Vorwand für die Umsetzung ihrer Absprachen genutzt wird – wie bei den 75 Millionen Euro für das Wärmepumpen-Programm. Konkrete Hilfen haben Sie bisher fast gar nicht auf den Weg gebracht. Wir machen deshalb ganz konkrete und zielgerichtete Vorschläge: Wir wollen zum einen alle Eltern bei den Kita-Gebühren entlasten – diese sollten schrittweise immer weiter abgesenkt werden. Und wir wollen zum anderen die bewährten Hilfen des Mittelstandssicherungsfonds wieder auflegen, die sich in der Corona-Krise absolut bewährt haben.

Wir haben zu den Kita-Gebühren ganz bewusst einen sehr moderaten Vorschlag gemacht. Die Senkung der Gebühren um weitere zehn Prozent ist mit Blick auf die Inflation absolut geboten. Es kann auch niemand ernsthaft behaupten, dass dies nicht finanzierbar wäre, denn die Kosten lägen bei maximal 34 Millionen Euro pro Jahr. Wer 75 Millionen Euro für ein Wärmepumpen-Programm oder zehn Millionen Euro für weniger Büros in der Landesverwaltung ausgeben will, hat dafür ausreichend Spielräume. Gerade die zigtausend jungen Familien, für die das Land bei den Kita-Gebühren originär zuständig ist, können dieses Geld jetzt ganz besonders gut gebrauchen. Familien mit Kindern haben bekanntermaßen hohe Kosten, oft kann aber zumindest ein Elternteil nicht voll arbeiten, so dass es am Monatsende oft knapp ist, was jetzt leider bei immer mehr Familien der Fall ist. Ministerin Touré hat jetzt mit einem Vorschlag reagiert. Dieser hilft jedoch nur einem kleinen Teil der jungen Familien und ist auch zeitlich befristet. Es ist auch fraglich, ob diese Maßnahme zum Beispiel in Lübeck, wo es bereits ähnliche Regelungen gibt, überhaupt Wirkung entfalten würde. Und uns stört vor allem der hohe bürokratische Aufwand für Verwaltung und Familien, die eigentlich in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen. Der Alternativantrag der Koalition feiert den Vorschlag der Ministerin natürlich ordentlich ab. Er liest sich mehr wie eine Pressemitteilung des Ministeriums als ein Landtagsantrag. Ich habe in der verschickten Datei dann mal nach dem Verfasser geschaut und siehe da: Da steht doch tatsächlich ‚Touré, Aminata (Sozialministerium)‘. Ich meine es wirklich ernst: Ich fordere die Koalition auf, diesen Weg noch einmal zu überdenken und sich unserem konstruktiven Vorschlag zu nähern. Vielleicht kann man ja auch beides miteinander verbinden.

Ebenso wichtig sind schnelle Hilfen für die kleinen und mittleren Unternehmen: Es tut mir leid, aber ihre 500 Millionen Euro für Bürgschaften überzeugen einfach nicht. Ihr Energiegipfel ist jetzt über drei Wochen her, Herr Ministerpräsident, und Sie haben noch immer kein Programm vorlegen können. Der Auftritt der Landesregierung im Finanzausschuss war erschreckend ahnungslos. Das kann so nicht weitergehen. Und man fragt sich auch: Wo ist eigentlich das Wirtschaftsministerium in dieser Krise? Herr Madsen, nur zu erklären, dass Sie keinen Meter A20 bauen wollen in den nächsten fünf Jahren, reicht nicht als Wirtschaftspolitik für Schleswig-Holstein, Sie müssen jetzt auch mal liefern.  

Es braucht den Einsatz auch von echtem Geld: für die Ausfallrisikovorsorge, für die Kapitalmarktkosten, die den Banken ja entstehen und damit man eine lange Laufzeit hat mit günstigen Konditionen und erst später getilgt werden kann.  

Die Landesregierung braucht schnell einen Plan. Leisten Sie Ihren Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung. Unterstützen Sie das erneute Entlastungspaket der Bundesregierung! Tragen Sie Ihren Teil der Verantwortung und ergänzen Sie die Entlastungen sinnvoll! Man kann nicht im Bund eine sehr expansive Ausgabenpolitik fordern und dann selbst nur tricksen und bremsen. Die jungen Familien warten auf Unterstützung! Lassen Sie diese nicht allein! Und machen Sie dem Mittelstand ein echtes Angebot, um schnell an Liquidität zu kommen, damit an sich gesunde Unternehmen über diesen Winter kommen! Unsere Hand bleibt in der Krise ausgestreckt."

 

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort